StartseiteMagazinLebensartKölsch, Kirchen und kein Karneval

Kölsch, Kirchen und kein Karneval

Ein Besuch in Köln ist nicht nur zu Karnevalszeiten empfehlenswert. Wenn Auge und Ohr nicht vom närrischen Treiben abgelenkt sind, entdeckt man mehr vom Charakter der Stadt.

«Typisch Kölsch» – das hört die Besucherin oft in Köln. «Kölsch» bezeichnet den Dialekt der Kölner, der durchaus eigenständig ist, viele Ausdrücke kennt, die es im Hochdeutschen nicht gibt. Vor allem die Intonation gefällt mir, ein fröhlicher Singsang, wobei nicht sicher ist, ob die Kölner diese Bezeichnung mögen.

Ganz wichtig ist «Kölsch», das Nationalgetränk der Kölner und Kölnerinnen. Um den Dom herum findet man eine Kölsch-Kneipe neben der anderen. Ich erfahre, dass Kölsch seit dem Mittelalter gebraut wird, ein obergäriges Bier, höre ich, ohne zu begreifen, was diese Bezeichnung bedeutet. Kurz gesagt: Ein leichtes Bier, das gut schmeckt. Dazu kann man «Halver Hahn» bestellen, der mit einem Hahn nichts zu tun hat, es ist ein Käsebrötchen mit diversen kleinen Beilagen. Die Menschen in Köln mögen einen Witz, den Nicht-Kölner nicht so leicht verstehen.

Kölsch löst die Zunge und öffnet das Herz

Kölnerinnen und Kölner sind leutselig, aber besonders untereinander halten sie fest zusammen: «Man kennt sich, man hilft sich», wird dem ersten bundesdeutschen Kanzler Konrad Adenauer zugeschrieben. Kölscher Klüngel ist berühmt. Wenn man Klüngel sagt, hat das unweigerlich mit Köln zu tun, Klüngeln kann fast jeder Kölner – und ist stolz darauf.

Köln ist eine Stadt mit unzählig vielen Kirchen, katholischen Kirchen, viele davon stammen aus der Romanik. Der gotische Dom gehört zu den jüngeren Kirchenbauten, er wurde ja erst im 19.Jahrhundert fertiggestellt. Die zwölf grossen romanischen Kirchen verdienen durchaus einen Besuch. Sie zeugen von der mehr als 2000-jährigen Geschichte der Stadt. Colonia Claudia Ara Agrippinensium hiess sie in römischen Zeiten. Die Römer brachten das Christentum. Zuweilen nannte man Köln das Rom des Nordens, was auf die Bedeutung der Stadt hinweist. Die Kölner Erzbischöfe hatten nämlich ab 1028 das Recht, die Krönung des Königs in Aachen vorzunehmen. Später zählten sie zu den Kurfürsten, die den deutschen König wählten.

Der Kölner Dom, betrachtet vom Dach des Museums Ludwig (Kunst des 20. und 21. Jh.). (wenn nicht anders erwähnt: alle Fotos mp)

Zu ihren Bischöfen hatten die Kölner allerdings häufig ein gespaltenes Verhältnis. Seit dem Spätmittelalter residierten die Kölner Erzbischöfe nicht mehr in der Stadt. Im 14. Jahrhundert entwickelte sich Köln zu einer «freien» Stadt. 1475 erhob Kaiser Friedrich III. Köln offiziell zur «Freien Reichsstadt». – Auch heute noch muss der Erzbischof die Kritik der katholischen Bürger und Bürgerinnen ertragen oder wie kürzlich zurücktreten.

Selbstbewusste und listige Bürger und Bürgerinnen

Dass die Kölnerinnen und Kölner ihren Kirchenfürsten gut zuhörten, zeigt eine Anekdote, die zur Jahreswende 1946/47 spielt und heute noch bekannt ist. In seiner Silvesterpredigt hatte Kardinal Frings erwähnt, dass gewisse Umstände – grosse Not, Hunger und Kälte – die Menschen dazu zwingen könnten, Heizmaterial mitzunehmen, ohne zu bezahlen. Später sollten sie das zurückzahlen. Im zerbombten Köln wurden im damaligen eiskalten Winter deutlich mehr Kohlen gestohlen. Fringsen nannte man das und war dem Kardinal dankbar für seine Sympathie.

Das Gerhard-Richter-Fenster im Kölner Dom

Das Domkapitel, das vom Erzbischof unabhängig über die Geschicke des Doms entscheidet, hatte Gerhard Richter für die Ausgestaltung eines der im 2. Weltkrieg zerstörten Fenster verpflichtet. Als dieses aussergewöhnliche Werk, in seiner Form abstrakt, in den Farben jedoch voller Bezüge zu den alten Fenstern, im Jahre 2007 eingeweiht wurde, fand der Erzbischof, dem das Fenster zu modern war, einen Grund, die Stadt zu verlassen. Spöttisch erzählen mir die Kölner davon.

Obwohl Köln nicht als Touristenattraktion gilt, gibt es viel zu sehen. Im 2. Weltkrieg wurde die Innenstadt weitgehend zerbombt, nur wichtige Gebäude, die erwähnten romanischen Kirchen, wurden wieder hergestellt. Auf den Trümmern der spätgotischen Kirche Kolumba liess das Erzbistum Köln sein Diözesan-Museum erbauen – geplant vom Bündner Architekten Peter Zumthor. Zufällig wurde dieses Bauwerk im gleichen Jahr eröffnet, in dem das Richter-Fenster im Dom vollendet war: 2007.

Das Kolumba-Museum, ein Kunstmuseum, das seit dem 19. Jahrhundert besteht, besitzt viele hochkarätige alte und neuere Werke. Zumthors Absicht war es, den Bau und die Kunstwerke in Beziehung zu setzen. Die Betrachtenden bilden den dritten Pol dieser Beziehung.

Schweizer in Köln und seiner Umgebung

Ein Ausflug führt uns zu einem besonderen Ort ausserhalb der Stadt, zu einem weiteren Bau von Peter Zumthor. Wir fahren eine gute halbe Stunde in Richtung Südwest in die Nordeifel, parken auf einem ungewöhnlich grossen Platz in ländlicher Umgebung und folgen dem Wegweiser «Bruder-Klaus-Feldkapelle». Ein 12m hoher Klotz – oder ist es ein Turm – auf einem sanften grünen Hügel ist unser Ziel.

Bruder-Klaus-Büste in der Feldkapelle, geschaffen vom Bildhauer Hans Josephsohn, der einen grossen Teil seines Lebens in der Schweiz verbrachte

Wie kommt Bruder Klaus von Flüeli-Ranft in diese scheinbar fremde Gegend, frage ich mich. Das Bauernpaar, die Besitzer des Landes, wollten aus Dankbarkeit für ihr erfülltes Leben eine Kapelle stiften. Durch die katholische Landjugendbewegung, der sie angehörten, waren sie mit Bruder Klaus bekannt geworden, denn dieser wurde dort als Schutzpatron besonders verehrt.

Als das Bauernpaar von Zumthors Auftrag in Köln erfuhr, wandten sich die beiden an ihn und baten ihn, nebenbei eine Kapelle für sie zu bauen. Von Peter Zumthor heisst es, dass er die Bitte rundweg ablehnte: «Sie können mich gar nicht bezahlen», soll er gesagt haben. Dann hörte er, wem die Kapelle gewidmet werden sollte. Er erinnerte sich daran, dass Bruder Klaus der Lieblingsheilige seiner Mutter gewesen war. Zumthor sagte zu, ohne ein Honorar zu verlangen.

112 Baumstämme bildeten zunächst das Innengerüst der Kapelle. Sie wurden zu einem zeltartigen Raum zusammengefügt, der mit Beton verkleidet wurde. Als das Bauwerk fertig war, köhlerten die Bauersleute und ihre Helfer die Baumstämme durch ein drei Wochen brennendes Mottfeuer aus.

Kapelle innen mit Meditationsrad

Alle vier Elemente sind damit in der Kapelle vereint. Denn durch eine Öffnung an der Spitze kann Regen eindringen und einen kleinen See auf dem speziell bearbeiteten Fußboden bilden. Nur ein Rad, Symbol für ein Meditationsbild, das Bruder Klaus sehr schätzte, und die Büste des Heiligen, geschaffen von Hans Josephsohn, schmücken den Innenraum, der durch eine grosse Zahl kleiner, von Hand geschliffener Glaskugeln Licht von aussen erhält. Ein eindrucksvoller Raum!

Blick an die Decke der Feldkapelle

Am 24. Dezember 2022 stand ich dort und fühlte mich am besten aller Orte: bei Bruder Klaus, dem Friedensstifter.

Titelbild:  Bruder-Klaus-Feldkapelle in Wachendorf / Mechernich, Luftaufnahme aus dem Jahre 2015 /commons.wikimedia.org

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2 Kommentare

  1. Danke für den spannend zu lesenden, informativen Bericht über viele Kölscher Details, die hierzulande kaum oder überhaupt noch nicht bekannt sind! Am liebsten möchte ich mich gleich in den Zug setzen und nach Köln fahren!

  2. Als halbe Kölnerin war es interessant über Köln zu lesen. Es gibt noch viele Dinge zu erwähnen, z.bsp.
    die schwarze Mutter Gottes in der Kirche St.Maria in der Kupfergasse. das Trauernde Elternpaar in den Trümmern von St.Alban (Gürzenich) das mich immer sehr berührt wenn ich sie besuche. In der Richmodis-Strasse die 2 Pferdeköpfe oben im Turm und vieles mehr. Beim Fringsen verlor meine Großmutter fünf ihrer Finger. Und in der Bruder-Klaus-Kapelle ist eine ganz besondere Stimmung und Atmosphäre, besonders wenn man das Glück hat dort alleine mal zu sitzen. Köln ist immer eine Reise wert!

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