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Es ist so viel Hass da*

Von einer grossen Umfrage bei Politikerinnen und Politikern berichtet der «Tages Anzeiger». Es habe sich herausgestellt, dass viele von ihnen übelst beschimpft worden seien. Hass und Aggressionen hätten zugenommen. Auch Ärzte und Pflegepersonen sowie Mitarbeiter der Sozialämter, Gaststätten und weitere Kreise erleben zunehmend Aggressionen. Aggression spiegelt Unzufriedenheit. Immer wieder wird über den Staat geklagt: «Sie haben uns vergessen. Sie lassen uns im Stich. Sie interessieren sich nicht für uns». Was geht da vor in unserer Gesellschaft? Die Ursachen sind vielfältig. Sie lassen sich nicht genau auf den Nenner bringen.

Das Staatsverständnis vieler Bürgerinnen und Bürger hat sich verändert. Der Staat ist für viele zum Wohlfahrtsstaat geworden, an den jede Menge Forderungen gestellt werden können. «Wir fordern!», tönt es laut. John F. Kennedys oft abgekürzt zitiertes Wort: «Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, fragt, was ihr für euer Land tun könnt» ist nicht mehr gefragt. Ein solches Wort hat heute einen falschen Ton in den Ohren vieler Menschen. Es appelliert an die Selbstverantwortung. Dass inzwischen alle Staaten mächtig überschuldet sind, scheint niemanden zu interessieren.

Wenn Menschen sich der Selbstverantwortung entschlagen, verändert sich ihre Grundhaltung. Sie können unzufrieden werden, weil sie sich abhängig machen. Der unzufriedene Mensch sucht den Fehler meist nicht bei sich selbst. Für ihn versagen die anderen, die Institutionen. «Die da oben machen eh, was sie wollen».

Jeder unzufriedene Mensch sollte mit sich selbst ein Gespräch führen. Er müsste fragen, was mache ich falsch im Leben? Was habe ich verpasst, als ich jung war? Wer bin ich eigentlich? Er täte gut, sein Selbst auf die Anklagbank seines denkenden Ichs zu stellen. Habe ich meine Möglichkeiten ausgeschöpft?  Ist der Mensch sich selbst gegenüber ehrlich, wird er erkennen, dass er vielleicht verpasst hat, was er hätte ändern können. In solchen Momenten ereilt ihn der Schrecken des Erkennens und dieser Schrecken kann schrecklich sein, weil er bewusst macht, wie der Sinn des Lebens entschwindet.

Ganz allmählich beherrscht ihn Selbsthass und dieser wird zu einem Antrieb, anderen gegenüber aggressiv zu reagieren, sie sogar zu hassen. Der Selbsthass wird exportiert und trifft oft Menschen in verantwortlichen Positionen. Die Aggression lenkt von der eigenen Schuld ab und hinterlässt nicht nur Ausreden und Bitterkeit, sondern manifestiert sich auch in hässlichen Ausbrüchen. Was kann etwa der Grund sein, dass junge Fans, oft auch aus wohlhabenden Häusern, in den Reihen mit Chaoten und Schlägern auftreten?

Wenn der Tages-Anzeiger feststellt: «Es ist so viel Hass da», darf es erlaubt sein, etwas tiefer in der Seele des Menschen zu bohren und zu fragen, woher dieser Hass kommen kann. Die Ursache werden nicht Bagatellen, einfache Dinge oder Äusserlichkeiten sein. Wer dem Ich keine Chance gibt zu fragen, warum er hasst, warum er geworden ist, wie er sich benimmt und sich äussert und nicht ehrlich antwortet, wird mit sich selbst niemals zufrieden sein können. Er lebt weiter in Ausflüchten und Selbsttäuschung. Bitterkeit und Hass werden ihn beherrschen. Wer aber eine redliche Antwort findet, strahlt im Alter, trotz vieler Entbehrungen und Schicksalsschlägen, Warmherzigkeit und Milde aus.

*Tages Anzeiger, 14. August

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2 Kommentare

  1. Der herrschende, öffentlich geäusserte Hass der Menschen mag zutreffen und uns ab und zu erschauern und an der Rechtschaffenheit der Menschen zweifeln lassen. Tatsache ist, der Hass gehörte immer schon zu den negativen Seiten des Menschseins. Heuzutage werden Hassäusserungen mit dem Multiplikator Internet nur viel offensichtlicher, zügelloser und sofort publik, als das in früheren Zeiten möglich war.

    Es ist nicht der Hass an sich, der mir zu denken gibt, sondern unser Umgang damit. Von Ignoranz, der Faust im Sack, Empörung, bis ins gleiche Horn blasen, gibt es alles und unsere aktuelle Informationskultur befeuert die menschenverachtenden Äusserungen noch. Hier setzt meine Kritik an und die Frage stellt sich, wo bleibt unsere eigene Verantwortung und im Speziellen die jenige der Medientreibenden? Positive Gegenbeispiele zu publizieren über Menschen und Handlungen die gelebte Mitmenschlichkeit und Verständnis für Andersdenkende bezeugen, wären machbar und könnten wenigstens den lauten Hasstiraden Herz- und Hirnloser etwas entgegensetzen.

  2. Schöner Artikel.
    Meiner Meinung fehlt der Menschheit ein ziel im Leben.
    Wir streben immer mehr nach Geld und Anerkennung und wenn das nicht erreicht wird, wird dies zu hass und Neid… Obwohl sich unserer Leben extrem verbessert hat zur vorherigen Generation, wollen wir immer mehr und mehr…
    Zudem wenn man das erreicht hat, macht das einem nicht glücklicher, im Gegenteil man hat wiederum angst das zu verlieren…

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