StartseiteMagazinLebensartWeltfrömmigkeit - ein hochaktueller Essay

Weltfrömmigkeit – ein hochaktueller Essay

Als Kind hat er die Erde gerochen, «ich habe sie unter den nackten Füssen gespürt und sie in ihrer unendlichen Vielfalt als beherbergend  erlebt». Im Lehrerseminar entdeckte er die verstaubte «Gesamtausgabe letzter Hand» von Goethes Werken und «ich kann aus Faust immer noch zitieren». Im Studium lernte er den philosophierenden Psychologen Hans Kunz kennen. Und als er vor Jahren die wunderbare Schrift «Über den Sinn und die Grenzen des psychologischen Erkennens» wieder las, «wurde mir wieder bewusst, dass Kunz mein Denken stark beeinflusst hat». Er wurde Vater, Lehrer, Politiker und Schriftsteller. «Ich lernte Menschen kennen und erfuhr durch das eigene Schicksal, wie ambivalent das Leben ist.» Was er als katholisch getaufter Knabe und als Ministrant mitbekommen habe, «hat sich im Leben durch beständiges Reflektieren, mit intensiver Lektüre und mit Gesprächen verändert und wird als Essenz zusammengefasst und der Leserin und dem Leser vorgelegt».

Vorgelegt in seinem eben erschienenen Buch «Weltfrömmigkeit. Gut ist zu leben»*. Die Rede ist von unserem feinsinnigen Kolumnisten, von dem wir immer wieder lesen dürfen, von dem wir immer wieder zum Nachdenken angeregt werden, der uns immer wieder zum Reflektieren über uns selbst Anlass zu geben vermag,

Die Rede ist von Andreas Iten (87), von einem überaus wachen, urliberalen Geist aus der Innerschweiz, genauer aus dem Kanton Zug. Aus dem wunderlichen Staatswesen, das aktuell immer wieder in den Brennpunkt der Kritik gerät: zu reich, zu abgehoben.

Anders Andreas Iten, er hat hinter sich ein pralles politisches Leben als Zuger Regierungsrat, als ein Meister der «Chambre de Reflexion« wie damals der Ständerat noch bezeichnet werden konnte, als er als prägender Standesherr das liberale Gewissen in der kleinen Kammer war. Von der «Chambre de Reflexion» wird zwar noch geredet, doch den Ruf hat sie längst verloren. Denn der Geist eines Andreas Iten ist unter der Bundeshaus-Kuppel nicht mehr auszumachen. Umso verdienstvoller sein Essay in fünf Abschnitten, zu einem Zeitpunkt, an dem politisch so viel durcheinandergerät.

Er bezeichnet den Titel seines Buches «Weltfrömmigkeit» als nicht gerade aus der Zeit zu fallen, so doch als etwas «veraltet», und er scheine «eine religiöse Komponente» zu enthalten. Dem Wort fromm würden viele Bedeutungen zugewiesen wie brav, tüchtig, tapfer, nützlich, ordentlich, ehrlich. Der Weltfromme ist für Iten ein rechtschaffender Mensch, dem bewusst ist, dass die Erde die Grundlage seines Lebens ist. Andreas Iten, der Grüne.

Er folgert: «Der Sinn des Lebens ist dem Menschen nicht gegeben, er ist ihm nicht einfach eingehaucht wie den Tieren und den Pflanzen». Er müsse sich selbst um ihn bemühen. Schaffe der Mensch etwas, was auch für andere von Bedeutung sei, werde es als sinnvoll anerkannt. «Ist der Mensch mit der Erde verbunden, beruht seine Weltfrömmigkeit auf der Gegenseitigkeit von Geben und Nehmen».

Der Mensch, der die Erde beschaulich betrachte, werde den Eros erkennen, der in ihr wirkt. Und zugleich werde der Mensch, der Weltfromme begreifen lernen, dass er in seiner Welt dem Amor fati, dem Liebesschicksal unterworfen ist. Er soll lieben, weil dies fürs Leben notwendig sei, schliesst Andreas Iten seinen Essay-Band. Lesenswert.

Andreas Iten: Weltfrömmigkeit. Gut ist zu leben. Essay in fünf Abschnitten, BUCHER Verlag, ISBN: 978-3-99018-667-1

 

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2 Kommentare

  1. Lieber Toni
    Es freut mich, dass du in einer Kolumne das neue Buch von Andreas Iten gewürdigt hast. Ich teile deine Begeisterung für Andreas, den ich seit meiner Jugend kenne, während sechzig Jahren zwar den Kontakt etwas verloren habe und jetzt im Alter zu ihm zurückgefunden habe.

    Lieber Andreas
    Gerne möchte ich kurz und mit der gleichen Begeisterung wie Toni auf zwei weitere Büchlein von dir hinweisen: «Terrasophie. Plädoyer für ein sinnliches Naturverständnis»: für mich ein zukunftsweisendes, radikales Werk, vielleicht nicht immer leicht zu lesen, es jedoch dreimal gelesen zu haben, lohnte sich für mich. Und wer deine Persönlichkeit und dein poetisches Universum in Gedichtform kennenlernen möchte, wird bei der Lektüre deines Bändchens «Barfuss» reich beschenkt mit Lebensweisheit und Weltverständnis.

    Herzlichen Dank für jede deiner Zeilen.
    In Freundschaft
    Hanspeter

  2. Herr Andreas Iten hat auch mich beeindruckt. Als ich im Januar 2022 das seniorweb entdeckte, las ich auch die Kolumnen von Herrn Iten. Je nach gewähltem Thema forderten sie meinen Widerstand heraus und ich musste meine Kommentare abgeben. In der Folge staunte ich nicht schlecht, als mir Herr Iten mit E-Mails ganz privat antwortete und sich bemühte, auf meine Sicht und Argumente einzugehen und andererseits in seiner Sprache und seinem Verständnis dem Thema gerecht zu werden. Ich wurde zu Weihnachten sogar beschenkt mit einem seiner Bücher und er schrieb mir einmal, dass er gerne mit mir fighte, wie er es nannte.

    Für mich ist Andreas Iten, trotz der gedanklichen und sprachlichen Welten zwischen uns, ein Vorbild als einfühlsamer, für andere Sichtweisen offener Denker. Ich wünsche ihm nur das Beste und viel Erfolg mit dem neuen Buch. Bei diesem Titel käme mir noch so einiges Widerständiges in den Sinn….

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