Wörter, Sätze generieren Bilder im Kopf. Manchmal allerdings etwas abstruse. Zum Beispiel wenn jemand statt Blicke gleich Augen auf eine andere Person wirft. Auch wenn man ein Auge auf etwas haben kann, mit Augen um sich werfen, ist einfach nicht die feine Art.
Da geht es, so wird vermeldet, in einem Restaurant schon gesitteter zu: «Die Realität begrüsst den Gast bereits an der Haustüre». Da grüsst der anständige Gast natürlich zurück: «Guten Tag Herr/Frau oder sonstwer Realität.» Wenigstens stehen Weihnachten und Ostern nicht auch noch vor der Tür. Gäbe ein rechtes Gedränge.
Dafür wird im Restaurant etwas geboten, nämlich «Kulinarik auf höchster Oktave». Da stutzt selbst der kleinste Musikschüler. Werden Oktaven in der Küche gekocht oder gebacken? Oder hat der Gastrokritiker einfach auf hohem oder höchsten Niveau oder, weils ähnlich tönt, auf der höchsten Etage, also ganz nah bei den Sternen gemeint?
«So eine grosszügige Zuwendung ist mir noch nie entgegengekommen», wird berichtet. Ja, es ist ein Entgegenkommen, wenn jemand bei der Schuldensanierung hilft. Aber das Geld, das kommt einem trotzdem nicht entgegen, das erhält man, wird davon überrascht oder ist, soll es denn schon kommen, einem untergekommen.
Wechseln wir zur Politik: Eine Partei wird eingebremst, heisst es im Kommentar. Einbremsen? Ausbremsen gibt es. Auf der Autobahn, bei einem Schikanestopp. Und was heisst das nun in der Politik? Wahrscheinlich gar nichts, nur so ein bisschen Kaffeesatzlesen. «Die Redaktion schlammt», heisst da ganz schnell der Vorwurf. Das Wort «schlammt» hat es mir angetan. Nicht, weil es ein schlampiger Text ist, aber wegen einer Anekdote: Mein Vater war an der Beerdigung eines Vereinskameraden. Traditionsgemäss wurde über dem offenen Grab die Vereinsfahne geschwenkt, begleitet von den getragenen Worten des Vereinspräsidenten, der vor der Abdankung bereits etwas viel «Gedenkwein» konsumiert hatte: «Und nun, schlammere sunft!»
Aber zurück zur Politik: Im Zürcher Regierungsrat konnte am Sonntag gefeiert werden: «Allen Gewählten wurden Blumenkränze verteilt.» Schade nur, dass die Pressefotografen diesen besonderen Augenblick versäumt hatten. Politikerinnen und Politiker bekränzt mit Blüten. Wie in Hawaii bei einem Touristenempfang! In der Zeitung waren deshalb die erfolgreichen Regierungsmitglieder nur mit simplen Blumensträussen in den Händen abgebildet.
Eine Trouvaille, die mein treuer Solothurner Leser gefunden hat, machte mir doch ziemliches Kopfzerbrechen. «Brot ist unter dem Strich ein gesundes Nahrungsmittel – wenn man es in Massen geniesst.» «Da habe ich doch meine Zweifel. Wenn ich Brot mit Mass geniesse, dann stimmt das wohl. Aber in Massen? Wohl eher nicht!» schreibt er dazu. Lieber Thomas (ich sage jetzt einfach mal so): Man muss den Satz laut lesen. In der Schweiz fehlt das ß, das Eszett oder Doppel-S, das im Hochdeutschen die Schärfung anzeigt. Das heisst, man kann Brot wirklich in Massen essen, mit langem «a», also massvoll oder eben mit Mass. Wer Brot in Massen ist, mit kurzem «a» und scharfem «ss», ja, der lebt wirklich nicht sehr gesund. Haben Du und ich doch wieder etwas gelernt!