StartseiteMagazinKolumnenWehe wenn sie losgelassen!

Wehe wenn sie losgelassen!

Seit sich der Bundesrat in die Sommerpause verabschiedet hat, ist das Chaos rund um die Sicherheitsmassnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus perfekt. Unser Föderalismus entlarvt seine Schwächen auf beängstigende Weise. 

Sind Sie auch verunsichert? Die Zahl der Infizierten steigt in Achterbahnmanier, die Verlautbarungen der Kantone sind oft genug widersprüchlich und das Bundesamt für Gesundheit (BAG)  beschwichtigt mehr, als dass es uns beruhigen könnte. Pascal Strupler als dessen Direktor tritt mitten in der Corona-Epidemie zurück und die Nachfolgerin Anne Lévi übernimmt das Amt erst per 1. Oktober. Bis dann sind die Sommerferien vorbei und das Risiko eingeschleuster Infektionsherde mehr oder weniger dem Zufall überlassen. Sind das zu pessimistische Prognosen? Fakten stützen meine schlimmsten Befürchtungen – leider. 

Daniel Koch, sein Abteilungsleiter, der als besorgter, aber auch väterlicher Vermittler rasch Vertrauen gewann, ist von Bord und sein Nachfolger Stefan Kuster hinterlässt mit etwas holprigen Versäumnis-Bekundungen ein Vakuum, das irritiert. Die Passagierdaten von Ferienrückkehrern hätten noch nicht erfasst werden können. Ob sich Infizierte von sich aus melden, bleibt dem Zufall überlassen. 

Nicht anders sieht es an den Landesgrenzen aus, wo eigentlich jeder selber bestimmen kann, ob er seine Herkunft aus einem Risikogebiet preisgeben will oder nicht. Selbstverantwortung als reines Wunschdenken: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. 

Rund ein Viertel der Corona-Neuinfektionen ist laut BAG aus Ländern wie Serbien oder Kosovo importiert. Aber wer Serbien als Gefahrenherd nennt, muss sich von dessen Botschafter in der Schweiz pikiert sagen lassen, man hätte auch Schweden als Quarantäneland nennen dürfen. Ich nicht, du auch – scheint die Devise. Jung-Serben machten sich in „10vor10“ gar lustig über die Vorschriften: Sie würden einfach über Österreich oder Deutschland einreisen, ihre Herkunft könne ihnen niemand nachweisen. Ein neues Herrenvolk diktiert der Schweiz ihr Verständnis von Solidargemeinschaft. 

Der Tanz auf der Rasierklinge 

Die Öffnung der Clubs ist ein einziges Desaster. Sogar die Party-Inseln Ibiza und Mallorca  haben ihre Tanz-Spots dicht gemacht: „Wir schließen alle Orte, an denen wir glauben, dass es Menschenmassen geben könnte“, sagte die Präsidentin Francina Armengol. Und wir?

Der Zürcher Jade-Club («die Adresse für unvergessliche Partys“) ist der neuste Superspreader-Fall. Die Sorglosigkeit führte zu Ansteckungen und zu Melde-Verzögerungen, weil die Contact-Tracing-Hotline chronisch überlastet ist. Die Anzahl angesteckter Leute ist dort nach wie vor unbekannt.  

Jeder Kanton ergreift in der Hitze des Gefechtes andere Massnahmen, um das Risiko zu minimieren: Die Nordwestschweizer Kantone reduzieren die Gästezahl von 300 auf 100 und auch die Kantone Bern und Zürich verschärfen ihre Regeln. Und alle andern? Die Zusammenarbeit funktioniere gut. Aber die Spürhunde der Contact-Tracer sind bereits am Anschlag und die SwissCovid-App zeigt mit aktuell 1’011’066 aktiven Nutzern eine zu tiefe Zahl, um flächendeckend wirksam zu werden. Die Hoffnung weicht der Ernüchterung.

Die junge Partygänger-Generation war sich zu sicher, nicht zu einer Risikogruppe zu gehören, und muss nun erste Denkzettel in Kauf nehmen. Die Frage ist, ob sich die Schweiz mit ihrer Nachsicht den Ferien-Heimkehrern, den Clubs und Grossveranstaltern und ihrem Kantönligeist gegenüber so verhält, dass die zweite Welle in Grenzen gehalten werden kann. Denn gewiss ist nur eines: Die Wirtschaft und die Sozialwerke verkraften keinen zweiten Lockdown in gleichem Ausmass. 

Bereits haben sich Fussballer in der wieder aufgenommenen Meisterschaft angesteckt, was für besagte Clubs die Quarantäne und vielleicht sogar die Absage der Endrunde bedeutet. Aber statt Abstand zu halten, endete der Torjubel halt bereits wieder mit untersagten Umarmungen. 

Es ist nicht einzusehen, weshalb hierzulande zweierlei Rechte und Pflichten gelten sollen. Demonstrierenden gewährt man absolute Narrenfreiheit, die jüngere Generation setzt man mit völlig naiven Cluböffnungen erhöhter Ansteckungsgefahr aus, während sich alle übrigen Dienstleister peinlich genau an die behördlichen Vorgaben halten. Wer soll damit noch klar kommen? Remedur ist dringend angezeigt.

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1 Kommentar

  1. Einmal mehr möchte ich den Verantwortlichen für die Seniornews für die ineressanten Beiträge danken. Die Lektüre lohnt sich jedes Mal und regt zum Nachdenken an (auch wenn ich nicht jedes Mal mit dem Autor einverstanden). Beste Grüsse! H.U.K.

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