Es ist grauenhaft. Es erschauert mich jeden Tag. Keine Tageschau ohne diese Kriegsbilder des Schreckens aus der Ukraine. Und ein Ende dieses Krieges ist nicht abzusehen. Er eskaliert. Die Kriegsberichterstattung, die Berichte über den Nato-Gipfel im litauischen Vilnius verkommen zunehmend zu sportähnlichen Artikeln und Pseudoanalysen über Sieg und Niederlage: «Putin ist der Sieger» des Nato-Gipfels, titelte beispielsweise der «Blick».
Offensichtlich und sichtbar ist der Terror Putins gegen die Zivilbevölkerung und ihre Infrastruktur. Nur in Ansätzen ist und wird sichtbar, was an der Front geschieht, wie Soldaten hüben und drüben sterben, tagtäglich. Die Ukrainer in den Minenfeldern und durch den Beschuss aus der Luft der überlegenen Flugwaffe der Russen. Die Russen unter dem Gegenangriffsdruck der hochmotivierten Ukrainer.
Der Krieg tobt, beinahe abgeschottet von der Weltöffentlichkeit. Es sind die gut informierten Geheimdienste der USA und Grossbritanniens, welche mehr wissen, es auch öffentlich machen, wenn es der Ukraine und den beiden Ländern dient. Doch das entsetzliche Grauen bleibt uns leider oder Gott sei Dank erspart. Sowohl die ukrainische als auch die russische Armee sind nicht daran interessiert, über die Gefallenen zu berichten, die Zahl der getöteten Soldaten bekannt zu geben. Überhaupt, ihnen beim grauenhaften Kampf zuzusehen. Zu sehr würde sich daraus ein Bild ergeben, wer nun am Siegen oder am Verlieren ist. Aber uns könnten die grauenhaften Bilder in unserer behaglichen Situation vor dem Fernsehschirm aufrütteln, könnte die beinah zynische Beharrlichkeit des Bundesrates, der Ukraine die eingemotteten Panzer Leo 1 zu verweigern, aufgrund des öffentlichen Drucks der Bevölkerung aufzuweichen beginnen.
Unbestritten: Die Ukraine kämpft auch für Europa, und siehe da, auch für die Schweiz. Der Nato-Gipfel in Vilnius machte es deutlich, das westliche Verteidigungsbündnis, die Nato, will die Ukraine im Kampf unterstützen, will sich aber keinesfalls direkt am Krieg beteiligen; kein Nato-Soldat darf ukrainischen Boden betreten. Die Ukraine wird erst – zwar vereinfacht – nach dem Krieg Nato-Mitglied werden und so nach Artikel 5 im Bündnis-Fall von der Nato mit Waffengewalt direkt, auch auf dem ukrainischen Boden, geschützt werden. Schon jetzt könnte die Nato eingreifen, die russische Armee in die Knie zwingen; sie ist ihr technologisch weit überlegen, was der aktuelle Kriegsverlauf beweist.
Eines schützt Putin: seine atomare Bewaffnung, die Atombombe. 6000 atomare Sprengkörper soll er in seinem Waffenarsenal haben. Interessant sind zwei Punkte: Einmal hat er in der letzten Zeit nicht mehr mit der Atomkeule gedroht; die Chinesen halten ihn im Zaum. Und zweitens: Unter den Generälen in seiner Riesenarmee rumorts. Wenn die ukrainische Armee durchhält, wenn sie nachhaltig mit den entscheidenden Waffen (Kampflugzeugen, Langstreckenraketen, Artilleriemuntion) reichlich und rechtzeitig versorgt wird, könnte möglich werden, was wir so sehnlichst wünschen: dass Putin zu Friedensverhandlungen bereit ist.
Ja Herr Schaller, die Bilder und Kommentare des Krieges in der Ukraine und auch anderswo sind kaum auszuhalten. Die Frage, warum Männer weltweit zur Bewältigung von Konflikten, sei es im eigenen Land, innerhalb der Familie oder einfach nur um das eigene Ego durchzusetzen und Macht über andere zu erhalten, den destruktiven und für alle schmerzhaften Weg des Krieges und der brutalen Gewalt und Zerstörung wählen.
Man(n) sollte meinen in der heutigen aufgeklärten Zeit, gäbe es effizientere und klügere Vorgehensweisen und Mittel, gemeinsam ein Ziel zu erreichen. Wo bleiben die Erkenntnisse aus vergangenen, für die Menschheit oft sehr schmerzhaften und prägenden Epochen? Wieso wird der Appell an die Vernunft so selten gehört und ernst genommen? Ich frage mich ernsthaft, ist der Intellekt des heutigen Homo sapiens ein Rohrkrepierer, der sich am Ende selbst zerstört?