Viele Pensionierte leisten als Freiwillige unentgeltlich Wertvolles. Das ist gut so. Viele arbeiten aber auch gegen Bezahlung. Und das ist ebenfalls gut so. Wir stellen drei Vermittlungs-Portale vor.
An unbezahlter Freiwilligenarbeit für Pensionierte herrscht kein Mangel: Autofahrdienste, Mithilfe in Heimen und Spitälern, Aufgaben bei Pro Senectute oder bei der Kirche: Wer will, kann schon morgen beginnen. Doch längst nicht alle Seniorinnen und Senioren wollen oder können gratis arbeiten. Für sie gibt es in der Schweiz drei Plattformen, bei denen Auftraggeber Arbeitsuchende finden: Rent a Rentner, Rentnerado und seniors@work.
Die drei Vermittlungen funktionieren nach dem gleichen Muster: Arbeitsuchende präsentieren sich und ihre Fähigkeiten. Auftraggeber wählen aus oder platzieren auf dem Portal ihre Anfragen. Die Plattformen verlangen vom Arbeitsuchenden eine E-Mail-Adresse und ein Passwort und gewähren Anonymität. Als Schutz vor unseriösen Angeboten überwachen sie die Einträge und sondern wenn nötig problematische Profile aus. Die drei Vermittlungen sind in der ganzen Deutschschweiz tätig. seniors@work nennt zusätzlich die Regionen Basel, Aargau und Zürich als Schwerpunkte.
Unterschiedlich ist die Ausrichtung der drei Anbieter. Bei Rent a Rentner und Rentnerado finden die Auftraggeber vor allem Leute für Garten- und Hausarbeiten, Handwerkliches, Betreuung, Babysitting, Transporte oder auch mal für Steuererklärungen. Bei seniors@work stehen längerfristige Teilzeitbeschäftigungen oder temporäre Projekte aus dem Bürobereich im Vordergrund.
Den Ausrichtungen entsprechend unterscheiden sich die Empfehlungen, wie sich Arbeitssuchende auf den Plattformen präsentieren sollen. Dem grossen Spektrum von Rent a Rentner folgend rät dieses Portal ein breites Tätigkeitsfeld aufzuführen – selbstverständlich beschränkt auf Dienstleistungen, die man auch beherrscht. Besser beachtet würden Profile mit guten seriösen Bildern.
Weil bei seniors@work spezifischere Tätigkeiten angeboten und gesucht werden, empfiehlt das Portal differenziertere Präsentationen. Am wichtigsten seien relevante Berufserfahrungen, sodass der Auftraggeber ein präzises Bild gewinnt. Zudem seien besondere Fähigkeiten oder Diplome interessant, zum Beispiel spezielle Software-Kenntnisse oder Zertifikate. Als hinderlich bezeichnet seniors@work Informationen, die nichts mit dem Job zu tun haben.
Rent a Rentner, die grösste Plattform
Die älteste und umfangreichste Plattform besteht seit elf Jahren. 6800 suchen bei Rent a Rentner Arbeit. Das Portal bezeichnet sie als Mietrentner. Drei Mitgliedschaften stehen zur Auswahl. Man kann sich kostenlos präsentieren oder hat für monatlich 7 und 18 Franken mehr und bessere Möglichkeiten. Bei allen drei Stufen ist die Bandbreite der gewünschten Stundenlöhne anzugeben. Sie bewegen sich zwischen 20 und 40 Franken. Das Portal ermöglicht Einträge in 12 Branchen, unterteilt in insgesamt 325 Tätigkeiten.
Breites Angebot an bezahlter Arbeit für Pensionierte. Die drei Schweizer Plattformen verbinden Rentnerinnen und Rentner mit Auftraggebern. Fotos: Rent a Rentner
Männer sind mit 60 Prozent in der Überzahl. Gemäss dem Portal haben Rentnerinnen und Rentner am meisten Erfolg, wenn sie sich für Arbeiten im Haus oder Garten anbieten oder sich als Handwerker oder Babysitter zur Verfügung stellen. Wenig gefragt ist Administratives. Nach Angaben des Portals suchen monatlich „Tausende von Auftraggebern“ arbeitswillige Pensionierte.
Das Portal vermittelt unter dem Namen Date a Rentner Bekanntschaften, für „Freundschaft und Liebe“. Die Mitgliedschaft ist gratis. Unter Adopt a Rentner sollen künftig Eltern für ihre Kinder Grossmamas oder Grosspapas auf Zeit suchen können. Das Angebot ist erst im Aufbau.
Rentnerado, vor allem Handwerk und Betreuung
Sowohl für Arbeitssuchende wie auch für Auftraggeber ist Rentnerado kostenlos. Geplant ist, dass künftig Institutionen über einen kostenpflichtigen Dienst nach Seniorinnen und Senioren suchen können. Zurzeit bewerben sich rund 5000 Pensionierte um Aufträge.
Die 2014 gegründete Plattform hat 12 Hauptkategorien, unterteilt in Unterkategorien. Am ehesten Erfolg haben gemäss Rentnerado Arbeitsuchende, die sich für Bau und Handwerk, Beratung, Betreuung, Garten- und Hausarbeiten und Transporte zur Verfügung stellen. Wenig gefragt sind Kunst und Kultur. Grundsätzlich lasse sich in allen Kategorien Rentner oder Rentnerinnen finden, erklären die Betreiber. Doch komme es vor, dass sich in gewissen Regionen Nachfrage und Angebot nicht decken.
Die Frauen sind mit 45 Prozent leicht untervertreten. Die Entschädigungen liegen zwischen 25 und 55 Franken. Den Corona-Einbruch geglättet würden gemäss dem Portal monatlich etwa 250 Auftraggeber nach Pensionierten suchen. Insgesamt sei die Zahl der Kunden um ein vielfaches höher. Die Betreiber betonen, dass sie mit viel Aufwand missbräuchliche Anfragen eliminieren.
seniors@work für Büro und Projektarbeiten
Aktuell ist der Dienst für Arbeitssuchende noch kostenlos. Im Herbst führt das Portal wahrscheinlich ein Premium-Abo ein, das im Jahr 79 Franken kostet. Mit diesem Zusatz kann man sich besser darstellen. Zurzeit suchen über 4000 Auftraggeber und haben rund 1000 Pensionierte ein Profil, ungefähr gleich viele Frauen wie Männer. Ebenfalls noch bis im Herbst ist die Plattform für Arbeitgeber gratis. Nachher müssen sie für ihre Mitgliedschaft bezahlen, der Betrag ist noch offen.
Der Fokus liegt bei seniors@work bei Büro- und Projektarbeit. Anders als bei den beiden Mitbewerbern stehen hier weniger kurzfristige Mini-Jobs im Vordergrund, sondern längerdauernde Teilzeit-Beschäftigungen. Dem Angebot entspricht die Nachfrage: Die Auftraggeber suchen und finden hier Leute für Administration, Finanzen, Mentoring, Beratung, Projektmanagement und Betreuung.
Gemäss Angaben des Portals sind seit der Gründung im Dezember 2018 über 1500 Anfragen von Auftraggebern eingegangen. Die Bezahlung wird ausserhalb der Plattform vereinbart. Deshalb liegen keine Durchschnittswerte vor.
Die Erfahrungen des Autors
Der Verfasser hat vor einigen Jahren während einiger Monate bei Rent a Rentner seine Dienste angeboten: Garten- und Hausarbeiten zum bescheidenen Stundenansatz von 20 bis 25 Franken. Er erhielt gut ein halbes Dutzend Anfragen, die er nur zum Teil übernehmen konnte oder wollte. Am meisten wünschten die Auftraggeber, dass er während ihrer Ferien den Garten wässerte. Die Beziehungen zur Kundschaft waren gut, alle bezahlten pünktlich. In einem Fall arbeitete er für eine sehr betagte Dame mit einem sehr verwilderten Garten. Den Adhoc-Gärtner juckte es in den Fingern, nicht nur den Wasserschlauch, sondern auch die grosse Schere in die Hand zu nehmen. Er widerstand der Versuchung.
Rent a Rentner wird nach meiner Erfahrung ständig missbraucht, unter anderem zu Werbezwecken. Die Plattform wurde in der Vergangenheit gehackt. Meines Wissens musste der Betreiber eine grosse Summe Bitcoin zahlen, damit die Verschlüsselung aufgehoben wurde. Bei mir landen gelegentlich noch «louche» Anfragen. Vielleicht sogar über eine imitierte Plattform. Ich traue Rent a Rentner nicht mehr. Schade.
Interessant. Diese Hackereien sind eine Plage, zum Teil aber finden diese Ganoven offen Türen vor, da mache Webseiten nicht genug in die Sicherheit investiert wurde. Ich selber habe aber ausser den üblichen Anfragen «Doch bitte das Konto anzugeben», wo er oder sie dann «die Millionen überweisen darf». Diesen Quatsch löscht man sofort und das bekommt man durch jeden öffentlichen Account, wo meine sein Mailadresse hinterlegt hat. Schade bei RentaRentner ist, dass er zwar immer einen Relaunch der Webseite ankündigt, aber passieren tut nichts ….
Ich habe via rentarentner seit Jahren immer wieder grössere und kleinere Aufträge für Gartenarbeiten bekommen; auch dieses Jahr bin ich noch in fünf Gärten sporadisch beschäftigt. Ich erhielt zwar auch schon unseriöse Anfragen, doch die braucht man nicht zu beachten.
Die Mitgliedschaft bei Date a Rentner ist zwar kostenlos, doch sie ist nichts wert, denn man kann anderen gar nicht schreiben und nicht mal antworten, wenn einem jemand schreibt. Dann ist man doch gezwungen, eine teure Premium-Mifgliedscaft abzuschliessen. Das ist Bauernfängerei!
Ich bin seit 5 Jahren Mitglied bei Rent a Rentner. Eine Super-Plattform! Ich bekomme wöchentlich zwischen 2 und 4 Anfragen. Zudem gibt es immer wieder interessante Anzeigen auf der Plattform, wo man sich melden kann. Ich bin glücklich! Weil meine Frau vor einem Jahr gestorben ist habe ich mich vor 2 Woche bei Dating a Rentner angemeldet und hatte letzte Woche mein erstes Rende-vu.
Bei der Auftragsannahme sollten Rentner*innen bedenken, dass viele Auftraggeber extra jemand Günstigen suchen. Das ist legitim, aber zum Teil hat man Begegnungen mit sehr komplizierten und praktisch schon betrügerischen Zeitgenossen. So bin ich wieder einmal einem Hausbesitzer im Raum Zürich auf den Leim gegangen. Offenbar konnten die Handwerker nicht sofort beginnen, also schnell jemanden bei RentaRentner aufbieten, der kann ja schon mal anfangen und der ist ja als Do-it-Yourself-Mensch eher billig. Das war dann meine Person. Mir wurde jedoch weisgemacht, ich hätte den ganzen Auftrag. Fakt: Tschüss nach zwei Tagen und der Handwerker war schon am Werk. – Bei solchen «Kunden» verliert man den Glauben an die Menschheit.☹️
22.12.2021: Heute die Mitteilung erhalten, dass die Plattform Rentnerado.ch aufgibt. Weiss jemand mehr?