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Vergnüglich vegetarisch

Ingrid Noll, die deutsche Krimikönigin, stellt sich in ihrem neusten Roman in eine Restaurantküche – und lässt kein Blut fliessen. Wie auch. Der einstige «Hirschen» wurde unter der Leitung der Köchin Irma zum vegetarischen Hotspot. Aber turbulent geht es zu, in diesem kleinen Kosmos rund um die Herdplatten.

Es ist eine Welt für sich, diese «Aubergine», in der die Auberge, die französische Gaststätte, wohl mitgemeint ist, aber mehr noch der Verweis auf die glänzende Eierfrucht, die die Köchin Irma in vielerlei Varianten auf den Tisch bringt. Irma ist die Aubergine, ganz in weite dunkelviolette Kittel gehüllt und mit einer grünblättrigen Haube mit Stiel auf dem Kopf. Sie ist Leib – ziemlich umfangreich – und Seele des Betriebs.

Ziemlich rund und dunkelviolett, das ist die Aubergine. Und so sieht sich auch die Köchin Irma.

Unterstützt wird sie von einer bunt gemischten Truppe. Josch, der Lebenskünstler und Lebemann, Kellner, Buchhalter und Organisator in einem, der nichts anbrennen lässt. In der Küche nicht, wo er gar nichts zu suchen hat und im Privaten schon gar nicht, obwohl er jeweils nur am Montag einen freien Tag hat.

Eine bunte Küchenwelt

Dann wäre da noch Irmas Freundin aus der Kindergartenzeit, Nicole. Nicht die hellste Kerze auf der Torte, etwas «assi», wie es die rothaarige Lucy ausdrückt. Josch sagt dazu «intellektuell unterzuckert». Nicole ist Irmas rechte Hand und sucht einen Mann. Bei Josch landete sie leider nur kurz.

Ja, und die Lucy. Siebzehn Jahre alt, aus gutbürgerlichem Haus und Schulverweigerin, frech und vorlaut und fast immer gut gelaunt. Irma mag sie – Ingrid Noll offensichtlich auch, die Göre mit ihrem Jugendslang – und Josch mag sie auch. Also dieser eigentlich etwas zu sehr.

Irmas Kochkünste sind beliebt und gefragt. (Bider pixabay)

Aber zuerst zum Rest der Belegschaft. Das übrige Küchenpersonal wird nur kurz erwähnt, ausser dem alten Mann – emeritierter Professor! –, der, statt einsam in seinem Haus zu sitzen, bei Irma Gemüse rüstet. Dass die ganze Belegschaft ihn als schwerhörig und vertrottelt abtut, stört ihn nicht. Ganz im Gegenteil.

Zumal auch alle andern ihre Wünsche und Sehnsüchte und ihre kleinen Geheimnisse haben und mehr oder weniger bösartige Intrigen spinnen. Und mit heimlich verzehrten Rostbratwürsten und anderen fleischlichen Genüssen Irmas vegetarische Passion ab und zu etwas unterlaufen.

Und dann knallt es

Es ist denn auch dieser fleischliche Genuss – nein, nicht der auf dem Teller –, der für ziemliche laute Störgeräusche sorgt. Josch und Lucy werden Knall auf Fall entlassen – und Irma verlobt sich mit dem über 80 Jahre alten Gemüsemann mit Doktortitel. Der ihr, heimlich in sie verliebt, ganz unbemerkt bereits sein Haus überschrieben hat.

Was an der ganzen Story bezaubert, ist Nolls Affinität zur Sprache. In jedem Kapitel meldet sich ein anderes Mitglied der Küchenmannschaft zu Wort, von der «nudeldicken Dirn» zum «spannenlangen Hansel» bis zur «Kichererbse» Lucy.

Und alle sprechen ihr persönliches Idiom. Irma ist die sachliche, die aber, wenn sie ausrastet, recht austeilen kann. Und im Innern sehr verletzlich ist. Josch, der «Studierte», der das die andern auch spüren lässt und Lucys «Denglisch» gerne korrigiert. Nur, um seinerseits der etwas beschränkten Nicole Sätze wie «Now we have the salad» oder «Tomorrow together» beizubringen. Und Lucy mit ihrem Teenieslang – «Das ist zwar basically ein guter Spirit, aber ein paar Worte mehr hätten eher gematcht.» – ist einfach «crazy».

Und wo ist jetzt der Krimi, der Mord, die Täter? Sorry, um mit Lucy zu sprechen, aber über Küchengeheimnisse spricht man nicht. «I wish you what».

Ingrid Noll: «Gruss aus der Küche». Diogenes Verlag 2024.

 

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1 Kommentar

  1. Klingt sehr verlockend und für einmal ohne heimtückisches morden, dafür mit vielen Charakterdarstellungen. Das gefällt mir, danke für den Tipp!

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