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Raclette im Sommer

In der deutschen Schweiz isst man ihn nur im Winter, in der Romandie hat er immer Saison: der Käse, der, am Feuer geschmolzen, in den Teller geschabt wird. Das Alpine Museum der Schweiz widmet dem Raclette du Valais AOP eine Ausstellung.

Den Röstigraben kennen wir, gibt es vielleicht auch einen «Raclettegraben»? Fast könnte ich es glauben, wenn die Walliser enthusiastisch von ihrem Raclette schwärmen. Stolz sind sie auf ihren Raclette, er besitzt ja seit 15 Jahren die geschützte Ursprungsbezeichnung AOP Raclette du Valais. Urs Gunten, der für dieses Ziel jahrelang gearbeitet hat, erzählt mit Genugtuung, wie zuerst andere Schweizer Käseproduzenten und dann diejenigen in Frankreich oder Deutschland wütend waren, dass sich die Walliser die Einzigartigkeit ihres Raclette sicherten.

Ausstellungsansicht. Im Vordergrund: Alpenkräuter vergoldet und in Plexiglas eingeschweisst.  © Olivier Rüegsegger

Das Alpine Museum der Schweiz in Bern widmet nun dem Raclette, dem Walliser Käse schlechthin, eine kleine Ausstellung. Es gehört zum Auftrag dieses Museums, die Vielfalt des alpinen Lebens abzubilden. «Die Alpen zwischen Tradition und Innovation», das umfasst den Alpenraum von Slowenien bis Südfrankreich, im Mittelpunkt steht dabei immer der handelnde Mensch und seine Aktivitäten, seien es selten gewordene Handwerksberufe oder Spezialitäten bestimmter Regionen. Kurz gesagt, in den Worten der Museumsverantwortlichen: Das Alpine Museum der Schweiz ist die «Botschaft der Alpen» in der Hauptstadt der Schweiz.

Das Raclette gehört zur kulinarischen Identität des Wallis. – Doch halt, fragen viele: Heisst es nun das Raclette oder der Raclette? Beides, aber es bezeichnet zwei verschiedene Dinge: Das Raclette (franz. la raclette) benennt das Gericht, den geschmolzenen Käse auf dem Teller. Der Raclette (le raclette) ist der Käse, die Sorte oder einfach der Käselaib. So wie andere Käsesorten, der Sbrinz oder der Vacherin. Raclette kommt vom Verb racler, abschaben.

Milchkessel braucht’s auf jeder Alp (Ausstellungsansicht Foto mp)

Ganz so heiss, wie es vom Käselaib abgeschabt wird, isst man das Raclette  nicht. Im Gespräch kommen jedoch weitere feine, aber gravierende Unterschiede zutage: Die Walliser und die Walliserinnen beschreiben ihr Raclette so: Es ist ein «leichtes» Gericht, es braucht fachgerecht geschmolzenen Käse, am besten an einem Holzfeuer, ein oder zwei Kartöffelchen, ein Cornichon und ein paar Silberzwiebeln, weiter nichts. Man sitzt zusammen, egal ob Sommer oder Winter, und isst nach und nach so viele Käseabstriche, bis man genug hat. In fröhlicher Gesellschaft ist meistens etwas mehr Platz im Magen. – Wir konnten es an einem milden Abend vor dem Museum selbst erfahren. Da gab es Raclette von fünf verschiedenen Käselaiben, mal milder, mal würziger.

Interaktives Bilderbuch: Stephanie Knöbl und Rahel Ilona Eisenring

Nun stellt sich unweigerlich die Frage: Ist Raclette eigentlich schwer verdaulich? – Nein, lautet die Antwort der verschmitzten Walliser: Raclette ist derart gut, dass man zu viel isst, nur deshalb hat man einen schweren Bauch. Von der Gewohnheit, die sich in der «Üsserschwiiz» eingebürgert hat, zum Raclette kleine Würstchen, Schinken und andere Beilagen, sogar Ananas, anzubieten, halten die Walliser gar nichts. Daran liessen die Vertreter aus dem Val de Bagnes – es waren nur Männer gekommen – keinen Zweifel.

Die gegenwärtige Ausstellung in Bern wurde aus einer früheren im Musée de Bagnes gestaltet unter Mitarbeit der wichtigsten Raclette-Experten der Region Verbier – Val de Bagnes. Vincent Michelot vom Musée de Bagnes betonte, dass die Alpen ein Lebensraum sind, nicht nur eine schöne Bergkulisse. Er nannte die Alpwirtschaften, den Ort der Herstellung des Raclette, le paysage du fromage.

Käse produzieren. Illustration  © Ludovic Chappe

Von seiner Arbeit als Käser erzählte Roger Dubosson. Er eröffnete 1986 das erste Käselädeli. Im folgenden Jahr konnte er keinen einzigen Tag Ferien nehmen. Davor hatte es zwar 36 Raclette-Produzenten gegeben, aber keine einzigen Laden. Heute arbeiten nur noch acht Produzenten, aber die Milchleistung hat sich gesteigert. In der Käserei arbeiten sie heute mit einem dreimal grösseren Heizkessel. Dubosson kann sich erinnern, wie die Alphirten noch in den 1960er Jahren ihren Käse in winzigen Hütten mit mehr Rauch als Licht herstellten. Seit nun ca. 40 Jahren entstanden nach und nach Käsereien mit allen notwendigen Einrichtungen, und immer mehr Bauern brachten ihre Milch nach Verbier. Die wirtschaftlichen Bedingungen haben sich allerdings nicht wesentlich verbessert. – Wie das Bier, das seit einiger Zeit überall wieder regional hergestellt wird, so hofft Dubosson, sollte auch der ursprüngliche Raclette-Käse wieder geschätzt werden.

Werbung für den Raclette (Foto mp)

In vier Kapiteln tischt die Ausstellung Käsegeschichten auf: von den wohlriechenden Alpkräutern über die zeitgenössische Produktion und die Vermarktung bis hin zum einzigartigen Geschmackserlebnis. Gezeigt werden soll nichts weniger als die kulinarische Identität des Wallis und seine lebendige Tradition. Der Blick darauf spielt mit der Diskrepanz zwischen den Produktionsrealitäten und den in der Käsewerbung eingesetzten Bildern. Zu empfehlen ist ein App-Spiel für Kinder und Erwachsene, das uns in den Alltag auf der Alp eintauchen lässt und auch als Kinderbuch erscheint.

Alpines Museum der Schweiz:  Biwak#30: Raclette. L’excellent fromage de montagne.
Bis 13. November 2022 – Beachten Sie das Veranstaltungsprogramm.

Titelbild: Käsen auf der Alp Moiry. © Anne Golaz

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