StartseiteMagazinKolumnenNotrecht für den Ausbau der Energieversorgung

Notrecht für den Ausbau der Energieversorgung

Die Schweiz hat alles in der Hand, um uns selber mit Energie zu versorgen: Dank einem smarten Mix aus Wasserkraft, Wind- und Solarenergie! Doch wir haben uns zu lange in Sicherheit gefühlt. Neben dem Klimawandel führt uns auch der Ukraine-Krieg deutlich vor Augen, dass wir die erneuerbaren Energien JETZT und nicht erst morgen ausbauen müssen. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Beschleunigung der Verfahren für Wasser- und Windkraft zielt zwar in die richtige Richtung, wird aber der Dringlichkeit des Ausbaus nicht im Geringsten gerecht.

Die Energiepreise, von Benzin und Heizöl über Gas bis hin zu Strom, kennen nur eine Richtung: nach oben! Der vom Bund erhobene Referenzpreis von Strom zum Beispiel betrug im 4. Quartal 2021 24.8 Rp. pro Kilowattstunde. Damit haben alle Windenergieanlagen keinen Rappen vom Fonds zur Förderung der erneuerbaren Energien des Bundes bezogen, sondern sogar Geld eingezahlt. Im 4. Quartal 2021 haben die Energieversorger übrigens rund 1 Milliarde Franken für Stromimporte bezahlt, rund vier Mal mehr als im 4. Quartal 2020. Es steht schon jetzt fest: Haushalte müssen sich für 2023 auf deutlich höhere Stromkosten einstellen. Tendenz steigend!

Dabei zeigt die Schweizer Wasserkraft seit rund 100 Jahren, dass eine auf einer Vielzahl von verschiedenen Kraftwerken basierende Stromversorgung funktioniert. Kleine, mittlere und grosse Wasserkraftwerke liefern rund 60 % des Schweizer Strombedarfs – regional und dezentral. Irgendwo hat es immer Wasser! Unsere Speicherkraftwerke sind dabei unsere verlässliche Basis, die es uns erlaubt, uns mit 100 % einheimischer Energie zu versorgen, wir müssen sie lediglich intelligent bewirtschaften.

Neben dem Erhalt sowie dem Ausbau der Wasserkraft gilt es nun auch die Wind- und Solarkraft möglichst rasch auszubauen. Denn der Ukrainekrieg hat uns gezeigt, wie unglaublich schnell die Abhängigkeit von fossilen Energien zu einem Klumpenrisiko wird! Wir haben den Wandel in den letzten 10 Jahren einfach verschlafen und die Solar- und Windkraft zu langsam ausgebaut. Dafür zahlen wir jetzt den Preis. Dabei sind beide Technologien schon seit über 10 Jahren wirtschaftlich und technisch ausgereift! Auch die Pionieridee «Solarpark» im Wallis vom ehemaligen Nationalrat, SP-Präsident und Walliser Staatsrat muss zwingend weiterverfolgt werden. Bodenmann bringt es auf den Punkt: «Man kann auf fünf Quadratkilometern alpwirtschaftlich nicht nutzbarer Fläche gleich viel Strom produzieren wie das Kraftwerk Grande Dixence.»

Apropos Windenergie: Ein Blick nach Österreich zeigt, was windtechnisch möglich ist: Das Land, das wie die Schweiz über einen Anteil von 60 % Wasserstrom im Strommix verfügt, produziert bereits 12 % des Strombedarfs mit Windenergie. Über 1300 Anlagen sind in Österreich in Betrieb, ein Land das gerade mal doppelt so gross ist wie die Schweiz. Mit nur rund 1000 Windturbinen könnten wir in der Schweiz 15 % unseres Strombedarfs bereitstellen. So viel hatte Österreich bereits 2015 in Betrieb. Die Schweiz ist dafür nicht zu kleinräumig, wie ein Blick über die Grenzen zeigt: Im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz, das so gross ist wie das Schweizer Mittelland, stehen über 1700 Windenergieanlagen. In den an die Schweiz angrenzenden Regionen produzieren über 7000 Anlagen umweltfreundlichen Windstrom. Die Winde, die sie antreiben, stoppen nicht an der Schweizer Grenze!

Aber warum überhaupt Windstrom? Weil Windenergieanlagen zwei Drittel ihrer Produktion im Winter liefern, wenn die Winde stärker wehen. Exakt dann, wenn unser Bedarf aufgrund des Heizbedarfs am höchsten ist. Wegen der kurzen Tage liefern Solarstromanlagen in den Wintermonaten kaum Strom. Und auch die Wasserkraft ist weniger produktiv, weil in der Höhe die Niederschläge in Form von Schnee fallen. Zudem sind die Böden gefroren.

Das «Traumpaar» Speicherseen und Windkraft ist der grösste Trumpf der Stromwende. Die Betreiber der Seen verkaufen heute den Strom dann, wenn sie damit die höchsten Gewinne erzielen. In der neuen Energiewelt, in der mit Elektroautos gefahren und mit Wärmepumpen geheizt wird, ist das das Winterhalbjahr. Und durch eine gezielte Bewirtschaftung bleibt genug Wasser in den Speicherseen, um Januar und Februar zu überbrücken, die heikelsten Monate einer auf einheimischen Energien basierenden Energieversorgung. Hier gilt: Jede Kilowattstunde Wind-Winterstrom hilft, die Speicherseen genau für diese Zeitspanne zu schonen. Dieser Windstrom ist auch deutlich günstiger, als Solarstrom für den Winter zu speichern.

Fakt ist: Einheimischer Wasser-, Solar- und Windstrom, das ist die Friedensenergie, die uns unabhängig macht und uns nachhaltig, kostengünstig und sicher durchs Jahr bringt. Denn abgesehen vom Krieg in der Ukraine wird es auch nicht mehr so einfach sein, unseren Strom aus der EU zu importieren: Ab 2025 müssen 70 % der Stromproduktion in der EU als Reserve gehalten werden. Es ist also an der Zeit, dass wir die Sonne, die scheint, und den Wind, der eh weht, nutzen! Statt diese erneuerbaren Energieträger gegeneinander auszuspielen, sollten wir so rasch wie möglich ihre Potenziale ausschöpfen. Auch weil ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe bis zu 4-mal effizienter sind als ihre fossilen Gegenspieler.

Die vom Bundesrat vorgeschlagene Beschleunigung der Verfahren geht zwar in die richtige Richtung. Sie ist aber ein Kind der «Vor-Ukraine-Krieg-Zeit». Doch einerseits brauchen wir neben sehr viel Solarstrom alle Wasser- und Windenergieprojekte, auch die kleinen! Andrerseits wird es bis zu 10 Jahren dauern, bis das nationale Konzept und die dafür nötigen kantonalen Gesetzgebungen bereit sind. Erst dann können eine Handvoll grössere Projekte von den Verfahren profitieren, deren Umsetzung immer noch bis 20 Jahre dauert. Diese Zeit haben wir nicht, denn wir befinden uns in einer ausserordentlichen Lage, unsere Energieversorgung ist nicht mehr garantiert! Und vor dem Hintergrund der permanenten Einsprachen hinsichtlich Abwägung zwischen Klima- und Landschaftsschutz gibt Bodenmann die treffende Antwort: «Klimaschutz ist der beste Landschaftsschutz.» Die ausserordentliche Lage und eine umweltkorrekte Energieversorgung verlangen  nach ausserordentlichen Massnahmen: Gefordert ist Notrecht für den Ausbau der Wasser-, Wind- und Solarkraft!

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3 Kommentare

  1. Die Politik hat geschlafen, und dies sehr, sehr fest. Nun sind alle Andern schuld …
    Die Politik hat auch gebremst wo immer sie konnte: Verhinderungsgesetze zu Hauf.
    Windkraft ja, aber nicht bei mir – Sonnenenergie ja, der Staat kauft zu dumping Preisen, der Kunde muss den «grünen» Strom zu überhöhten Preisen kaufen.

  2. Super. Endlich jemand der klar und deutlich ausspricht wie die Lage ist. Auf den Punkt gebracht: das gegeinander ausspielen, anstelle gemeinsam eine Lösung finden.
    Danke!

  3. Solar- und Windstrom fallen zu einem grossen Teil nicht dann an, wenn wir am meisten Strom brauchen: im Winter und wenn die Sonne nicht scheint. Folglich müssen wir Speichermöglichketien schaffen. Zur Zeit sind nur Pumpspeicherwerke technisch erprobt und einigermassen wirtschaftlich. Bodenmanns Grängielser Solarpark macht also nur Sinn, wenn wir (möglichst in der Nähe), einen Stausee herbeizaubern können, um tagsüber mit überflüssigem Strom Wasser hinaufpumpen und nachts turbinieren können.
    Das wäre theoretisch möglich, sofern es nicht tausend Einsprachemöglichkeiten gäbe, die derartige Lösungen obsolet machen.
    Die grüne Fundamentalopposition gegen jede vernünftige Lösung mit Erneuerbaren wird dazu führen, dass wir unsere AKWs weiter laufen lassen müssen bis in alle Ewigkeit (mit den entsprechenden Risiken), oder dass wir Kohlekraftwerke bauen (nachdem die von Sommaruga propagierte Lösung mit Putingas möglicherweise nicht der Weisheit letzter Schluss ist).

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