Im Berner Weyermannshaus verbrachten wir als Kinder und Jugendliche unsere Sommerferien. Kürzlich wurde das grösste Freibad der Schweiz totalsaniert.
«Endlich Sommer» riefen wir als Schüler jedes Jahr vor den Sommerferien und holten die Badesachen aus dem Schrank. Es folgten sechs Wochen im «Weyerli» (berndeutscher Kosename für «Weiherchen»). Das Weyermannshaus ist ein Freibad im Quartier Untermatt im Westen der Stadt Bern. Gemessen an der Wasserfläche des Hauptbeckens von 16’000 Quadratmetern und einem Umfang von 460 Metern, ist es das grösste Freibad der Schweiz. Gemessen am Volumen von 25’000 Kubikmetern Wasser das grösste in Westeuropa.
An schönen Sommertagen tummeln sich bis zu 10 000 Personen gleichzeitig im und am «Weyerli».
Das grosszügig angelegte Freibad verfügt dank dem riesigen Becken über eine riesige Wasseroberfläche. Kollisionen von Schwimmerinnen und Schwimmern gibt es keine. Umgeben wird das Becken von einer grossen Liegewiese mit Schatten spendenden Bäumen, unter denen wir assen, tranken, schmusten oder schliefen. Nach einer anderthalbjährigen Sanierung ist das «Weyerli» zum Start der Badesaison 2022 wiedereröffnet worden. Seither erfreuen sich Kinder und Jugendlichen unter anderem an dem komplett neu gestalteten Kinderspielbecken und der neuen, wasserüberströmten Breitrutsche. Auch in diesem Sommer.
Rücken, Crawl, Springen, Rettung
In den Sommerferien 1966 lernte ich im «Weyerli» Rückenschwimmen: Gleichschlag und Crawl. Auf den 50-Meter-Bahnen zogen wir stundenlang hin und her. Das Berner Sportamt bot in den sechs Wochen strukturierte Schwimmkurse, nach Stärkeklassen eingeteilt. Ein Jahr später stand für mich Brust-Crawl auf dem Programm. Als Höhepunkt machten wir am Ende der Ferien die «Fischli-Abzeichen I und II». 1968 schrieb ich mich für Spring-Kurse ein. Unter Leitung des Strupler-Nachwuchses lernten ich Kopfsprünge, Saltos, Pirouetten und sonstige Kapriolen, vom 1- und vom 3-Meter Brett. Das damit erworbene «Goldene Fischli C» war das höchste der Gefühle.
Das Hauptbecken des Weyermannshaus: Vorne links die Schwimmbahnen und rechts die Sprungbretter, hinten in der Mitte: das «Inseli».
In Erinnerung geblieben ist mir aber auch ein weniger freudiges Ereignis: Am 1. August morgens fiel ich bei einem «Anderthalber» vom 3-Meter flach auf den Bauch und wurde, von Schmerzen getrieben, nach Hause geschickt. Als das Bauchweh am Abend nicht nachliess, holten meine Eltern – statt an der Nationalfeier teilzunehmen – den Hausarzt. Dr. Burkhardt konnte keine Blinddarmentzündung diagnostizieren, verbot mir aber, im laufenden Sommer noch einmal vom Brett zu springen. «Klein-Peter» hielt sich selbstverständlich nicht an die ärztliche Anordnung, sondern sprang – vom Bauchweh genesen – bereits nach einer Woche wieder vom hohen Brett, ohne aber zu Hause davon zu berichten.
Historische Entwicklung
Das «Weyerli» zu Beginn der fünziger Jahre, als es noch ein Naturteich war. (Foto Burgerbibliothek, Sammlung Hans-Ulrich Suter).
Historisch gehört das «Weyerli» zum ehemaligen «Gut Weyermannshaus». Am 1. März 1235 gab Heinrich von Hohenstaufen Peter von Bubenberg, dem damaligen Schultheissen von Bern, einen «Weiher oder See etwas ausserhalb der Stadt» zu Lehen. Über hundert Jahre später, am 14. August 1338, verkaufte die Stadt Bern wiederum dem amtierenden Schultheissen, Hans von Bubenberg, ein Stück Allmend gelegen zum «Weyer von Bubenberg». Es ist davon auszugehen, dass mit beidem der Weiher gemeint war, der in der heutigen Weyermannsregion lag. Der Name des Gutes dürfte sich vom Namen des Verwalters des Gewässers, des «Weiher-Manns», herleiten.
Im 16. Jahrhundert befanden sich an derselben Stelle, am Rand des Bremgartenwaldes, drei Teiche, die durch künstliche Teilung des ursprünglichen Weihers entstanden, aber weiterhin miteinander verbunden waren. Diese drei Teiche dienten dem Fischfang. 1620 wurde begonnen, die Teiche dauerhaft zu entwässern. Der ehemalige Grund der Teiche wurde danach landwirtschaftlich bewirtschaftet. Hiervon ausgenommen blieb der westliche Teil des westlichsten Weihers. Von 1908 bis 1910 wurde er als Badeanstalt – damals noch in natürlichem Zustand – eingerichtet. Ein Bach floss durch den Teich.
Ausbau zum Freibad
Flugaufnahme. Rechts die Autobahn Bern-Fribourg, unten rechts die Ausfahrt Bern Bümpliz.
Ein Ausbau zum städtischen Freibad erfolgte Ende der fünfziger Jahre. 1957 wurde der Rand des Beckens betoniert, und es entstanden unter der Leitung des bekannten Berner Architekten Hans Beyeler diverse Gebäude: das Hauptgebäude mit Hauswart-Wohnung, ein Restaurant und einer von heute drei Garderobentrakten. 1970 folgten das Hallenbad und die Kunsteisbahn inklusive Garderoben, ein neues Restaurant und weitere Garderoben für das Freibad. Unverwechselbares Merkmal des Freibeckens ist die auf Säulen stehende Insel in dessen Mitte. Ich verbrachte viele Stunden, wenn nicht Wochen auf dem «Inseli».
Für die Jüngsten gibt es heute ein Kinderbecken mit Rutschen.
In den Sommerferien 1969 durfte ich als guter Schwimmer den Rettungsschwimmkurs für Jugendliche besuchen. Wir lernten tauchen, transportschwimmen, beatmen sowie Erste Hilfe im und am Wasser. Einen Teil der Lektionen absolvierten wir im Marzili, an und in der Aare, wo wir die Gefahren eines Fliessgewässers kennenlernten. Diese Kenntnisse konnte ich seither mehrfach nutzen, entweder für mich selbst oder für andere Schwimmende. Dank dem Berner Sportamt und dem geliebten «Weyerli» bin ich zu einer Wasserratte geworden und es bis heute geblieben. «Endlich Sommer» heisst auch heute noch mein Motto.
Titelbild: Wie alle anderen Freibäder der Stadt Bern (mit Ausnahme der Ka-We-De) ist der Eintritt ins Freibad Weyermannshaus kostenlos. Alle Fotos: Sportamt der Stadt Bern.
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Öffnungszeiten Sommer: Das Freibad Weyemannshaus ist vom 14. Mai bis 18. September von 8.30 – 21.00 Uhr geöffnet.
Öffnungszeiten Parkanlage Winterhalbjahr: Im Winterhalbjahr ist die Parkanlage täglich von 8.30–18.00 Uhr geöffnet. Je nach Witterung oder Einbruch der Dämmerung kann die Anlage früher geschlossen werden.
Oh ja, ds Weyerli! Da kommen Kindheitsgefühle auf. Ich bin im Fischermätteliquartier in Bern aufgewachsen und wir pendelten im Sommer zwischen dem Weyerli und dem Marzilibad an der Aare. Damals immer zu Fuss selbstverständlich, je ca. eine halbe bis dreiviertel Stunde ein Weg. Beide Badis sind unheimlich schöne, grosszügige und grüne Anlagen mit altem Baumbestand, bis heute.
Doch mit der Jugendzeit begann für mich die Sehnsucht nach dem Meer und die vielen Sommerferien im Süden. Als Wasserratte lasse ich mir es auch im Alter nicht nehmen, hie und da einen Nachtschwumm bei Vollmond im nahen Bielersee zu unternehmen. Jedes Gewässer hat seinen Reiz und belebt Körper und Geist. Vielen Dank für Ihren Gedankenanstoss und die Infos zum renovierten Freibad Weihermannshaus.