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Warum Körper und Geist Bewegung brauchen

«Ideal sind diejenigen Fitnessübungen, die sowohl den Körper als auch den Geist einbeziehen und stärken. Nur solche Übungen können den Menschen gesund erhalten.» Das Zitat von Mahatma Gandhi steht auf der Webseite der diplomierten Vitaltrainerin Sonja Huot-Zahnd. Seniorweb fragt bei der Berner Kursleiterin nach.

Seniorweb: Dehnen? Kraft? Ausdauer? Welche Fitnessübungen sind im Alter wichtig?

Sonja Huot-Zahnd: Jede Bewegung ist wichtig. Je vielfältiger und abwechslungsreicher, desto besser. Wenn Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Koordinative Fähigkeiten und Entspannung trainiert werden, hat der ganze Körper und der Geist was davon. Wir essen ja auch nicht nur Vitamine oder Proteine oder Kohlenhydrate. So sehe ich das auch in der Bewegung. Das «Grosse Ganze» macht es aus.

Wie wichtig ist der Wechsel zwischen Spannung und Entspannung?

Meiner Meinung nach sehr wichtig. Wir können nicht ständig unter Hochspannung durch den Alltag «düsen», wir brauchen auch Phasen der Entspannung und der Entspanntheit.

Was versteht man unter Faszientraining?

Vitaltrainerin Sonja Huot-Zahnd. Foto privat

Wenn wir von Faszien sprechen, meinen wir in der Regel das kollagene Bindegewebe, das unsere Muskeln, Sehnen, Knochen, Gelenke, Organe umhüllt und sich in unserem ganzen Körper befindet. Dieses kollagene Bindegewebe, sprich unsere Faszien haben vier Grundfunktionen: sie formen, bewegen, kommunizieren und versorgen.

Beim Faszientraining geht es ums DEHNEN, FEDERN, SPÜREN UND BELEBEN der Faszien. Es geht darum, unsere Faszien «jung und elastisch» zu erhalten. Mit möglichst vielfältigen Übungs- und Bewegungsformen wie z.B. aktives und haltendes Dehnen, Federn/Hüpfen/Springen/Schwingen, Selbstmassagen mit Druck (z.B. Tennisball oder Faszienrolle) um den Flüssigkeitsaustausch, den Stoffwechsel und die Rehydration anzukurbeln und schlussendlich um unsere Körperwahrnehmung. Unsere Faszien sind unser grösstes Sinnesorgan und für das Spüren und das Körpergefühl unglaublich wichtig. Ergänzendes Stichwort Embodiment.

Faszientraining kann sehr gut als zusätzliches Training bei allen Sportarten eingebaut werden. Faszientraining hilft uns auch im Alltag, denn wenn unser Bindegewebe elastisch bleibt, bleiben wir agiler und bewegen uns leichter und schmerzfreier. Wie Robert Schleip in seinem Buch «Faszien Fitness» so treffend schreibt: «Wer sich nicht bewegt, verklebt».

Sie lehren PMR. Was versteht man darunter?

PMR, die Progressive Muskel Relaxation (nach E. Jacobson), ist eine Entspannungsmethode, die auf An- und Entspannung bestimmter, klar definierter Muskelgruppen basiert.

Die Methode beruht auf der Feststellung, dass sich Körper und Psyche wechselseitig beeinflussen und führt über das Paradoxon, dass die Entspannung besser wahrgenommen werden kann, wenn vorgängig die Muskel-Anspannung erhöht wird.

Die PMR – regelmässig durchgeführt – kann das allgemeine Wohlbefinden steigern und die Körperwahrnehmung verbessern.

Sie geben auch AROHA-Kurse? Was macht man da?

AROHA, meine «Lieblingssportart», ist für Körper, Geist und Seele! Es ist ein effizientes und unkompliziertes Ganzkörpertraining im ¾-Takt und beinhaltet spannungsvolle und entspannende Elemente. Wir festigen dabei Oberschenkel, Gesäss und Rumpf, trainieren koordinative Fähigkeiten, schwitzen, verbrennen ein paar Kalorien und haben viel Spass! AROHA ist inspiriert ist vom Kung-Fu, Tai-Chi und Haka, und die spezielle Musik macht dieses «Bewegungsprogramm» so einzigartig. Gleichzeitig können sich – quasi generationenübergreifend -Teilnehmende in jedem Alter gleichzeitig miteinander bewegen und es profitieren alle davon.

Worauf soll man als Senior oder Seniorin sonst noch achten?

Auf ausreichend Bewegung im Alltag. Das finde ich persönlich das Wichtigste und gleichzeitig das Einfachste und Schwerste. Wer sich im Alltag BEWUSST bewegt, indem er mehr Spaziergänge (z.B. 2 Stationen früher aus dem Bus aussteigen) einbaut oder Treppen steigt (statt Rolltreppen oder Lift fahren) oder Sitzpositionen verändert (statt stundenlang gleich im Sessel kleben), oder ein kleines Morgen- oder Abendritual einbaut (Dehnen/Strecken/Bewegen am Morgen, Entspannung am Abend), der bewegt sich schon viel …..einfach so….ohne ins Fitness-Zentrum oder in den Gruppenkurs zu gehen.

Dann ist ein wichtiger Faktor sicher auch die Kraft. Wenn die nachlässt, werden auch Alltags-Handlungen schwieriger. Deshalb kann ich ein regelmässiges Krafttraining für SeniorInnen nur empfehlen.

Auch kann man sich mal Gedanken über die Ernährung machen, sich überlegen, ob man sich ausgewogen und gesund ernährt, ob man die Flüssigkeitszufuhr im Griff hat.

Sonja Huot-Zahnd: «Entspannung muss in der Regel trainiert werden wie die Fitness auch.» Foto privat.

Und zu guter Letzt spielt die Psyche sicher auch eine wichtige Rolle. Wie fühle ich mich? Gestresst? Entspannt? Es ist ja oft nicht so, dass wenn der Berufsalltag wegfällt auch der Stress reduziert wird. Oft gleiten wir von einem Abschnitt in den Andern. Im ähnlichen Rhythmus, mit ähnlich viel Aufgaben, einfach andere, teils frei gewählte Verpflichtungen, teils Erwartungen, die erfüllt werden sollten, teils unbewusste Aufgaben, die man gar noch nicht hinterfragt hat. Entspannung ist somit auch im Älterwerden ein wichtiges Thema. Entspannung muss in der Regel trainiert werden wie die Fitness auch.

Welche Risiken beinhaltet das Fitnesstraining für alternde Menschen? (bsp. Herz, Rücken, Stürze?)

Gute Frage: ich denke, mit einem angepassten, moderaten, achtsamen Training in einem gesicherten Rahmen riskiert man kaum was, d.h.

  • Bei Trainingsbeginn ist je nach Allgemeinzustand vielleicht mal ein ärztlicher Check angesagt.
  • Während dem Training muss die Sicherheit gewährleistet sein (z.B. angepasste Ausrüstung, adäquate Räumlichkeiten, Lichtverhältnisse etc)
  • Die Trainingsintensität und -Dauer aufbauen, langsam steigern, damit es nicht zu Überforderungen und Verletzungen kommt. Dann werden auch Fortschritte und Erfolgserlebnisse verbucht werden können, was dann wieder der Motivation zugutekommt.
  • Die Selbstverantwortung ist sicher auch ganz wichtig. Vor-während-nach dem Training achtsam in den Körper zu fühlen, ist mir ein Anliegen. Ich möchte mich ja fordern können aber nicht überfordern. Meine Tagesform ist nicht immer gleich, so dass ich da auch selbstbestimmt das anstehende Training bestreiten will.

Alles in allem denke ich, dass das Nicht-Bewegen für die Gesundheit riskanter ist als das Bewegen.

Sie zitieren Mahatma Gandhi und plädieren dafür, auch den Geist zu trainieren. Wie geschieht das?

Mahatma Gandhi. Foto ZVG

Ich mag es, vielfältig und abwechslungsreich zu trainieren. In meine Gruppentrainings baue ich immer wieder bewusst Übungen ein, welche die koordinativen Fähigkeiten fordern, sprich Gleichgewichts-, Differenzierungs-/Anpassungs- und Reaktionsübungen-, Übungen, welche die Orientierungs- und Rhythmusfähigkeiten trainieren und schlussendlich auch die Lernfähigkeit erhalten.

Wenn wir in unseren Funktionellen Gym-Stunden u.a. all diese Fähigkeiten trainieren, dann trainieren wir auch unser Hirn und auch unseren Geist. Wir praktizieren nicht einfach stur immer die gleichen einstudierten Bewegungen, sondern bleiben flexibel, setzen sowohl unseren Körper wie auch unseren Kopf und unseren Geist ein. Auch bei den Entspannungsübungen läuft ja sehr viel über unseren «Geist». Und ja, ab und zu machen wir ja auch noch ein bisschen Brain-Gym.

Spielt es für Seniorinnen und Senioren eine Rolle, ob sie einen Fitnesskurs besuchen, in einer Männer- / Frauenriege turnen oder sich individuell in einem Fitnesscenter betätigen?

Generell würde ich sagen, nein, Hauptsache, sie bewegen sich. Ich denke, es kommt auf die Persönlichkeit an: Einer möchte vielleicht nicht bloss trainieren, sondern auch das Gesellige leben, dann ist er vermutlich eher der Vereinsmensch. Wenn jemand gerne an Geräten trainiert, ganz gezielt für sich ein (Kraft-)Training absolvieren möchte, dann wird er das vermutlich in einem Fitnesscenter machen usw.

Es wichtig – gleich wo man trainiert – dass die Leiter / Instruktoren die Fähigkeiten und Fertigkeiten der betr. Person berücksichtigen, dass die Trainingswilligen gefordert, aber nicht überfordert werden und dass ihnen das Bewegen Spass macht!

Wie kann man Fitness in den Alltag integrieren?

Ach, da gibt’s ja tausend Möglichkeiten und die meisten sind auch den meisten Menschen bekannt. Zum Beispiel Treppen steigen statt Rolltreppen fahren. Früher aus dem Bus aussteigen und Reststrecke gehen, vor der Kaffee-Maschine auf einem Bein warten, bis der Kaffee durchgelaufen ist (Fortgeschrittene können dann auch Bewegungen auf einem Bein machen, etc.

Ich persönlich mag Rituale, die in den Alltag eingebaut werden und die dann regelmässig ausgeführt werden. Einfach, weil es «eingebettet», tradiert, ritualisiert werden kann. Das können Tagesrituale oder Wochenrituale oder Monatsrituale sein.

Ein schönes Ritual, um in den Tag zu starten, finde ich z.B. noch vor dem Aufstehen ein paar Gym-Übungen im Bett zu machen:

  • sich bewusst strecken/räkeln (=dehnen),
  • velofahren (=Rumpfmuskulatur stärken),
  • beim Aufstehen gleich noch ein paar Mal aufs Bett zurücksitzen/aufstehen (= die Beinkraft trainieren),
  • Liegestützen auf dem Bettrand.

Ein Spaziergang als tägliches Ritual. Foto Pixabay

Damit vermindert sich bereits eine gewissen Morgensteifigkeit, relevante Muskelgruppen werden aktiviert und der Kreislauf angeregt. Oder einen Spaziergang vor oder nach dem Mittagessen. Oder bevor ich mich am Nachmittag (zu Hause) hinsetze, um ein Café oder einen Tee zu trinken, stehe ich vorher 5-10mal nochmals vom Stuhl auf. Oder ich gönne mir eine kurze, entspannende Meditation vor dem Einschlafen (und wenn es nur ein kleines gedachtes DANKESCHÖN ist, sprich ich lasse alles Positive und Schöne, was ich während des Tages erleben durfte, nochmals vor dem inneren Auge passieren und danke dafür). Oder Wochenritual: 1 x pro Woche mit einer Kollegin / Kollege abmachen zum Spazieren, walken, wandern, gehen.

Alles Dinge, die nicht viel Zeit benötigen und die regelmässig in den Alltag eingebaut werden, sprich immer zur gleichen Zeit oder am gleichen Tag oder am gleichen Ort durchgeführt werden können.

Bei Wochen- / Monatsritualen finde ich es zudem sehr wichtig, dass man sich diese fix einplant, sprich sich diese Zeit reserviert und auch in der Agenda einträgt. Ob ich nun was mit andern mache, einen fixen Kurs besuche oder eben einen «Gesundheitstermin mit mir selber» vereinbare, all diese Trainingseinheiten ob grosse oder kleine sind es wert, terminiert und eingehalten zu werden. Es kommt sonst zu schnell immer wieder was dazwischen und schlussendlich bleibt es «nur» bei den guten Vorsätzen.

Was passiert, wenn man sich im Alter nicht fit hält und regelmässig bewegt?

Ich würde ganz spontan sagen: man «verkümmert». Wenn wir davon ausgehen, dass der Körper von Natur aus alles abbaut, was er nicht mehr benötigt, dann sind das nicht sehr tolle Aussichten.

Nein, im Ernst, die Kraft geht verloren, die körperliche und geistige Beweglichkeit nimmt ab, je nachdem nimmt das Gewicht zu, vom Blutdruck und Cholesterin will ich nun mal gar nicht sprechen. Das Bewegen wird je länger je mühsamer (Teufelskreis)  und damit vermutlich auch immer «uninteressant» und unangenehmer…. der Alltag wird dann irgendwann einfach nur noch mühsam zu bewältigen sein.

Wie wichtig ist Spass beim Fitnesstraining?

Training darf Spass machen. Foto Pixabay.

Spass ist für mich das A und O! Wenn ich etwas gerne mache, dann fällt es mir doch auch leicht, es zu machen und ich möchte es oft machen.

Training darf Spass machen! Wir dürfen und sollen lachen beim Bewegen. Weisst Du, wieviel Muskeln allein beim Lachen in Bewegung gesetzt werden? Ganz zu schweigen von all den Glückshormonen, die dabei ausgeschüttet werden.

Deshalb ist es auch wichtig, dass man Trainings wählt, die einem zusagen, zu denen man gerne geht und Übungen in den Alltag einbaut, von denen man weiss, die machen Spass und die tun mir gut! Möglichst vielfältig, möglichst regelmässig, mit möglichst viel Spass.

Titelbild: Jede Bewegung ist wichtig. Je vielfältiger und abwechslungsreicher, desto besser. Foto Pixabay

Webseite von Sonja Huoth-Zahnd: www.lextra.ch

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2 Kommentare

  1. Interessantes Interview. Meine Eltern wussten das alles noch nicht. Ihre harte Arbeit prägte ihren Körper. Sie verkümmerten nicht und starben nicht als Krüppel.
    Ich weiss nicht, ob wir moderne Senioren nicht doch ein Bisschen übertreiben in Sachen Fitness.

    • Ein bisschen ist gut. Fitness bis ins hohe Alter ist zum Lifestyle und zu einem Muss geworden. Da hängen schliesslich ganze Industrien dran. Oder sehen Sie heute noch einen Velofahrer, eine Joggerin oder «normale» Spaziergänger, die nicht das passende Tenue, die Schuhe, das Käppchen, das möglichst werbetragende T-Shirt oder die hautengen Sporthosen tragen? Von den vielen kleineren Musthaves, wie Schrittzähler, Herzfrequenz und Blutdruck Anzeiger, uvm. abgesehen.

      Oder wie stände es um unser hochgelobtes, jedoch mit völlig falschen Anreizen arbeitendes und deshalb immens teurer werdendes Gesundheitssystem, ohne die vielen Fälle von Sportverletzungen und ohne die immer grössere Anzahl Depressiver, die sich vom herrschenden Fitneswahn und aggressivem Wettbewerb abgewertet fühlen?

      Tatsache ist, wie mehr Aktivitäten heute ein Altersheim anbietet, desto gefragter und teurer ist es. Einfach nur gemütlich auf einer Bank sitzen vielleicht mit einem Buch, einem Gesprächspartner, dankbar für die Ruhe und den Frieden nach einem arbeitsreichen Leben, das war gestern. Heute muss man doch mindestens ein Handy dabei haben, sonst ist man out und gehört nicht mehr dazu.

      Bewegung gehört zum Menschsein wie atmen. Aber was da im reichen Westen als Lebensqualität, besonders im Alter angestrebt wird, ist nach meinem Dafürhalten der falsche Weg zum eigenen Seelenfrieden und für eine gute Vorbereitung in den uns allen bevorstehenden Tod.

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