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Schweizer Schlösser in der Pandemie

Schweizer Burgen und Schlösser gehören zum kulturellen Erbe unseres Landes. Viele von ihnen sind Museen. Wie hat die Pandemie die Ausstellungsstrategie, das Besuchermanagement verändert? Welchen Einfluss haben das Internet und die Sozialen Medien auf das Schloss-Marketing? Seniorweb sprach – stellvertretend für die Schweizer Schlösser und Burgen – mit Yvonne Wirth (Schloss Thun) und Christina Fankhauser (Schloss Oberhofen).

Seniorweb: Haben Sie 2020 und 2021 wegen der Pandemie einen Besucherrückgang verzeichnet?

Christina Fankhauser: Ja, ein Drittel fehlt, bedingt durch das Ausbleiben der ausländischen Gäste.

Yvonne Wirth: Man könnte sagen: Jein. In den Jahren vor Corona hatten wir rund 40 Prozent Gäste aus der Schweiz, rund 60 Prozent Gäste aus dem Ausland. Das Verhältnis hat sich 2020 komplett gedreht mit 98 Prozent Gästen aus der Schweiz und 2 Prozent Gästen aus dem Ausland, wobei sich in 2021 abgezeichnet hat, dass die ausländischen Gäste langsam zurückkehren und die Schweizer Gäste wieder vermehrt ins Ausland gehen (Verhältnis: CH 80 Prozent / Ausland 20 Prozent). In 2020 hatten wir dazu einen Besucherrückgang von rund 30 Prozent, in 2021 von rund 10 Prozent im Vergleich zu 2019, ein Jahr, welches aber ein sehr starkes Jahr im gesamtschweizerischen Tourismus war.

Yvonne Wirth, Leiterin des Museumsschlosses Thun, im historischen Rittersaal. Foto: Patric Spahni, Thun.

Aus welchen Ländern stammten in den beiden vergangenen Jahren die Besuchenden?

Oberhofen: Coronabedingt fehlten die Gäste aus Asien, den Arabischen Staaten und den USA. Frequenzen der Museumsbesuchenden aus der Schweiz, insbesondere aus der Romandie, konnten einen Zuwachs verzeichnen.

Thun: Wir haben dieselbe Erfahrung gemacht.

Die Leitungspersonen der Thunersee-Schlösser haben sich kürzlich zu einem Strategieworkshop getroffen. Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?

Oberhofen: Durch eine gut strukturierte Zusammenarbeit und eine kluge Kooperation werden wir unsere Betriebe den sich verändernden Umständen zukunftsorientiert anpassen, optimieren und weiterführen können.

Thun: Besonders im Bereich Vermarktung und auch im Bereich Bildung und Vermittlung ergeben sich sehr spannende Optionen im Hinblick auf den Ausbau der Zusammenarbeit. Corona hat uns gezeigt, dass wir die Eigenmarke „Thunerseeschlösser“ ausbauen sollten.

Welche Schlussfolgerungen haben Sie aus der Pandemie gezogen?

Oberhofen: Dass es gerade in Krisensituationen von essenzieller Bedeutung ist, gut miteinander zu kommunizieren, zusammenzuarbeiten und sich solidarisch zu verhalten.

Thun: Dass es wichtig ist, Angebote für breite Bevölkerungsgruppen und insbesondere für Familien zu schaffen und mit den potenziellen Gästen gut zu kommunizieren, was über Internet/Social Media/Website möglich ist und zur Überdenkung neuer Formate im digitalen Bereich Anlass gibt.

Christina Fankhauser, Leiterin des Schlosses Oberhofen, am Eingangstor. Foto oberhofen.ch.

Wie verändern das Internet und die Sozialen Medien ihre Arbeit, die Präsentation der Schlösser?

Oberhofen: Wenn wir die anvisierten Zielgruppen erreichen wollen, bedingt dies ein Marketing, das auf die betreffenden Kommunikationskanäle abgestimmt ist. Das heisst, wir müssen auf Social Media präsent sein und das dafür erforderliche Know-how haben oder uns aneignen.

Thun: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Wir wollen kein verstaubtes Image pflegen, sondern die aktuellen Kommunikationskanäle sowohl attraktiv und zielgruppengerecht wie auch der Ehrwürdigkeit der Monumente entsprechend nutzen.

Was kommt neben den täglichen Aufgaben zu kurz?

Oberhofen: Über Leistungsvereinbarungen erhalten wir Beiträge für den Gebäudeunterhalt und die Restaurierungen der öffentlich zugänglichen Räume und für kulturelle Vorhaben. Der Betrieb, der die Voraussetzung für die zu erbringenden Leistungen bildet, wird nicht unterstützt. Wenn budgetierte Einnahmen fehlen, führt das zu erheblichen betrieblichen Problemen.

Thun: Durch die enorm gestiegenen Anforderungen im Bereich Administration werden viel Ressourcen gebunden, die im Bereich der Inhalte fehlen. Einerseits ist Professionalisierung in allen Sparten gefragt, andererseits sind zu wenig finanzielle Möglichkeiten vorhanden, um die Stellen den Anforderungen gemäss zu besetzen. Das heisst, wir müssen Teilzeitstellen schaffen oder die Arbeiten, besonders im Bereich Forschung/Sammlungsbetreuung über ein Projekt laufen lassen. Beides ist nicht von Kontinuität geprägt, was nicht folgenlos und insbesondere die Sammlungsbetreuung und Forschung beeinträchtigt.

Als Geschäftsleitung/Direktion bestehen unsere wichtigsten Aufgaben während der Pandemie darin, den Betrieb den Anforderungen gemäss zu managen und dafür zu sorgen, dass die finanziellen Mittel vorhanden sind, um ihn aufrechtzuerhalten.

Das Schloss Oberhofen.

Welche Highlights planen Sie im 2022 auf Ihrem Schloss?

Oberhofen: Wir sind zurzeit mit grossen Umbauten und Restaurierungen beschäftigt. Für 2022 werden wir ein attraktives kulturelles Programm auf die Beine stellen und eine Neuinszenierung der Schlossräumlichkeiten für 2023 vorbereiten.

Thun: Neben einem Kindertheaterstück zu Ostern „Dr Hasenase nah“, den sehr beliebten Nacht-Rundgängen „Gespenstische Geschichten“ bieten wir über das ganze Jahr neben dem „normalen“ Betrieb immer wieder tolle Veranstaltungen an – ein Feuerwerk an Angeboten zu allen Jahreszeiten.

Die Kyburg bei Winterthur. Foto: Roland / Wikipedia.

Wie wichtig ist die finanzielle Unterstützung ihrer Institution durch den Kanton Bern?

Oberhofen: Wir werden massgeblich durch den Lotteriefonds des Kantons Berns unterstützt. Eine weitere Leistungsvereinbarung besteht in einem tripartiten Vertrag mit dem Amt für Kultur des Kantons Bern, zusammen mit der Standortgemeinde und dem Gemeindeverband. Jährliche Beiträge erhalten wir ausserdem von der Burgergemeinde Bern, von Firmen und von Sponsoren. Für Ausstellungen akquirieren wir Drittmittel.

Thun: Die gemäss unserer Leistungsvereinbarung vom Kanton gesprochenen finanziellen Zuschüsse ermöglichen eine längerfristige Planung, was von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit und Bedeutung ist. Ohne mehrjährige Planung ist ein solcher Betrieb nicht zu führen.

Das Schloss Lenzburg.  Foto: Wladyslaw Sojka / Wikipedia.

Warum sollen wir nächstes Jahr das Schloss Thun besuchen?

Thun: Besuchen, entdecken, staunen – sei es auf den Spuren der Geschichte von Thun, auf dem Rittertrail oder nachts mit Junker Gerold. Bei uns ist immer etwas los.

Warum sollen wir nächstes Jahr das Schloss Oberhofen besuchen?

Oberhofen: Unser Schloss mit seinem weitläufigen Park bezaubert mit einzigartigem Charme und der Lage direkt am See. Es ist in jedem Fall einen Ausflug wert und kann gut mit einem Besuch in einem andern Thunersee-Schloss verbunden werden.

Die Ausstellungen im Schloss gehen in der Vermittlung neue Wege und sprechen Erwachsene wie auch Kinder an, das heisst: für Familienausflüge attraktiv.

Titelfoto: Das Museumsschluss Thun im Nebel. Foto schlossthun.ch

Relevante Weblinks:

Thunerseeschlösser: https://www.thunerseeschloesser.ch/de/

Schlösser im Zürcher Oberland: https://www.xn--zrioberland-tourismus-8hc.ch/de/schloss-burg

Schlösser im Zürcher Weinland: https://www.zuercher-weinland.ch/freizeit-kultur/schloesser-burgen/

Aargauer Schlösser: https://aargautourismus.ch/erleben/schloesser-burgen

Burgen im Baselbiet https://www.baselland-tourismus.ch/entdecken-erleben/burgen

Schlösser in Deutschland: https://www.adac.de/reise-freizeit/reiseplanung/inspirationen/deutschland/burgen-schloesser-deutschland/

 

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