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Zu Besuch bei Vreni Inäbnit-Josi

Vreni Inäbnit-Josi ist vor 55 Jahren aus Adelboden weggezogen. Mit dem Bergdorf blieb sie über all die Jahrzehnte emotional verbunden, entwickelte aber auch einen kritischen Geist, den sie im Gespräch mit Seniorweb erläuterte.

Das Gartentor zu ihrer Liegenschaft auf dem Berner Veielihubel steht – einem Symbol gleich – sperrangelweit offen. Als Besucher fühlt man sich in dem schmucken Einfamilienhaus sofort wohl: Das Esszimmer hell, pastellfarbene Stühle, eine rosarote Vase, an der Wand ein grosses gelbes Gemälde, ein goldumrandeter Spiegel. Das Wohnzimmer daneben ist nicht weniger heimelig eingerichtet: rotes Sofa mit gelber Decke, rotblauer Teppich, Stehlampen links und rechts, aus dem Garten dringt warmes Frühlingslicht in die Stube.

Die Therapeutin steht Menschen bei, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden.

Aufgewachsen ist Vreni Inäbnit zusammen mit sieben Geschwistern im «Bunderle». Der Vater baute Häuser, die Mutter besorgte mit den Kindern einen Selbstversorgungsbetrieb. Die Eltern schauten, dass alle Kinder einen guten Beruf erlernen konnten: Baumeister, Krankenschwester/ Entwicklungshelferin, Polizist, Zollbeamter, Verkäuferin, Sekundarlehrer/ Bergführer, Geschäftsmann. Vreni wäre gerne Buchhändlerin geworden, doch der Vater riet ihr zu einem Beruf mit einem besseren Lohn.

So machte sie eine KV-Lehre im Tourismus, heiratete, ihr wurden zwei Söhne geschenkt und arbeitete bis 35-jährig in der Reisebürobranche und im Tourismusverband, wo sie einen interessanten Einblick in die Fremdenverkehrspolitik erhielt. Dort kam sie in Kontakt mit Pressearbeit. Hierauf durfte sie bei Lukas Hartmann eine Ausbildung in Radiojournalismus absolvieren und als freie Mitarbeiterin bei der «Carte Blanche» Sendungen zu sozialpolitischen Themen erarbeiten.

Veränderung mit Folgen

Nach einem Bruch in ihrer Familie wünschte sie sich einen Berufswechsel. Sie wollte den Menschen auf einer tieferen Ebene begegnen. So absolvierte sie Ausbildungen als Erwachsenenbildnerin, Körper- und Paartherapeutin. Hierauf arbeitete sie während elf Jahren in einer Kirchgemeinde. Dort organisierte sie Kulturprojekte und engagierte sich intensiv für Menschen, die in der Kirche sonst keinen Platz finden, ja für diejenigen, die es in unserer Gesellschaft nicht leicht haben.

Ihr Herzblut jedoch gehörte den Flüchtlingen – dies war für sie eine menschlich sehr anspruchsvolle, aber unglaublich reiche Erfahrung. Es liegt auf der Hand, dass sie sich da politisch auf einem heiklen Parkett bewegte.  Aus diesem Grund kam es erneut zu einem Bruch: keine schöne Erfahrung. Mit 50 war die geborene Adelbodnerin plötzlich arbeitslos und entschloss sich zu einer weiteren Neuorientierung. «Ich spürte in mir ein inneres Feuer, besass einen guten Zugang zu Menschen und hatte ein Haus, also machte ich mich selbständig  und baute meine heutige <Praxis für Persönlichkeitsbildung> auf.»

In Gesprächen lernen ihre Klientinnen und Klienten, auf die innere Stimme zu hören und ganz sich selber zu sein.

Die beiden Söhne waren inzwischen erwachsen, die therapeutischen Ausbildungen abgeschlossen. In der Wirtschaft gab sie in den folgenden Jahre Seminare für Pensionierungsvorbereitung, Rhetorik-Kurse, machte Bewegungs- und Paartherapien, Mediationen und hielt zu unterschiedlichen Themen Referate. Zahlreiche Gemeinden sowie grosse, mittelgrosse und kleinere Firmen gehörten zu ihren Kunden. Inzwischen verfügt sie über ein breites berufliches Netzwerk, das sie auch mit über 70 noch nutzt. Heute steht sie Menschen bei, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden, dazu gehören auch jene mit körperlichen oder seelischen Gebrechen.

Ganzheitliche Therapien

Vreni Inäbnit legt bei ihren Beratungen Wert auf einen ganzheitlichen Ansatz von Körper, Seele und Geist. Die Sinnfrage steht im Zentrum ihrer Kontakte. In einem liebevollen Klima erfahren ihre Klientinnen und Klienten, dass sie einzigartig und wertvoll sind, nur so können sie ihr ganzes Potenzial ausschöpfen. In Gesprächen lernen diese, auf die innere Stimme zu hören und ganz sich selber sein. Freischaffend zu sein, birgt ja immer ein gewisses Risiko. Trotz Bedenken aus ihrem Bekanntenkreis hat sie sich vertrauensvoll auf den Weg gemacht und bis heute diesen Schritt nie bereut.  «Ich bin ein dankbarer, kein berechnender Mensch. Ich arbeite mit dem Herzen, das Geld spielt eine untergeordnete Rolle.»

In den letzten 25 Jahren hat die Oberländerin das getan, was sie am liebsten tut: Ganz für ihre Klientinnen und Klienten da zu sein, ja die Perlen aus ihnen herauszuholen.

Jede Woche besucht Vreni Inäbnit ihre Schwester in der «Stiftung Lohner», im Adelbodner Altersheim. Zu Hause und im Unterland spricht sie «Adelbodnerdüütsch». Die Entwicklung ihres Tals verfolgt sie mit grossem Respekt, aber auch mit Skepsis. Denn im Herzen ist sie – trotz der Auswanderung vor 55 Jahren – eine «Hiesige» geblieben.

Titelbild: Vreni Inäbnit-Josi in ihrem Wohnzimmer: «Ich bin ein dankbarer, kein berechnender Mensch. Ich arbeite mit dem Herzen, das Geld spielt eine untergeordnete Rolle.» Alle Fotos © PS

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3 Kommentare

  1. Ja das Vreni – eine enorm energievolle Frau! Politisch engagiert war sie auch noch, nämlich als SP-Vertreterin im Berner Stadtparlament. Und ja, sie spricht Adelbodetütsch (nicht «Adelbodnerdüütsch», wie du, lieber Autor Peter, in eher zürcherischer Phonetik geschrieben hast) …

  2. Als ich als Flüchtling in der Schweiz gekommen bin ,kann ich mich gut daran erinnern, dass Vreni Inäbnit uns viel geholfen hat. Sie war für alle Flüchtlinge mit Herz und Seele immer da. Nach 25 Jahren ist sie die gleiche geblieben. Liebe Vreni danke von ganzen Herzen.

  3. Als ich als Flüchtling in der Schweiz gekommen bin ,kann ich mich gut daran erinnern, dass Vreni Inäbnit uns viel geholfen hat. Sie war für alle Flüchtlinge mit Herz und Seele immer da. Nach 25 Jahren ist sie die gleiche geblieben. Liebe Vreni danke von ganzen Herzen.

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