StartseiteMagazinKulturPionierin der Keramik

Pionierin der Keramik

Die Ausstellung über Margrit Linck im Zürcher Museum für Gestaltung zeigt erstmals das vielschichtige Werk der Berner Keramikerin. Während fünf Jahrzehnten balancierte sie zwischen angewandter und freier Kunst und verlieh der Töpferei neue Impulse.

Bevor sie anfing, den Ton selbst zu formen, auch die Töpferscheibe zu drehen, blieb das Handwerk in Männerhand. Den zarten Händen der Frauen wurde lediglich das Dekor mit Pinsel und Farbe zugemutet. Als erste Frau in der Schweiz eröffnete Margrit Linck Mitte der 1930er-Jahre ihren eigenen Töpfereibetrieb in der Nähe von Bern und führte diesen während fünf Jahrzehnten so erfolgreich, dass er bis heute besteht.

Margrit Linck beim Brennofen. Foto: E. Bleuler

Die monografische Ausstellung Margrit Linck, Pionierin der Keramik im Zürcher Museum für Gestaltung im Toni-Areal würdigt das eigenwillige und facettenreiche Werk der Keramikerin zwischen Gebrauchskeramik und freier Kunst. Neben den chronologisch ausgestellten Arbeiten zeugen Zeichnungen und Fotografien von ihrem Schaffen. Ehemalige Töpferinnen und Töpfer berichten in kurzen Videointerviews von ihrer Tätigkeit im Unternehmen und der Zusammenarbeit mit Margrit Linck. Zudem bietet eine Filminstallation Einblicke in das heutige Atelier von Linck Keramik.

Margrit Linck-Daepp (1897-1983) erlernte das Handwerk bei einem Töpfer, besuchte die Kunstgewerbeschulen in Bern und München und hielt sich 1924/25 in Berlin auf. 1927 heiratete sie den Schweizer Bildhauer Walter Linck (1903-1975) und lebte mit ihm in Paris, wo sie mit Alberto Giacometti, aber auch mit Joan Miró in Kontakt stand. 1930 kehrte sie in die Schweiz zurück, fünf Jahre später eröffnete sie in Wabern bei Bern ihre eigene Töpferei. 1941 zog sie nach Reichenbach bei Zollikofen, wo sie für ihr Unternehmen Töpferinnen und Töpfer einstellte. Dies erlaubte ihr, sich auf ihre Musterkollektionen von Gebrauchskeramik zu konzentrieren und sich vermehrt den künstlerischen Arbeiten zu widmen.

Blick in die Ausstellung, frühe Arbeiten aus den 1940er Jahren

Anfänglich orientierte sich Margrit Linck an der traditionellen Heimberger Keramik mit Tier-, Figur- und Blumenmotiven. Bald aber fand sie eigene Wege und schuf ab Ende der 1930er- Jahre skulpturale Gefässe mit surrealistisch anmutenden Tier- und menschenähnlichen Figuren. «Diese sogenannten Metamorphosen wurden zu einem Leitmotiv in ihrem Schaffen», schreibt die Kuratorin Nora Wüthrich. Zeitgleich entwickelte sie serielle Keramik für kommerzielle Zwecke.
 
Links: Die linke Ahnentafel aus Papua Neu Guinea stammt aus der Sammlung von Margrit Linck, heute Privatsammlung Regula Linck. Rechts: Margrit Linck, Skulpturale Objekte inspiriert von rituellen ozeanischen Holztafeln.

In Paris war die Keramikerin durch die Surrealisten beeinflusst worden, doch setzte sie sich auch mit rituellen Objekten aus Ozeanien auseinander. Den Zugang dazu verschaffte ihr der Schweizer Maler, Plastiker und Sammler Serge Brignoni (1903-2002), der zeitweise als Mitarbeiter in der Südsee-Abteilung im Musée de l’Homme in Paris tätig war und ab 1940 in Bern lebte.

Margrit Linck beim Modellieren, um 1960. © Foto: Mario Tschabold

Durch die Auseinandersetzung mit aussereuropäischer Kunst sowie mit Joan Mirós Werk fand sie in den frühen 1950er-Jahren einen neuen Zugang zur Bemalung ihrer Plastiken. Die Formen wurden schlanker und erinnerten vermehrt an weibliche Körperformen, die sie mit kräftigen Pinselstrichen und markanten kreis-, spiral- und wellenförmigen Zeichnungen versah. Vasenähnliche Objekte schlitzte sie auf und löste sie vom ursprünglichen Zweck.

Margrit Linck, Künstlerische Arbeiten, 2023. © Foto: Umberto Romito & Ivan Suta, ZHdK

1957 erwarben Margrit und Walter Linck im burgundischen Saint-Romain-le-Haut ein altes Nonnenkloster, das fortan als zweites Atelier diente. Ohne Drehscheibe formte sie Objekte von Hand und fand mit rauen Oberflächen und Bruchstellen eine neue Sprache. Skizzen und Entwürfe auf Papier halfen ihr, Formen zu finden, die dann in Ton umgesetzt wurden. Diese Zeichnungen bildeten die Grundlage, auch für die von ihr beschäftigten Töpferinnen und Töpfer. In ihrem Nachlass sind über 700 Zeichnungen erhalten, von schnellen Ideenskizzen bis hin zu ausgefeilten Plänen.

Margrit Linck, Gebrauchskeramik, 2023 © Foto: Umberto Romito & Ivan Suta, ZHdK

Ihre skulpturalen Werke behandelte Margrit Linck frei und fantasievoll. Die Gebrauchskeramik, anfänglich noch durch abstrakte figürliche Motive geprägt, reduzierte sie ab Mitte der 1950er-Jahre radikal zu sachlich, streng geometrischer Form. Die Farbgebung, stets monochrom weisse Glasur, ordnete sie ebenso der Form unter. Die Form war für Margrit Linck stets das Primäre. Sie sollte für sich sprechen, «farbige Glasuren könnten mich stören», meinte sie.

Experimentierfreudig drehte und stauchte Margrit Linck ihre freigestalteten Objekte.

In ihren künstlerischen Arbeiten experimentierte sie und brach in den 1970er Jahre mit der «schönen Form». Sie zerstörte Vasen, verdrehte und stauchte Objekte, um sie zu verfremden, oder liess asymmetrische Formen entstehen durch das Halbieren und fugenlose Zusammenfügen mit der Hälfte eines anderen Werks.

Nach dem Tod ihres Ehemannes und ihres Sohnes im Jahr 1975 legte sie eine längere Schaffenspause ein. Ab 1981 entstand dann ihr Spätwerk: surreale hohe schlanke Figuren, Mischwesen zwischen Mensch und Tier, teilweise in sich verdreht, geknickt und in Erdtönen bemalt.

Mischwesen gehören ab 1981 zum Spätwerk von Margrit Linck

Unter Margrit Linck produzierte die Manufaktur Linck Keramik vielseitige Kollektionen und mehrere Hundert Formen für die Gebrauchskeramik. Die schlichten, vor allem aus zylindrischen, konischen und runden Segmenten bestehenden Objekte, wurden als moderne Schweizer Keramik beliebt, auch im Ausland.

Margrit Linck starb am 2. Dezember 1983 in Bern. Auf ihren Wunsch übernahm ihre Schwiegertochter Regula Linck das Unternehmen, 2011 wurde es auf deren Nichte Annet Berger übertragen. Heute arbeiten Töpferinnen und Töpfer in einem stillgelegten Hammerwerk in Worblaufen an der Aare in ihrem Geist weiter. Wie seit jeher tragen die Linck Keramiken auf der Unterseite ein Fischsymbol als Signatur.

Titelbild: Margrit Linck, Beim Bemalen, um 1950, © Foto: Paul Senn
Fotos: vom Museum für Gestaltung Zürich zur Verfügung gestellt und rv

Bis 14. April 2024
«Margrit Linck, Pionierin der Keramik», im Museum für Gestaltung Zürich, Toni-Areal

Mehr zu Linck Keramik, siehe hier

 

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