Online-Medien sind schnell, sehr schnell. Manchmal schneller als man denken kann. Aber etwas schmunzeln liegt schon drin, wenn vermeldet wird «Michelle Gysin singt – und wird Dritte». Das hätte man doch gerne gehört oder gesehen, wie sie singend durch die Tore fegt. Musik und Sport passen sprachlich gut zusammen. Wenigstens bei gewissen Textern. Denn nebst der singenden Skirennfahrerin wird, ebenfalls online, vermeldet «Das Wiener Neujahrskonzert wird in mehr als 80 Ländern im Fernsehen ausgetragen». (Danke dem aufmerksamen Leser für diesen Hinweis.)
Unklar ist, ob es nun um einen Kampf im Orchester geht oder um einen Boxkampf im Konzertsaal. Sicher ist nur, dass am Neujahrsmorgen etwas aus Wien übertragen wird. Unklar ist auch einiges bei einem Zeitungshoroskop. Da wird von Personen geschrieben, die «einen schwierigen Wachstumsprozess unterlaufen». Da ist der Sternguckerin ein Fehler unterlaufen. Personen können Prozesse nur durchlaufen – oder untergehen. Dass dann die zwischen dem 17. und 19.12. geborenen Steinböcke einen «tiefen Transformationsprozess erleben», muss hingegen stimmen. Denn sie werden ins Sternzeichen des Schützen «transformiert».
Da stimmt dann wohl der Satz: «Die Dynamik besorgt mich.» Besorgt werden kann allerdings nur Brot oder Wurst, aber keine Dynamik. Die steht nicht im Gestell. Sie kann einen Sorgen machen oder man kann sich sorgen wegen eines dynamischen Verlaufs. Auch der Satz «Mithilfe ihres Mannes wird der Weihnachtsbaum nach draussen transportiert.» ist nicht korrekt. Zwar kann die Mithilfe sehr willkommen sein, aber der Baum wird mit Hilfe des Gatten entsorgt.
Blicken wir etwas zurück – auf die «vorfreudigen Kinderaugen» zum Beispiel. Die es so nicht gibt, auch wenn alle wissen, was damit gemeint ist. Aber nicht jedes Substantiv lässt sich so mir nichts, dir nichts in ein Adjektiv oder Verb umpolen. Ich vorfreude, du vorfreudest, er vorfreudet, gibt es ebenso wenig wie die vorfreudigen Kinderaugen.
Oder den trinkigen Rotwein, der ebenfalls in den Medien beschrieben wird. Wobei da nicht ganz klar ist, was dieser Rotwein kann. Ist er mehr als geniessbar, aber weniger als ein Genuss? Also einfach trinkbar. Weshalb schreibt man das denn nicht? Vielleicht ist er auch so gut, dass mit dem Trinken fast nicht mehr aufgehört werden kann. «Süffig» heisst das in der Schweiz – und ganz sicher nicht trinkig im restlichen deutschsprachigen Raum.
Dafür wird von Ateliers berichtet, in denen sich «verschiedene Künstlerinnen und Künstler austoben». Will heissen, sie schmeissen mit Farbkübeln oder Lehmbrocken, zertrümmern Steinblöcke oder wälzen sich nackt auf dem Boden. Halt alles so, wie man sich so Künstlergemeinschaften vorstellt. Es sind diffamierende Bilder, die mit der seriösen Arbeit der meisten Kunstschaffenden rein gar nichts zu tun haben. Aber manchmal tobt sich halt auch ein Journalist aus – schriftlich. Hoffentlich auch nächstes Jahr, denn sonst müsste diese Kolumne eingestellt werden.