StartseiteMagazinKolumnenZukunftsperspektiven nach dem Nationalfeiertag

Zukunftsperspektiven nach dem Nationalfeiertag

Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag Schweiz fanden erstmals am 1. August 1891 statt. Ab 1899 schliesslich in der ganzen Schweiz. Der 1. August bezieht sich jedoch nicht auf das Datum des Rütlischwurs. Die Idee, das Jahr 1291 als Gründungsjahr der Eidgenossenschaft und den 1. August als Bundesfeiertag festzulegen, geht auf die Initiative der Berner zurück. Die Schweiz ist ja seit ihren verbrieften Anfängen des Jahres 1291 und einer langen Phase von Höhen und Tiefen erst vor 174 Jahren, im Jahre 1848 also, das geworden, was sie heute ist. Die erste moderne Demokratie der Welt wurde 1776 in den USA geschaffen. Auch die Helvetik versuchte bereits 1798, echte demokratische Verhältnisse einzuführen. Sie scheiterte und ging mit Napoleon 1815 unter. Die Schweiz ist also den erfolgreichen Weg gegangen von einem Bund der Kantone zu einem Nationalstaat. Dabei hat unser Land bis heute seinen starken Föderalismus bewahrt. Ja, erst der Bundesstaat von 1848 brachte der Schweiz insgesamt als erstem Land Europas eine stabile demokratische Ordnung als freie Republik.

Die Verfassung der USA galt als Vorbild für die Bundesverfassung der modernen Schweiz. Am 12. September 1848 nahmen Volk und Stände die neue Verfassung an und am 16 November 1848 wählte das Parlament den ersten Gesamtbundesrat. Die Schweiz rühmt sich somit zu Recht als eine der ältesten Demokratien der Welt, jedoch sehr lange ohne Mitsprache der Frauen. Erst im Jahre 1971 war eine Volksabstimmung erfolgreich, wobei die Schweiz eines der letzten Länder in Europa war, welches den Frauen volle Bürgerrechte zustand.

Ein Grundsatz ist zudem, dass wir Schweizer uns nicht nur mit unserem Land identifizieren, sondern auch mit unserem eigenen Kanton, unserer Gemeinde und damit mit unserem politischen System. Das ist gut so. Es soll so bleiben. Jede Mitbürgerin und jeder Mitbürger hat auch im Jahre 2022 die individuelle Freiheit, Schweizer/In nach seiner individuellen Façon zu sein.

Es gibt in unserem Lande kein Diktat der aufgezwungenen Meinung, wie sich ein richtiger Schweizer mit seinem Land identifizieren muss. Wer in der Schweiz demokratisch denkt, akzeptiert die Vielfalt der Meinungen. Sowohl in seinem Verhältnis unter den Bürgerinnen und Bürgern insgesamt als auch in Bezug zu Politik und Parteienlandschaft. Und wer unsere direkte Demokratie mitträgt und in verschiedensten Stellen und Funktionen wie etwa Familie, Gemeinde, Verein, Arbeitsplatz, der Parteiarbeit oder gar in der Politik seinen aktiven Beitrag leistet, kämpft irgendwie für seine eigene Meinung, muss aber stets auch die Kraft zur Toleranz haben, auch andere Auffassungen zu respektieren.

Es steht ausser Zweifel, dass sich anlässlich des diesjährigen Nationalfeiertages die verschiedensten Redner über die «neutrale Schweiz», unser Verhältnis zu Europa  wie auch unsere künftigen Herausforderungen geäussert haben. Meinungen, Ideen und Gedankengänge waren gewiss verschieden, rückwärtsorientiert oder, wie es sein muss, in Richtung wegweisender Perspektiven in die Zukunft. Wir vernehmen es nach dem 2. August in Windschnelligkeit in den Printmedien, TV-Kanälen und «Social Media». Es ist und bleibt derzeit äusserst komplex in der zusammenwachsenden Welt und in Europa, der permanenten Beschleunigung der Informationsträger der Digitalisierung und vor dem aktuellen Kriegszustand in der Ukraine die richtigen Leitplanken zu stellen.

Fakt und Wahrheit ist und bleibt, dass die unabhängige «Republik Schweiz» im Herzen von Europa letztlich immer als Teil Europas betrachtet wird.  Seit Jahrzehnten schon gehören Städte, Gemeinden und Regionen zum «Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE)» einer Vereinigung, die 1951 in Genf von einer Gruppe europäischer Bürgermeister gegründet wurde und beweisen damit ihre gelebte, weitsichtige wie auch kooperative Weltoffenheit und Zusammenarbeit. Wir haben auch als neurales Land den Bezug zu einem Europa, dem die föderalistisch geprägte Schweiz immer Vorbild sein kann, ja sein sollte. Mit einem dermassen funktionierenden Europa, das sich zusammensetzt aus unabhängigen Staaten, hat die Mehrheit der Schweiz, die sich über bilaterale Vertragswerke eingebunden ist, überhaupt keine Berührungsängste. Dennoch, es ist und bleibt trotzdem eine unserer grossen Herausforderungen, die Nation Schweiz nach dem 1.  August 2022 nicht zu überbewerten, genau so wenig wie nur zu glorifizieren.

Der «Nationalfeiertag» und die Zeit bis zum nächsten 1. August und darüber hinaus muss auch die Gelegenheit bieten zum Vorausdenken in eine Zukunft, die immer wieder mit neuer Dynamik angegangen werden muss, so dass eben «diese neue Zukunft» dereinst in der Rückblende ebenso im positiven Lichte gesehen werden kann.

Gewiss, wir sind alle gefordert. Stadt und Land, die «Nation Schweiz» als Teil von Europa, das Europa als Staatenbund sowie die Welt- und Staatengemeinschaft insgesamt. Sehr vieles lässt sich nicht delegieren, auch nicht an die Behörden in Staat, Kanton, Gemeinden oder an ein zentral geführtes und gesteuertes Europa.  Wir alle, jeder Einzelne, stehen in der Pflicht und der Verantwortung. Wer durch unser viersprachiges Land Schweiz fährt, begegnet auf engstem Raum einer einzigartigen Vielfalt von Sprachen, Kulturen und Landschaften. Tragen wir Sorge dazu, dass dies so bleibt! Stehen wir zusammen und fördern wir den Gemeinschaftssinn im Kleinen wie im Grossen!

Die ehemalige Bundesrätin Micheline Calmy-Rey brachte die Dinge bereits im Februar 2022 in der «Sonntagszeitung» auf den Punkt: «Neutralität heisst nicht Gleichgültigkeit, sondern ist eine Herausforderung». Und «Natürlich kann die kleine Schweiz die Welt nicht im Alleingang verändern. Deshalb müssen wir für die Zusammenarbeit, die Achtung des Völkerrechts und den Multilateralismus einstehen. Das internationale Genf ist nach wie vor einer der wichtigsten Knotenpunkte dafür. Letztlich ist auch unsere Neutralität damit verbunden. Wir haben in Krisenfällen stets auf Diplomatie gesetzt und versucht, zusammen mit den involvierten Parteien Lösungen zu suchen.»   So ist es: Als Teil Europas können wir uns jedoch nicht erlauben, uns hinter den Bergen zu verstecken, was nie die Rolle der Schweiz war und auch nicht ist. Dennoch: «Für einen EU-Beitritt gibt es aber derzeit bei weitem keine Mehrheit» bemerkt die ehemalige Aussenministerin bestimmt.

Bevorstehende Herausforderungen

Die weltweiten aktuellsten Herausforderungen kennen wir: Klimawandel, Corona-Pandemie, Krieg in der Ukraine und die damit verbundene Energiekrise.

Der Klimawandel und seine Folgen stellen das aktuell grösste Problem der Menschheit dar, dem man sich weltweit stellen muss. Das geltende CO2-Gesetz schreibt vor, dass die Treibhausgasemissionen innerhalb der Schweiz bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 20 Prozent sinken sollen. Dieses Ziel verpasst die Schweiz inzwischen knapp, sie erreicht eine Reduktion von 19 Prozent. Dies zeigt das Treibhausgasinventar 2020 des BAFU. Wir stehen also weiterhin in der Pflicht!

Der Kampf gegen die Corona-Pandemie stellt die Welt vor gewaltige Aufgaben und macht den Ausnahme- zum Normalzustand. Ausgangsbeschränkungen, Grenzkontrollen, Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur: Viele Staaten kämpfen mit zahlreichen Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung des Virus und die Folgen der Krise. Auch unser Land stellt sich den Fragestellungen zur Bewältigung der Pandemie.

Der Krieg in der Ukraine: Der Ukraine-Krieg hat die Debatte um die Schweizer Neutralität neu lanciert. Der Bundesrat hat am 28. Februar 2022 beschlossen, sich den EU-Sanktionen gegen Russland anzuschliessen. Vor diesem Hintergrund wird uns eine «Volksinitiative zur Schweizer Neutralität» beschäftigen. Der Entschied wird beim Wahlvolk liegen. Im Ausland glauben gewisse Kreise, die Schweiz habe ihre Neutralität aufgegeben, als sie sich den Sanktionen gegen Russland anschloss. Fragen und Antworten zur Neutralität im Hinblick auf diesen Beschluss erhalten wir im Sommer 2022 nach der Veröffentlichung des Neutralitätsberichts durch das EDA. Aktenkundig ist, dass die Neutralität der Schweiz eine der wichtigsten Grundsätze ihrer Aussenpolitik ist. Sie bedeutet, dass sich die Schweiz nicht militärisch an bewaffneten Konflikten zwischen anderen Staaten beteiligt. Die schweizerische Neutralität ist im Grundsatz selbstgewählt, dauernd und bewaffnet.

Der Krieg in der Ukraine beeinflusst auch die aktuelle Energieversorgung der Schweiz. Unsere Energieversorgung ist nicht mehr garantiert. Wir befinden uns in einer ausserordentlichen Lage. Die ausserordentliche Lage und eine umweltkorrekte, eigenständige Energieversorgung verlangen nach ausserordentlichen Massnahmen: Gefordert ist Notrecht für den Ausbau der Wasser-, Wind- und Solarkraft!

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2 Kommentare

  1. Der Schluss des sachbezogenen Artikels verweist mit hoher Besonnenheit, worauf es bei der Praxis der Neutralität der Schweiz ankommen könnte, unbeschadet von dem, was im Neutralitätsbericht drin stehen könnte. Wie aber kommen Sie, Herr Weissen, bei Massnahmen, das Klima betreffend, was mit Jahrhunderten zu tun hat, auf die lächerliche Forderung von Notrecht? Ich habe seit über 50 Jahren, als man noch mit einer neuen Eiszeit rechnete, über 20 000 meteorologisch-historische Daten zum Zusammenhang der Gründung der Eidgenossenschaft und der Walserwanderungen mit der mittelalterlichen Klimaerwärmung gesammelt, auch spannende meterologischen Schriften ab Paracelsus und Kepler studiert und eine der Haupterrungenschaften der Hexenprozesse erarbeitet, den Verweis schuldhafte Verantwortung von Frauen und auch Männern für Wetter und Klima, habe aber nicht deshalb meinen Kühlschrank schon vor 40 Jahren abgestellt und mit Büchern, oft zur Meteorologiegeschichte gefüllt. Seit 60 Jahren kämpfe ich für den Vogelschutz, und als Vierzehnjähriger betrachtete ich die Neutralität im Kampf zwischen unserer Freiheit und der von Russland her drohenden Sklaverei als unverantwortlich, verteilte mit Jugendfreunden ein Flugblatt, das von der Bundesanwaltschaft beanstandet wurde. Heute ungefähr die Meinung eines einst eher schwachen und mühsamen ehemaligen Schülers meiner Kantonsschule in Beromünster, heute erfreulicherweise immerhin Chefredaktor des Sonntagsblick. Meine ersten Vorlesungen über Meteorologiegeschichte und Neutralität, u.a. bei Edgar Bonjour, hörte ich schon zu einer Zeit, als die «Experten» oder gar die finnische Expertin des Bundesrates noch gar nicht auf der Welt waren.. Natürlich ist mein Detailwissen veraltet, auch das über die Geschichte der Pandemien, ein Hauptlebens- und Forschungsinhalt bei 40 Jahren Paracelsusforschung, hat auch mit der Schweiz im 2. Weltkrieg zu tun und ihrer damals opportunistisch, nicht auf den Heldentod und den Ruin des Landes ausgerichteten Neutralität. Ihr Artikel zum 1. August ist nichtsdestoweniger lesenswert und über alles gesehen ein echter Anlass zur Besinnung. Was will man mehr?

    Pirmin Meier, Historischer Schriftsteller, http://www.textatelier.com

  2. Ohne die überbordende Zuwanderung in den letzten 20 Jahren (+20%) hätte die Schweiz das geforderte co2-Reduktionsziel sogar übertroffen! Warum wird diese Tatsache einfach übergangen?

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