StartseiteMagazinKolumnenZwei Initiativen, die herausfordern

Zwei Initiativen, die herausfordern

Wir erinnern uns: 8’670 Stimmen gaben am 27. September den Ausschlag. Bundesrätin Viola Amherd kann einen neuen Kampfjet zumindest evaluieren. Niemand schüttelte den Kopf, niemand zweifelte das hauchdünne Resultat an, obwohl die Mehrheit wirklich nur 50,1% betrug, nicht die Gegnerschaft, nicht die Medien, nicht einmal ein verrückter Verschwörungstheoretiker. Und aus der Voto-Analyse, der Nachabstimmungsanalyse, geht etwas hervor, das sonst nie auffällt: Unter den Befragten, die aufgrund von Empfehlungen Ja stimmten, gaben viele an, dass sie dies „aus Sympathie zu Viola Amherd“ taten. Viola Amherd, die alleinige Siegerin oder das Zünglein an der Waage? Wie auch immer. Und: welcher Unterschied zu den amerikanischen Präsidentschafts-Wahlen!

Nicht zu übersehen ist aber auch, dass es vor allem die Jungen, die Frauen und die Gebildeten waren, die für den Beinahe-Absturz der Kampfjet-Vorlage verantwortlich waren. Hoch war mit 60% auch die Stimmbeteiligung. Die ältere Generation war zwar – wie immer – am stärksten daran beteiligt, aber auch bei den 18-bis 29-Jährigen war die Stimmbeteiligung mit über 45%  erstaunlicherweise überdurchschnittlich hoch. Es ging nicht zuletzt auch um unser Verhältnis zur Europäischen Gemeinschaft EU; 62 % wollten die bilateralen Verträge nicht in Gefahr bringen. Im Gegenteil.

Am 29. November sind wir wiederum aufgerufen, Farbe zu bekennen. Es sind schwierige Initiativen. Sowohl die Initiative “Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt“ als auch die Initiative „Für ein Verbot der Finanzierung von Kriegsmaterialproduzenten“, wie sie genau heissen, regeln nicht abschliessend, wie sie auf der Gesetzgebungsebene umgesetzt werden, wie sie der Bundesrat und danach das Parlament ausgestalten sollen, zu deren Gesetzgebung wiederum aus dem Volk, von Parteien oder Interessengruppen das Referendum ergriffen werden kann.

Allein die Titel sind nicht präzise, nicht mediengerecht genug. Im Abstimmungskampf wird von der „Konzernverantwortungs-Initiative KOVI“ und von der „Kriegsgeschäfts-Initiative“ geschrieben, gesprochen und gestritten, obwohl zum Beispiel in der Konzernverantwortungs-Initiative im vorgeschlagenen Verfassungstext nie das Wort „Konzern“ auftaucht, sondern „Unternehmen“.

Bei den beiden Initiativen geht es im Grunde genommen um unser Image in der Welt, um unser ethisches Bewusstsein, um die Frage: Wollen wir vorangehen, wollen wir ein Zeichen setzen gegen Kinderarbeit, Umweltverschmutzung, Ausbeutung mit rechtlichen Folgen? Setzen wir unser ethisches Bewusstsein über wirtschaftliche Interessen? Sollen Gelder der Nationalbank, aus unseren Pensionskassen in Unternehmen gesteckt werden, bei denen die Produktion von Waffen mehr als 5% beträgt?

In diesen Fragen fordert selbst die SVP, dass wir nur international abgesprochen, gar vereinbart, vorangehen sollten, nicht eigenständig, unabhängig, wie sonst bei allen anderen Fragen der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere mit der EU.

Die KOVI-Initiative scheint nach den Umfragen beim Stimmvolk gut anzukommen, insbesondere die Jungen, die Frauen, die Gutgebildeten neigen danach einem Ja zu, wie gehabt am 27. September. Die Kriegsgeschäfts-Initiative hat es schwerer, weil es wohl auch um die Anlagen unserer AHV und um die der Pensionskassen geht. Selbst in diesen Fragen gehen die Tatsachenbehauptungen weit auseinander. Die Initianten der Kriegsgeschäfts-Initiative gehen davon aus, dass Investitionen in nachhaltig ausgerichtete Unternehmen weit ertragsreicher seien als in Firmen, die Kriegsgeräte herstellen. Die Gegner sind fest vom Gegenteil überzeugt.

Letztlich wird es darauf ankommen, wem wir mehr Vertrauen schenken und ob wir unsere ethischen Grundsätze stärker gewichten als wirtschaftliche Risiken, die von den beiden Initiativen ausgehen. Und augenscheinlich agiert in diesem Abstimmungskampf keine Viola Amherd im Sinne des Bundesrates, der die beiden Vorlagen zur Ablehnung empfiehlt, als Zünglein an der Waage. Oder schafft Karin Keller-Sutter das Gleiche?

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1 Kommentar

  1. Zu bedenken ist, dass die Initiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» leider wenig Wirkung haben wird.
    BV-Artikel und Ausführungsgesetz (ist durch das Parlament noch zu erarbeiten) sollen ja als Grundlage für Klagen gegen Unternehmen dienen, die Menschenrechte missachten und die Umwelt schädigen.
    Dick Marty, engagierter Befürworter, sagt in einem Interview mit der SI vom 23.10.20. dass die Gerichte nicht mit Eingaben überschwemmt würden: «weil die Anforderungen für eine zivilrechtliche Verantwortungsklage so hoch sind, dass nur symbolträchtige Fälle eingereicht würden». Das seien lange und teure Prozesse.
    Meine ethischen Grundsätze raten mir zu einem Nein. Ich möchte einem Instrument zustimmen können, das wirksam gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltausbeutung eingesetzt werden kann.
    Bei einem Ja zur UVI können wir uns nicht zurücklehnen. Es ist sehr wenig gewonnen.

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