Rund drei Viertel der Berner Gemeinden verfügen über ein Altersleitbild. Bei der Umsetzung sind jedoch Unterschiede ersichtlich, wie eine Umfrage von ProSenior Bern ergibt. Diese darf mit fast 80 Prozent Rücklauf als repräsentativ angesehen werden.
Die demographische Entwicklung im Kanton Bern mit heute über einem Viertel (27,6%) der ständigen Wohnbevölkerung über 59 Jahren mit zunehmender Tendenz lässt die Alterspolitik und ihre Umsetzung wichtiger denn je erscheinen. Pro Senior Bern* als Scharnier zwischen der älteren Bevölkerung und kommunalen Behörden sowie Fachleuten und Organisationen aus dem Altersbereich verschaffte sich zwischen 31. Januar und 30. April 2021 durch eine elektronische Umfrage eine Übersicht über die aktuelle Organisation der Altersarbeit in den bernischen Einwohnergemeinden. Der Rücklauf von fast 80 Prozent (79,35%) fiel erfreulich hoch aus. Ausgewiesen nach den eingegangenen Antworten für jeden der zehn Verwaltungskreise kann damit eine immer wieder angesprochene Lücke mit aktuellem Datenmaterial geschlossen werden.
Die Hauptaussagen
«Insgesamt lässt sich sagen, dass es in der Alterspolitik und -arbeit im ganzen Kantonsgebiet keine blinden Flecke gibt», fasst Projektleiter Jürg E. Bartlome zusammen. 199 Gemeinden (74%) verfügen über ein Altersleitbild, welches vereinzelt auch Alters- und Generationenleitbild genannt wird. «Hingegen gibt es Unterschiede zwischen den Antworten aus den verschiedenen Verwaltungskreisen.» Dies unter anderem im Bereich der Umsetzungskompetenz und des Budgets. Aus organisatorischen Gründen fällt der Berner Jura mit relativ tiefen Prozentzahlen bei der Beantwortung der gestellten Fragen etwas aus dem Rahmen. Dies erklärt sich aus dem Umstand, dass die Organisation «Jura bernois.Bienne» mit ihrer «Commission politique 3e âge» eine koordinierende Rolle übernommen hat.
Im Normalfall ist mit der Umsetzung der Gemeinderat beauftragt (60%), der in (nur) 16% von einer oder einem Altersbeauftragten unterstützt wird. Zusammen genommen macht dies wiederum rund drei Viertel aus (76%).
- Bei den Altersbeauftragten fallen Biel/Bienne mit 38 Prozent und das Seeland mit 39 Prozent durch eine mehr als doppelt so hohe Zahl wie der kantonale Durchschnitt auf.
- In 6 Gemeinden (2%) arbeitet auch ein Seniorenrat oder -verein mit. Ihre verschwindend kleine Zahl ist der deutliche Ausnahmefall.
Das restliche Viertel (24%) hat andere Lösungen gefunden und beauftragt eine der nachfolgend genannten Instanzen. Nur der Verwaltungskreis Obersimmental-Saanen kennt keine Beauftragung anderer Instanzen. Über dem Durschnitt liegen die Verwaltungskreise Bern-Mittelland (29%), Oberaargau (31%) und Thun (35%).
- In vielen Gemeinden gibt es eine Sozialkommission, die die Geschäfte des Sozialdepartements vorberät. Einzelne Gemeinden kennen auch Fachkommissionen für Seniorenfragen. Je nach Gemeinde ist der strategische Bereich jedoch aus der Kompetenz der Kommissionen ausgeschlossen; die Aufgaben sind in diesem Fall auf die rein operative Umsetzung der Alterspolitik beschränkt.
- Stark verankert sind Zusammenarbeitsformen in der Altersarbeit, insbesondere mit den Kirchen und den Gemeinnützigen Frauenvereinen. Auch schliessen sich benachbarte Gemeinden für die Altersarbeit und insbesondere für Sozialdienstaufgaben gerne zusammen, meist ohne gleich formell eine Region zu bilden.
- In 20 Gemeinden bestehen Kompetenzzentren, in 5 weiteren arbeiten sie mit Seniorenvereinen zusammen. Die insgesamt 25 Kompetenzzentren erleichtern die Zusammenarbeit unter den Akteuren in der Altersarbeit. Meist sind dabei vertreten Delegationen der politischen Behörde, der Altersheime/Spitäler und der Ärzteschaft, der Kirchen, der SPITEX und der Pro Senectute sowie insbesondere auch mehrere Seniorinnen und Senioren.
- Zahlreich ist der Zusammenschluss zu formellen Regionen. Diese nehmen in erster Linie strategische Aufgaben wahr, während die Umsetzung der Altersleitbilder meist bei den angeschlossenen Gemeinden verbleibt. Einzelne Regionen sind aus der Zusammenarbeit mit dem Programm socius der Age-Stiftung entstanden und gestärkt worden. 68 Prozent sind Mitglied einer Regionalkonferenz.
43 Prozent der antwortenden Gemeinden nutzen das Instrument Leistungsvertrag mit den beauftragten Instanzen oder den Regionalkonferenzen.
Wo mit der Umsetzung der Altersarbeit andere Instanzen betraut werden, werden sie meist auch mit Kompetenzen ausgestattet: 83% der beauftragten Instanzen verfügen über Umsetzungskompetenzen bzw. über ein Antragsrecht an den Gemeinderat, 69% gar über ein eigenes Budget.
Hier: Ausführlicher Bericht
*ProSenior Bern (PSB) ist ein gemeinnütziger, parteipolitisch und konfessionell unabhängiger Verein, der von Seniorinnen und Senioren am 27. Juni 2001 gegründet wurde. ProSenior Bern ist eine ehrenamtliche Dienstleistungsorganisation mit einem Leistungsvertrag des Kantons Bern. www.prosenior-bern.ch