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Kunst machen für die Nachwelt

Das Museum Haus Konstruktiv widmet der japanischen Künstlerin Chiharu Shiota eine Einzelausstellung «Eye to Eye», auch mit einer raumumfassenden Fadeninstallation.

Chiharu Shiota (*1972) ist bekannt für ihre poetisch anmutenden, sich im Raum ausbreitenden, dicht verwobenen Fadeninstallationen. So tritt die Besucherin gleich zu Beginn in ein Gehänge von blutroten Seilen, darin unregelmässig eingeknüpft unzählige gebrauchte Brillen, die die Künstlerin im Laufe der Zeit gesammelt hat. Schmale Gassen führen durch das Innere des Fadenwalds.

Installationsansicht «Eye to Eye», 2023. Das riesige Fadengebilde strahlt grosse Ruhe aus, die eingeknüpften Brillen lassen an die Menschen denken, denen diese einmal gehörten. Foto: Stefan Altenburger ©2023, ProLitteris, Zürich.

Die Künstlerin greift in ihren Installationen gerne auf gebrauchte Gegenstände wie etwa die Brillen zurück und lässt so die Energie der ehemaligen Besitzer und Besitzerinnen wirken. Dieses Konzept der Anwesenheit des Abwesenden zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Oeuvre. Den Zugang zum Werk selbst überlässt sie dem Publikum und meint, wenngleich die Wahrnehmungen unterschiedlich ausfallen, sind doch «die Gefühle, die wir haben, universell.»

Chiharu Shiota (*1972 in Osaka) studierte in Kyoto und Deutschland Kunst und lebt heute in Berlin. Sie bezeichnet ihre raumgreifenden Installationen als Akt der Befreiung von der Einengung durch Papier und Leinwand. Neben Installationen, skulpturalen Objekten, Zeichnungen und Malerei schafft sie auch Theater- und Opernbilder. Foto: © René + Elisabeth Bühler.

Verschiedene Arbeiten zeugen von Shiotas Beschäftigung mit existentiellen Fragen, dem Leben, dem Tod und «allem, was dazwischen liegt». Nachdem sie zum zweiten Mal mit der Krankheit Krebs konfrontiert war, verspürte sie den Wunsch, Arbeiten aus beständigen Materialien für die Nachwelt anzufertigen.

Installationsansicht «Out of My Body», 2020. Foto: Stefan Altenburger ©2023, ProLitteris, Zürich.

Die an der Decke fixierte Installation Out of My Body besteht aus Teilen von Rinds- und Ziegenleder, die auf unterschiedlicher Höhe im Raum schweben. Darunter stehen auf dem Boden Füsse aus Bronze, es sind Abgüsse der Füsse der Künstlerin selbst. Dazu schreibt sie: «Meine Fadeninstallationen werden für gewöhnlich nach der Ausstellung entsorgt, sie existieren nur in der Erinnerung. Als ich mit dem Tod konfrontiert war, wollte ich mit Materialien arbeiten, die auch dann noch existieren würden, wenn mein Körper längst tot ist.»

Cell, 2022, mixed media.

Chiharu Shiota versteht den Tod nicht als Endpunkt, sondern als Moment der Metamorphose hin zu einem veränderten Zustand. In mit Draht umwickelten Objekten aus Glas, den Cells, sieht sie Organe als Sinnbild für den physischen Stress, den ihr Körper während der Chemotherapie durchmachte und schreibt dazu: «Das Glas ist so zerbrechlich, aber gleichzeitig so beständig, dass es in eine neue Form gebracht werden kann. Alte Zellen sterben und neue Zellen entstehen.»

Ausschnitt aus «State of Being (Books)», 2022, Metallrahmen, Bücher, Faden.

Zwei Glaskästen, ein roter und ein schwarzer, heissen State of Being (Books) und State of Being (Dress). Im einen sind Teile eines auf dem Flohmarkt erworbenen Buches mit roten Fäden umsponnen, im anderen befindet sich ein getragenes weisses Kinderkleid, umflochten mit schwarzem Faden. In Kleidern sieht die Künstlerin eine «zweite Haut», die einen Übergang zwischen dem Inneren und dem Äusseren, zwischen dem Menschen und dem Universum bildet. In der Farbe Schwarz erkennt sie Tiefe, den Nachthimmel oder den Urknall, aus dem das Universum hervorgegangen ist.

«Connected to the Universe»,
2023, Serie von Zeichnungen in wasserlöslicher Wachspastellkreide, Tinte und Faden auf Papier.

Mit dem Universum verbindet Shiota die Menschen auch auf den Zeichnungen Connected to the Universe. Alle Bilder präsentieren verschieden grosse, zellenartige oder wolkige Gebilde, gemalt mit wasserlöslicher Wachskreide auf Papier in Rot, Blau oder Schwarz. Diese Bildwelten sind mit winzigen schwarzen Figuren auf Nabelhöhe durch rote eingearbeitete Fäden verbunden. «Ich frage mich oft, wie mein Körper mit dem Universum verbunden ist. Wohin geht mein Bewusstsein, wenn mein Körper nicht mehr da ist?». Fragen der Künstlerin, die durch ihr Schaffen zu eigenen Antworten findet, denn «meine Gefühle zu erklären, ist oft schwierig, deshalb muss ich Kunst machen.»

Titelbild: Ausstellungsansicht, Fotos: rv, wenn nicht anders bezeichnet

Bis 10. September
«Chiharu Shiota, Eye to Eye» im Museum Haus Konstruktiv, Zürich

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