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Öfeli aus! Licht an!

Strom lässt sich nicht sparen. Man kann nur seinen Verbrauch drosseln. Das schont das Portemonnaie. Das dadurch weniger ausgegebenen Geld lässt sich aber trefflich sparen. Für warme Socken zum Beispiel.

Presse, Radio und Fernsehen überbieten sich mit Warnungen, Appellen und Ratschlägen zur Energiekrise, ganz besonders zur Strommangellage, besser lesbar als Strom-Mangel-Lage. Da Strom auch mit Erdöl und Gas erzeugt wird, und die Preise dieser beiden Energieträger infolge der politischen Grosswetterlage (Ukraine) massiv gestiegen sind, explodieren die Strompreise. Schweizer Strom wird zu grossen Teilen aus Wasserkraft, aus Kernenergie und zu kleineren Teilen aus Photovoltaik, Windkraft und Biogas usw. erzeugt. Die Schweiz importiert über Mittag und im Winter ganztags Strom; im Sommer exportiert die Schweiz Strom; Im- und Export sind das Jahr über aber quantitativ ausgeglichen. Der importierte Strom basiert grösstenteils auf Kohle, Erdöl, Gas und Kernkraft. Diese Energieträger, vorab Öl und Gas, sind zurzeit massiven Preissteigerungen ausgesetzt, weshalb auch in der Schweiz die Strompreise für die Haushalte steigen. Schweizer Grossbezüger haben die letzten rund zehn Jahre vom liberalisierten Strommarkt profitiert und konnten auf dem Weltmarkt ihren Strom billig einkaufen. Mit den jetzt explodierenden Strompreise im Ausland sind manche Schweizer Unternehmen mit bis zu 20-fachen Strompreiserhöhungen (und mehr!) konfrontiert, weil sie langfristige Abnahmeverpflichtungen eingegangen sind, beziehungsweise auf tiefer Strompreisbasis kalkuliert haben.

Stromrechnung durchblicken

Die Strom-Mangel-Lage trifft natürlich auch die privaten Haushalte. Allerdings weit weniger als die Unternehmen. Aber mittelfristig kann mit einer Verdoppelung gerechnet werden. Um korrekt zu budgetieren muss man aber die Stromrechnung genauer ansehen. Sie besteht aus mindestens zwei Teilen: Strombezug (in kWh) und Leitungsgebühr. Allenfalls kommen je nach Gemeinde oder Elektrizitätsanbieter noch Sonderabgaben hinzu. Die Anteile bewegen sich im Durchschnitt im Bereich 5-4-1. Das heisst, fünf Teile der Stromrechnung sind Strombezug, vier Teile sind Übertragung und ein Teil ist für Verwaltungskosten usw. Die Haushaltstromrechnung dürfte also um rund 25 Prozent steigen, wenn sich der Strompreis verdoppelt.

Will man diese Preissteigerung mindern, muss man den Verbrauch drosseln. Der jetzt inflationär verwendete Begriff «Stromsparen» ist fehlleitend, denn Strom lässt sich nicht beiseite oder auf die hohe Kante legen, damit man ihn hervorholen kann, wenn es knapp wird. Strom lässt sich nicht in Säcke abfüllen und lagern. Um die Stromrechnung tief zu halten, hilft ein kleiner Blick in die Thermodynamik. Konkret: Wird Strom verbraucht, um Wärme, Bewegung und Licht zu bekommen, wird Energie umgesetzt. Und dabei entsteht immer Abwärme. Je mehr und je länger Strom fliesst, desto wärmer wird es am Ort, zu dem er hinfliesst. Die Lampe wird langsam warm, der Mixer ein bisschen schneller, aber sofort heiss ist natürlich das Elektroöfeli. Das heisst, Licht braucht am wenigsten Strom, ein Motor braucht viel Strom und Wärme frisst den Strom geradezu.

Teures Frischbackweggli…

Will man also den Stromverbrauch verringern und damit die Stromrechnung senken, muss man zuerst beim Stromfresser ansetzen. An erster Stelle steht der Elektro-Kochherd. Hier gehört zum Grundwissen, dass der Durchmesser des Pfannenbodens mit jenem der Herdplatte übereinstimmen muss. Dann: Deckel auf die Pfanne! Schliesslich kann man eine bis zwei Minuten bevor das Kochgut gar bist, den Herd abschalten und so die Restwärme nutzen. Bundesrat Dölf Ogis Tipp zum Eierkochen ist nach wie vor vollkommen richtig (wenig Wasser, Deckel drauf). Und der Backofen? Das ist ein heimlicher Grossverbraucher. Er muss mit Bedacht eingesetzt werden. Frischbackbrötchen treiben die Stromrechnung bös in die Höhe; auch der Toaster ist unersättlich. Still und leise hat es die Kaffeemaschinen ganz dick hinter den Ohren. In manchem Haushalt verbrauch sie unbemerkt über einen Franken Stromkosten pro Woche, weil sie nicht abgestellt wird. Heisswasser für Kaffee und Tee lässt sich viel effizienter mit dem Tauchsieder herstellen. Schliesslich das Elektroöfeli: Hände weg! Ziehen Sie sich zuhause einen Pullover an, tragen Sie Wollsocken. Lüften Sie die Wohnung nur kurz aber heftig. Geschirr und Wäsche wird auch im Spargang sauber.

…kostbarer Schlagrahm…

Mixer und Teigmaschinen sind in vielen Haushalten gern gesehene Helfer. Sie brauchen Strom. Zwar weniger als Herd und Toaster, aber mehr als Licht. Schlagrahm steifschlagen geht auch ohne Motor: Flüssigen Rahm in einen Krug füllen. Den guten alten Hand-Schwingbesen zwischen den Handflächen hin- und her reiben bis der Rahm steif ist. Teig von Hand kneten ist nicht nur sinnlich und kräftigend, sondern hilft auch, die Stromrechnung zu senken. (Noch besser: Kaufen Sie das Brot in diesen Zeiten beim Bäcker. Je mehr Teiglinge der in den Ofen schiebt, desto relativ tiefer ist der Stromverbrauch pro Brot.) Wäsche sollte man nicht im Tumbler trocknen, sondern an der Leine. Und zwar auch draussen, selbst im Hochwinter wird sie trocken, wenn sie flattern kann.

…aber sichere Treppen

Licht braucht verhältnismässig wenig Strom. Natürlich braucht man in unbenutzten Räumen kein Licht brennen lassen. Aber Licht in der Wohnung ist ein Sicherheitsfaktor, den man nicht unterschätzen darf. Die Treppen brauchen Licht, auch wenn es nur ganz wenige Tritte sind! Selbst wer seine Wohnung  «im Traum» kennt, kann im Dunkeln stolpern oder stösst an vergessene Ecken. Lichterlöschen hat also bestenfalls eine (un)sichtbare Wirkung und beruhigt das Gemüt. Aber auf die Stromrechnung sind das Rappen für den Privathaushalt. Und Ihre Glühbirnen haben Sie ja längst durch Energiesparleuchten ersetzt.

Stromanschluss verpasst

Die Strom-Mangel-Lage der Schweiz ist hausgemacht. Zwar hätte die Schweiz, die als Wasserschloss Europas gilt, beste Voraussetzungen, zu fast 100 Prozent vom Ausland unabhängig Strom zu erzeugen. Allem voran ist die Wasserkraft unsere stets verfügbare Stromquelle. Denn regnen tut es immer. Aber es bräuchte mehr Stauseen, höhere Staumauern. Man müsste deutlich stärker in die Photovoltaik investieren, denn die Sonne scheint praktisch immer. Selbst die Windenergie könnte mehr zur Stromerzeugung beitragen. Weil aber die Aussichten auf importierten Strom lange Zeit rosig waren, wurde auf Investitionen weitgehend verzichtet und man konnte sich sorglos wähnen. Und die rigiden gesetzlichen Vorschriften taten das Ihre, um den Ausbau Stromversorgung zu hemmen. Als vor zwei Jahren das Kernkraftwerk Mühleberg abgestellt wurde, das knapp 5 Prozent des Schweizer Stroms lieferte, wurde das nicht mit Sicherheitsbedenken begründet, sondern mit finanziellen: Mühleberg sei künftig nicht mehr rentabel zu führen, hiess es. Heute aber, mit den weltweit explodierenden Stromkosten, würde man sich mit Mühleberg eine goldene Nase verdienen. Was lehrt uns (nein: die Politik) das? Die Schweiz muss diversifizieren: Um weitestgehend unabhängig zu sein, braucht unser Land Strom aus Wasser, Sonne, Wind, Gas, Kohle, Biomasse und ja, auch Atomkraft!

Weil es die Politik verpasst hat, die Selbstversorgung der Schweiz mit Strom deutlich zu verbessern, macht sie nun untaugliche «Strom-Spar-Appelle», man solle die Lichter löschen. Gleichzeitig fahren aber hunderte von Trams, Zügen und Trolleybussen in den Randzeiten gut geheizt meistens leer bis halbleer durch das Land.

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2 Kommentare

  1. Schön, diesen Artikel von Hartmuth Attenhofer zu lesen und auf diese Art und Weise in indirektes Wiedersehen zu feiern. Bis auf den letzten Absatz bin ich voll mit seinen Schlussfolgerungen einverstanden. Ja, es mag richtig sein, dass Züge, Trolleybusse und Busse in den Randstunden halbleer herumfahren. Also diese Kurse zwecks Stromsparen ausdünnen oder ganz streichen? Dann ist der Heimweg mit dem öffentlichen Verkehrsmittel noch länger als er sonst schon ist und in solchen Fällen ist das eigene Auto die beste Alternative. Ist das wirklich so gewollt?

  2. Ich freue mich zu lesen, wofür mehr oder weniger Strom konkret verwendet wird und nicht allgemein vom Stromsparen oder -verschwenden gesprochen wird.
    Ich koche nicht jeden Tag – aber wenn ich koche – sind es 2-3 Portionen. So kann ich sehr leicht und schnell eine Mahlzeit aufheizen – mit der Mikrowelle.
    Aus meiner Sicht ist der einzige Stromfresser zur Zeit mein alter Gefrierschrank oder auch mein alter Computer. Aber sie werden beide heiss geliebt und sind immer noch super leistungsfähig. Trotzdem müssen sie ersetzt werden. Schon bald.

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