StartseiteMagazinKolumnenMacron baut der Schweiz eine Brücke

Macron baut der Schweiz eine Brücke

Das Schauspiel «Die Schweiz und die EU – eine endlose Geschichte» kam in der letzten Arena, auf der Politbühne des Schweizer Fernsehens, wieder einmal ätzend, überlang, während beinahe 90 Minuten zur Aufführung. Petra Gössi, die ehemalige FDP-Präsidentin, hatte immerhin eine Botschaft: «Wir müssen uns in unserem Land darauf einigen, was wir wollen.» Und dann könne der Bundesrat nach Brüssel reisen und verhandeln. Und Ironie des Schicksals: Die Arena lieferte einmal mehr den Beweis, dass wir gerade zu dem noch lange nicht in der Lage sind.

Im Gegenteil: Der von Christoph Blocher berufene neue Präsident der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz AUNS (neu Pro Schweiz ab 15.Oktober), der Unternehmer Stephan Rietiker (65), hält die EU für die Schweiz nicht als besonders wichtig. Schnippisch meinte er:  «Die EU ist nicht der wichtigste Handelspartner der Schweiz». Wichtig seien die USA und China. Die Runde staunte, wie selbstgerecht der Unternehmer auf die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer herunterschaute, wie er Handelszahlen freihändig in seinem Sinne interpretierte.

Immerhin: Sanija Ameti (30), Juristin, die im Oktober 2021 das Co-Präsidium der Operation Libero übernommen hat, kennt einen Ausweg. Sie will mit ihrer Europa-Initiative, die ein Rahmenabkommen mit der EU fordert, das Stimmvolk miteinbeziehen. Sie setzte der Sendung mit ihrer nüchternen Hartnäckigkeit den Stempel auf. Für sie ist klar:  »Die Schweiz braucht zwingend ein institutionelles Rahmenabkommen. Nur ein Rahmenabkommen mache uns handlungsfähig gegenüber der EU. Die Parteien würden aber nur Blockade-Politik betreiben und Fortschritte verhindern. Sie hätten Angst um ihre Wähleranteile. Fazit: Die Schweiz ist blockiert. Die Akteure blockieren sich gegenseitig. Nur in einem sind sie sich einig: Der Bundesrat weiss nicht, was er will. Ameti will ihm Beine machen.

Und da taucht am Himmel ein Hoffnungsschimmer auf. Im Vorfeld, auch von den Medien kaum beachtet, tagten in Prag die Regierungschef von 43 Europäischen Staaten. Emmanuel Macron hatte das neue Format „Europäische Politische Gemeinschaft“ angestossen und mit der tschechischen Regierung nach Prag eingeladen. Macron erinnerte damit an seine Sorbonne-Rede vor fünf Jahren, bei der er ein Europa der zwei Geschwindigkeiten vorgeschlagen hatte: ein Kerneuropa der EU-Mitglieder und ein Grosseuropa von Partnern und Freunden. Zuerst noch ohne grosse Beachtung. Nun realisierte er den ersten Schritt. Beachtlich. Macron äusserte in Prag folgerichtig die Hoffnung auf ein Zeichen der Einheit und eine strategische Diskussion, wie es sie bisher noch nicht gegeben habe.

Mittendrin Ignazio Cassis, unser Bundespräsident, der sich pudelwohl zu fühlen schien. Einmal nicht am Katzentisch sitzen zu müssen, einmal gleichberechtigt sich unter gleichen zu bewegen, Kontakte zu knüpfen, am Rande hängige, auch bedrängende Fragen, wie das Verhältnis zur EU, besprechen zu können, ohne Protokoll. All das muss ihm gutgetan haben. Eine erste Eingliederung in ein wachsendes Europa, das sich verbreitet und das in Prag zu einem gemeinsamen Nenner kam: alle gegen Putin.

Und erstaunlich: Selbst die britische Premierministerin Liz Truss, die heute gegenüber früher nichts mit Europa am Hut haben will, war nach Prag gereist und habe dort Annäherungsversuche gestartet, wie Beobachter berichten. Und noch erstaunlicher: Auch die Regierungschefs Aserbaidschans und Armeniens, zweier Länder, die zurzeit Krieg führen, folgten der Einladung. Sie reisten dann weiter nach St. Petersburg, wo sie Putin wohl zum 70.Gebutstag gratulierten und im weiten Kreis der noch Russland-Getreuen am grossen Tisch Putin berichteten, wie die «Europäische Politische Gemeinschaft» auf die «militärische Sonderaktion», auf Putins Angriffskrieg in die Ukraine reagiert: mit grosser Geschlossenheit und Entschlossenheit. Und die Schweiz? Am Rande mit dabei. Dank Macron.

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1 Kommentar

  1. Wahrlich ein Lichtblick und Hoffnungsschimmer, diese von Staatspräsident Macron und der tschechischen Regierung ermöglichte Zusammenkunft europäischer Staaten. Immerhin ein Anfang miteinander ins Gespräch zu kommen, und den Willen eines starken Europa zu demonstrieren und in die Welt zu tragen. Das treffende Wortspiel des «Katzentischs», an dem die Schweiz, in der Person unseres Bundespräsidenten Cassis, einmal nicht sitzen musste, sondern den Anschein eines gleichwertigen und gutgelaunten Gesprächspartners machte, hat wohl noch viele Schweizer*innen gefreut.

    Eine Sendung, wie die Arena auf SRF1, ist für mich schon lange ein Ärgernis. Wenn der Moderator die Sendung beginnt mit: «Stellen wir uns die EU als WG vor und die Schweiz hat dort ein Zimmer», wie kann man den Ernst dieses schwierigen Verhältnisses Schweiz-Europa noch erkennen?
    Das Format Arena macht seinem Namen alle Ehre. Hier wird nicht in erster Linie informiert, um sich als Zuschauer*in eine Meinung zu bilden, wie die Macher*innen dieser Sendung dies gerne betonen. Hier gilt das Motto: Pro und Kontra, mit allen erlaubten Mitteln. Wie in einer Boulevardinszenierung warten doch die meisten Zuschauer*innen nur darauf, dass die eingeladenen Gäste sich verbal den Schädel einschlagen. Der Eindruck und die Botschaft am Schluss der Sendung bleibt bei mir immer gleich: Die meiste Aufmerksamkeit bekommt derjenige, der seine Meinung und Behauptungen am lautesten und möglichst medienwirksam dem «Gegner» um die Ohren hauen konnte. Nur, dass durch die vorwiegend humorlosen und nicht Konsens geneigten Protagonistinnen und Protagonisten, einem das Interesse und die Glaubwürdigkeit für diese Sendung und das Lachen sowieso rasch abhandenkommt.

    Auch mit den eingeladenen Randfiguren habe ich oft Mühe. Entweder können sie ihre Botschaft schlecht artikulieren, was auch an den Suggestivfragen des Moderators und der kurzen Zeit, in der sie etwas sagen dürfen, liegen kann, oder sie gehen einfach im Sumpf des immerwährenden Hickhacks unter. Für mich driftet die Politsendung Arena durch ihre Machart und Moderation immer mehr ins reisserische und oberflächliche Boulevardformat ab.

    SRF1+2 macht für meine Ansprüche punkto Vielfalt und Niveau, die ich an einen öffentlich-rechtlichen und gebührenpflichtigen Fernsehsender stelle, überhaupt einen schlechten Job, insbesondere für unsere Altersgruppe. Das wiederum gäbe eine andere interessante Kolumne, zu der ich auch einiges beizutragen hätte.

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