StartseiteMagazinKolumnenSt. Petersburg im Wallis und die Energiewende

St. Petersburg im Wallis und die Energiewende

Dank der erneuerbaren Energiequellen strebt das Wallis langfristig und für den gesamten Energiebedarf des Kantons eine 100% erneuerbare und einheimische Versorgung an. In diesem Sinne hat der Staatsrat im April 2019 den Bericht «Energieland Wallis – Gemeinsam zu 100% erneuerbarer und einheimischer Versorgung» verabschiedet. Dieses Dokument schlägt eine Vision für 2060 vor und legt im Einklang mit der Bundesgesetzgebung Zwischenziele für 2035 fest. Ein Pionierprojekt ist seit Jahren im Raume Grosser Sankt Bernhard in Planung und findet unverständlicher Widerstand im Rahmen von Einsprachen, die bei den zuständigen Gerichten immer noch zur Entscheidfindung auf den Pulten liegen.

Bourg-St-Pierre – auf deutsch St. Petersburg – ist eine kleine Berggemeinde an der Strasse zwischen Martigny und Aosta, auf einer Höhe von 1630 m am Fusse des Grossen Sankt Bernard. Am 20. Mai 1800 zog Napoleon mit einer 40’000 Mann starken Armee durch die Gemeinde, hinterliess dort 40’000 Franken Schulden, die bis heute nicht bezahlt sind. Die rund 200 Einwohner werden vom initiativen Gilbert Tornare (FDP) präsidiert. So klein die Gemeinde auch sein mag, so gross ist ihre Leuchtturm-Funktion für erneuerbare Energien.

Auf dem Territorium von Bourg-St-Pierre liegt der Stausee «Les Toules». An diesem Wasserkraftwerk ist die Gemeinde zusammen mit Liddes zu 64 Prozent beteiligt. Das gespeicherte Wasser produziert auf den Turbinen jährlich rund 100 Millionen Kilowattstunden (100 GWh). Auf dem Stausee schwimmt eine Photovoltaikanlage, die weltweit erste ihrer Art. Die Sonneneinstrahlung bürgt mithilfe von bifazialen Modulen für jährliche 800’000 Kilowattstunden elektrischer Energie. Geplant ist von der Romande Energie eine Erweiterung der schwimmenden Anlage, die schlussendlich über 20 GWh produzieren soll. Zwei kleine Wasserkraftwerke ergänzen das bestehende Energie-Portefeuille der Gemeinde St.Petersburg der Walliser Bergen.

Oberhalb des Dorfes, in der Combe de la Barasson, ist ein Windpark mit sieben Windrädern und mit einer Jahresproduktion von rund 21 GWh geplant. Die Gemeindeversammlung hat dem Projekt schon 2017 einstimmig zugestimmt und die eingereichten Einsprachen von Umwelt- und Landschaftsschutzorganisationen abgelehnt. Im Planauflageverfahren reichten WWF und Co. beim Walliser Staatsrat Beschwerde ein, der diese ablehnte. Das Verfahren geht aufgrund des Kantonsgerichts in eine zweite Runde und ist noch nicht abgeschlossen.

Gemäss kantonalem Richtplan ist ein weiterer Windpark mit fünf bis sieben Anlagen beim Eingang des Strassentunnels durch den Grossen St. Bernard geplant. Dieser Park wird mit sieben Anlagen bis zu 30 GWh/a Strom produzieren – ein weiterer Windpark von nationaler Bedeutung.

Die kleine Gemeinde im Unterwallis zeigt seit Jahren, wie man auf den drohenden Strommangel reagieren kann. Gerade im Winter trägt die gestaute Wasserkraft, die Windkraft und auch die Photovoltaikanlage zu jener Stromproduktion bei, die uns vor dem Einsatz von Kerzen und Fondue-Rechauds retten können.

Die grosse Mehrheit der politischen Parteien inklusive der Grünen setzen auf einen die Förderung der erneuerbaren Energien. Und Bundesrätin Sommaruga wird im nächsten Frühjahr eine Vorlage präsentieren, welche die Verfahren vereinfachen und beschleunigen will. Das ist zu begrüssen. Zu begrüssen wäre allerdings auch, wenn Umwelt- und Landschaftsschutzorganisationen und ihre politischen Paten die Energiewende nicht weiter behindern. Und Projekte, die den CO2-Ausstoss beträchtlich vermindern, nicht weiter bekämpfen. Die Schuld am Bremsen der Energiewende wäre weit höher als jene, die Napoleon Bonaparte vor 221 Jahren in Bourg-St-Pierre hinterliess.

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2 Kommentare

  1. Bravo!

    Erfrischender Artikel von Roman Weissen. Wo er Recht hat hat er Recht: Gerade auch in der Schweiz kann die Windkraft zur Winterstrom-Produktion massgeblich beitragen. Ein Bravo gehört auch der Unterwalliser Gemeinde Bourg-St-Pierre.

    Erfreulich, dass Bundesrätin Simonetta Sommaruga die Bewilligungsverfahren vereinfachen und beschleunigen will. Bravo! Da kann man nur wünschen: bon vent!

  2. Herr Weissen bringt es auf den Punkt. Bravo!
    Verbände, für die Windturbinen sogar in der Combe de Barasson unzumutbar sind, kann kein normaler Mensch mehr ernst nehmen. Ich fürchte allerdings, dass die Straffung des Verfahrens allein nicht genügt, um derartigen Unfug abzustellen. Die Klagegründe (Wert eines vor ein paar Jahren durch den Rückgang eines Gletschers entstandenen Biotops, Wohlbefinden von Luchsen, etc.) sowie die zu viele Gruppierungen einschliessende aktive Legitimation zur Klage sind immer noch zu vielfältig und in Anbetracht des Wertes des Rechtsgutes «sichere Stromversorgung» absolut unverhältnismässig.
    Was am Lac des Toules und in Bourg St-Bernard geplant ist geht in die richtige Richtung und ist voll zu unterstützen, ist aber in Anbetracht der Herkulesaufgabe des Ersatzes nuklearer und fossiler Energie durch PV-Anlagen bloss ein Tropfen auf den heissen Stein. Um mindestens einen Teil des von letzteren produzierten Flatterstroms vom Sommer in den Winter zu retten, braucht es eine sehr grosse Anzahl riesiger Pumpspeicherbecken, wie sie z.B. durch die Erhöhung/Neubau der Mauvoisin-Staumauer bis auf eine Kronenhöhe von 2300m oder durch Erhöhung des Wasserspiegels des Hongrin-Sees auf 1460 m angepeilt werden könnten.

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