Das Postgesetz und die Postverordnung legen fest, was zur Grundversorgung gehört und welche quantitativen und qualitativen Anforderungen dabei zu erfüllen sind. Die zur Grundversorgung gehörenden Zahlungsverkehrsdienstleistungen muss die Post allen natürlichen und juristischen Personen mit Sitz in der Schweiz anbieten. PostFinance als 100%-Tochtergesellschaft der Schweizerischen Post nimmt den gesetzlichen Grundversorgungsauftrag im Bereich des Zahlungsverkehrs korrekt wahr. Gemäss Postorganisationsgesetz (POG) darf PostFinance jedoch keine Kredite und Hypotheken an Dritte vergeben. Die Schweizerische Post AG ist eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft. Unter ihrem Dach werden die strategischen Konzerngesellschaften Post CH AG, PostFinance AG, PostAuto AG, Post CH Kommunikation AG und Post CH Netz AG geführt. POST; POSTFinance und die POSTCars prägen seit Generationen das Bild der Schweiz.
Im Wissen um den Versorgungsauftrag von Post und PostFinance hat der Bundesrat bekanntlich am 30. Juni 2021 die Botschaft zur Änderung des Postorganisationsgesetzes zuhanden des Parlaments verabschiedet. PostFinance hätte in Zukunft ermöglicht werden sollen, selbstständig Hypotheken und Kredite an Dritte zu vergeben. Mit diesem Schritt sollen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Privatisierung von PostFinance geschaffen werden, damit der Verfassungsmässigkeit, Wettbewerbsneutralität sowie dem Föderalismus und der Finanzmarktstabilität zielorientiert Rechnung getragen würde. Hansruedi König, CEO von PostFinance, unterstrich im Juni 2022 im Rahmen eines Interviews in der NZZ: «Es geht in der politischen Diskussion um die Rahmenbedingungen für PostFinance. Den Auftrag der Grundversorgung im Zahlungsverkehr erfüllen wir gerne. Aber das Kreditverbot und die Grundversorgung verunmöglichen es, eine branchenübliche Rendite zu erwirtschaften.»
Ende September 2022 scheiterte schlussendlich die PostFinance-Privatisierung. Nach dem Ständerat ist letztlich auch der Nationalrat auf die Vorlage des Bundesrates nicht eingetreten. Die Räte wollten zuerst geklärt haben, wie die Grundversorgung der Post künftig aussehen soll und inwiefern Privatisierungsschritte verfassungsmässig wären. Die Räte waren sich zwar der Herausforderungen bewusst, mit denen Post und PostFinance ihren Auftrag zu erfüllen haben. Zunächst müsse jedoch eingehend diskutiert werden, wie vor dem Hintergrund des Strukturwandels die Zukunft des Service public der Post aussehen solle. Zudem erachtet es das Parlament als ordnungspolitisch falsch, der PostFinance die Vergabe von Krediten und Hypotheken zu erlauben, solange sie indirekt im Besitz des Bundes bleibt.
Mit dem Niedergang der Crédit Suisse (CS) und dank der Unterstützung und der Garantien des Bundes hat die Schweiz nicht mehr zwei Grossbanken, hingegen in naher Zukunft nur noch eine Mega-Bank Union Bank of Switzerland (UBS). Wir nennen bewusst den englischen Namen? Obwohl das Parlament dem Bundesrat beim Verpflichtungskredit mit der «Nein-Watsche» nicht mehr als ein fahles Zeichen gegeben hat, täte es jedoch gut daran, in einem anderen Feld aktiv zu werden. Es geht um den funktionierenden Grundversorgungsauftrag. Mit den kürzlich kommunizierten Preiserhöhungen bei der Briefpost verdunkeln sich die Aussichten: Auf Seiten der Schweizerischen Post werden die Briefmengen weiter abnehmen. Die Paketpost ist unter starkem Konkurrenzdruck und kann eigentlich nicht eigenwirtschaftlich betrieben werden. Die Schalterzahlungen nehmen ebenfalls ab. Immer weniger bezahlen schlussendlich ihre Rechnungen noch am Schalter. Quersubventioniert wird dieses Faktum zu einem grossen Teil von PostFinance. Diesen Service Public gilt es doch aufrecht zu halten – ganz im Sinne einer föderalen Schweiz. Wie können wir dies erreichen?
Durch eine Stärkung von PostFinance und einem besseren Zusammenspiel aller Inlandbanken, sowohl Raiffeisenbanken als auch Kantonalbanken. Hansruedi König, CEO von PostFinance, erklärte schon im Juli 2021 gegenüber der «Aargauer Zeitung» hinsichtlich der Vorwürfe der angesprochenen Konkurrenz-Bankenwelt klar und deutlich: «PostFinance hat keine Staatsgarantie. Die wurde 2017 abgeschafft. Auch dass wir den anderen Inlandbanken im Hypothekarmarkt ein zu grosses Stück des Kuchens wegnehmen würden, ist eine Übertreibung. Der Hypothekarmarkt in der Schweiz ist über 1000 Milliarden Franken gross und wächst jährlich mit drei Prozent. Könnten wir Hypotheken anbieten, wäre unser Ziel ein Volumen von fünf Milliarden Franken pro Jahr.»
Die Frage bleibt im Raum: Wäre es nicht solidarisch und ganz im Sinne eines Schweizer Kompromisses, wenn PostFinance gemeinsam mit den Inlandbanken den Grundversorgungsauftrag im Zahlungsverkehr tragen würde? Die Neuregelung des Grundversorgungsauftrags würde das anbieten. Gestärkt werden könnte PostFinance, indem endlich das Kredit- und Hypothekarvergabeverbot von PostFinance fallen würde. Denn wer dürfte künftig den Löwenanteil des Gewinns für die Schweizerische Post bringen und dieser unter die Arme greifen? Ein Blick in die Geschäftszahlen der Post und die mittelfristigen Prognosen von PostFinance mit den steigenden Zinsen lässt dies erahnen. Noch mehr für den Service Public könnte PostFinance natürlich ohne Kredit- und Hypothekarverbot beitragen.
Wie das Parlament vor Kurzem beschlossen hat, wird nun eine parlamentarische Untersuchungskommission die «Causa CS» durchleuchten und ihre Schlüsse daraus ziehen. Wäre es also nicht ebenfalls Pflicht und Auftrag des Eidgenössischen Parlaments, den für die Schweiz wichtigen Grundversorgungsauftrag zielführend aufzugleisen?
Solange die Post dem BUND gehört, muss selbstverständlich die Grundversorgung durch die Post gewährleistet sein. In welchem Rahmen und zu welchen Bedingungen wird zur Zeit durch das Departement für Umwelt, Energie, Verkehr und Kommunikation (UVEK) geprüft. Das UVEK muss dem Bundesrat bis im Sommer 2023 einen Bericht mit den Ergebnissen und Vorschlägen zur Anpassung und zum weiteren Vorgehen unterbreiten.
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