Das Swiss Orchestra der Dirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer ist in Andermatt beheimatet. Es startet seine Herbsttournee durch die Schweiz mit einem originellen Programm diesen Donnerstag in der Tonhalle Zürich. Entdeckt werden kann dabei ein Schweizer Komponist der Frühromantik, Xaver Schnyder von Wartensee.
Seit sechs Jahren holt das Swiss Orchestra Sinfonien und Konzerte namhafter Schweizer Komponisten aus der Vergangenheit zurück auf die Konzertbühne. Die Dirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer hat dabei Funde gemacht, die beim Publikum gut ankommen. Letzte Saison zog das hochromantische Violinkonzert von Hermann Suter (1870-1926) viel Aufmerksamkeit auf sich. Das war auch dem satten, warmen Ton des Geigers Michael Barenboim zu verdanken.
Ein Orchester von Qualität
Mittlerweile ist auch das Orchester zusammengewachsen, die Qualität stimmt. Mehrere CD-Einspielungen zeugen davon. Man kennt das Swiss Orchestra weit herum, die hartnäckige Forschungsarbeit der Dirigentin und ihr Mut zum Risiko haben sich gelohnt. Ein beachtliches Stammpublikum ist dem Orchester auch in den verschiedenen Schweizer Städten treu. Ein solcher Aufbau ist logistisch aber mit grossem Aufwand verbunden.
Die Dirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer in Aktion: «Das Orchester ist zusammengewachsen, die Qualität stimmt.»
Und wie sieht es in Andermatt aus, wo das Swiss Orchestra bei „andermatt music“ in Residenz ist? Chefdirigentin Lena-Lisa Wüstendörfer ist dort die Künstlerische Leiterin für die gesamte Konzertreihe. „Interessant ist,“ so Wüstendörfer, „dass unser Publikum hauptsächlich aus der weiteren Region kommt: aus Altdorf und Zug. Viele nehmen den letzten Zug, um wieder heimzukommen. Einheimische und Feriengäste kommen weniger, aber die Wochenend-Gäste schätzen die Verbindung von Sport und Konzert.“
Ein interessanter Fund
Für die anstehende Herbsttournee hat Wüstendörfer in der Zentralbibliothek Zürich einen Fund gemacht. Dort liegt der Nachlass des bedeutendsten Schweizer Komponisten der Frühromantik, Xaver Schnyder von Wartensee (1786-1868). Er war ein Zeitgenosse Beethovens, stammte aus einer Luzerner Patrizierfamilie und ging als hochbegabter junger Musiker nach Frankfurt, da das öffentliche Konzertleben in der Schweiz noch in den Kinderschuhen steckte.
Schnyders Konzertouvertüre hat Wüstendörfer bereits aufgeführt. Nun hat sie sich die 1. Sinfonie vorgenommen, die nur original, in der Handschrift des Komponisten, vorliegt. Sie hat die Partitur und die Stimmen computertechnisch erfassen lassen und in Eigenedition herausgegeben. Insgesamt vier Sinfonien hat Schnyder komponiert, über die Entstehung und Aufführungen seiner Ersten ist am wenigsten bekannt.
Die junge, bereits mehrfach ausgezeichnete Cellistin Raphaela Grome spielt im Programm Saint-Saëns und Marie Jaëlle.
Schnyder hatte einen herzhaften Humor, seine Musik ist geistreich, rhythmisch virtuos und erfrischend. „Ich finde,“ so Wüstendörfer, „dass die Wirkung von Schnyders Musik stark davon abhängt, dass man die richtigen Tempi findet. Die Interpretation macht viel aus.“
Sinnvolle Programmierung
Wüstendörfer hat nicht nur ein gutes Gespür für die Qualität unbekannter Werke, sie programmiert sie auch sinnvoll. Zu Schnyders Sinfonie gibt es zwei französische Cellokonzerte, gespielt von der jungen, mehrfach preisgekrönten Cellistin Raphaela Gromes. Neben dem beliebten 1. Cellokonzert von Camille Saint-Saëns (1835-1921) kommt auch ein Konzert von Marie Jaëlle (1846-1925) zur Aufführung. Sie hatte einst bei Saint-Saëns Komposition studiert.
Tournee: Zürich, Tonhalle: Do, 26. Okt. 19.30 h / St. Gallen, Tonhalle: Fr, 27. Okt. 19.30 h / Andermatt, Konzerthalle: Sa, 28. Okt., 19.30 h / Basel, Stadtcasino: Sa, 4. Nov. 19.30 h / Winterthur, Stadthaus: So, 5. Nov. 17 h.