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Frisch, knusprig und beliebt

Pommes Chips gehören zum Apero, und meist knabbern wir mehr als wir wollen. Die Historikerin Ruth Wiederkehr geht der Erfolgsgeschichte des Unternehmens Zweifel Pomy-Chips AG nach und publiziert ihr Buch in der Reihe «Aargauer Industriegeschichten».

Seit der Niederlassung der Zweifel Pomy-Chips AG in Spreitenbach gehört die Firma zu meinem näheren Umfeld. Einmal im Monat fahre ich am Fabrikgelände vorbei, um meine gesammelten Altmetall-, Pet- oder Plastikabfälle im nahen Werkhof im Chessel*, im ältesten Industriegebiet Spreitenbachs nahe der Limmat, zu entsorgen. Gleich daneben, auf der damals noch grünen Wiese im Härdli, baute Zweifel 1969 die Fabrik, die heute durch den Autobahnanschluss direkt erreichbar ist. Über die Jahrzehnte hinweg wurde die Anlage erweitert, modernisiert, die Abwasserreinigung verbessert, die Lastwagen wurden grösser, und die Zufahrt heisst heute Zweifelstrasse.

Fabrik der Zweifel Pomy-Chips AG in Spreitenbach/AG

Seit jeher sind die Tore für das Publikum offen, seit 2019 mit einer Genusswerkstatt. Vereine, Gruppen, auch Schulklassen besuchen Zweifel Pomy-Chips und staunen über die raffinierten Produktionsanlagen. Und am Schluss sieht man glückliche Gruppen unterwegs mit Pommes-Chips Tüten in den Händen.

Der Buchumschlag zeigt Zweifels Frisch-Service-VW-Karawane, um 1962.

Die Historikerin Ruth Wiederkehr recherchierte im Auftrag von «Museum Aargau» die Geschichte der Zweifel Pomy-Chips AG von den Anfängen in Höngg bis in die Gegenwart in Spreitenbach. Reich bebildert ist dies der zweite Band der Reihe «Aargauer Industriegeschichten».

Seit dem späten Mittelalter ist die Familie Zweifel im Zürcherischen Höngg ansässig. Ursprünglich stand an der heutigen Regensdorferstrasse 20 ein Bauernhof, später eine Mühle, 1898 gründeten zwei Brüder eine Firma für die Herstellung und den Handel von Wein, dann folgte eine Mosterei für Garmost, «sauren Most», und Essig und ab 1938 machte sich «Zweifel Höngg» einen Namen für Süssmost.

Nach dem Krieg waren neue Geschäftsideen gefragt. Ein Verwandter in Rümlang experimentierte mit Kartoffeln und verkaufte anfangs der 1950er-Jahre frittierte Kartoffelscheibchen. Nach seinem frühen Tod erkannte die Höngger Familie Zweifel das Potenzial, denn «Chips mached Durscht, Moscht löscht de Durscht». Der junge Hans-Heinrich Zweifel (1933-2020), der 1957 das ETH-Studium als Agraringenieur abgeschlossen hatte, entwickelte die Idee und begann 1958 in Höngg mit grossen Hotelfritteusen Pommes-Chips herzustellen, 60 Jahre nach der Gründung der Getränkefirma.

Fabrikanlage Zweifel Pomy-Chips AG im Härdli in Spreitenbach heute. 

Hans-Heinrich Zweifel heiratete noch im gleichen Jahr. Die dreimonatige Hochzeitsreise verbrachte das Paar in den USA. Hier besuchte Zweifel Pommes-Chips-Produzenten und studierte nicht nur deren Produktionsmethoden, sondern auch die amerikanischen Ess- und Konsumgewohnheiten. Chips waren hier seit den 1870er-Jahren beliebt.

Hans-Heinrich Zweifel mit Kapitänsmütze (4.v.l.) steht inmitten seiner Angestellten des Frisch-Service vor der Fabrik in Höngg, um 1962.

In der Schweiz waren Pommes-Chips um 1960 noch nicht etabliert. Man kannte lediglich selbergemachte ungewürzte frittierte Kartoffelscheibchen, die heiss oder kalt zu Tee serviert wurden. Für die Firma bedeutete dies, das neue Nahrungsmittel musste mit Werbung über verschiedene Kanäle bekannt gemacht werden.

Hans-Heinrich Zweifel war ein begnadeter Erzähler. Auf einem frühen Faltprospekt fand die Historikerin neben fotografisch illustrierten Chips-Rezepten seine «Story»: Der «Indianerköchin» Kate fiel im Jahr 1853 versehentlich eine Kartoffelscheibe ins heisse Öl, damit hatte sie die Pommes-Chips erfunden. Kates Erfindung führte dazu, dass heute in Höngg Pommes-Chips hergestellt würden.

Winterliche Werbeaktion des Frisch-Service im Skigebiet Braunwald im Glarnerland. Die Angestellten versorgen lokale Restaurants und verteilen gleichzeitig Muster an Skifahrer und Wanderer, vor 1967

Mit der zunehmend professionalisierten Werbung, auch Fernsehwerbung, wurden anfänglich die Hausfrauen als Zielgruppe angesprochen. Ihnen wollte man die Pommes-Chips als neue Beilage für Hauptmahlzeiten schmackhaft machen: Pommes-Chips zu gebratenem Poulet, etwa im Römertopf, der Ende der 1970er-Jahre aufkam.

Als Wiedererkennungsmerkmal der Zweifel-Pommes-Chips dienten das Logo sowie das Verpackungsdesign, 1967 wurde zudem das Z eingeführt. Die verschiedenen Verpackungsgrössen für Chips richteten sich auf die Konsumsituationen der Kundschaft aus.

In Öl frittierte Pommes-Chips können rasch ranzig werden. Dies erforderte von der Firma ein besonderes Serviceangebot: Die ausgelieferten Chips wurden nach wenigen Wochen vor dem Verfall in den Läden oder Restaurants ausgetauscht. Hans-Heinrich Zweifel setzte dafür einheitliche, mit dem Logo bemalte VW-Busse und Verkaufschauffeure ein, die regelmässig ihre Touren fuhren. Wenngleich der «Zweifel Frisch-Service» nicht rentabel war, entwickelte er sich schliesslich doch zum Alleinstellungsmerkmal der Firma.

Arbeiterinnen bereiten die Chips-Verpackungen für die Lieferung vor.

Die Firma Zweifel förderte intern die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem eigenen Brand und unterstützte damit die Sicherung des guten Rufs der Chips nach aussen. Ehemalige Chauffeure berichten im Buch von ihrem Engagement für die Firma. So war für Ferdinand Bolinger, der 1970 als Chauffeur bei Zweifel begann und 2020 als Verkaufsleiter in Pension ging, sein Patron ein Visionär wie Churchill, der immer wieder neue Ideen hatte, die häufig der Zeit voraus waren. Die langjährige Sekretärin Suzanne Gfeller war für Zweifel eine wichtige Vertrauensperson, sie wollte er bei wichtigen Treffen stets dabeihaben. Auch sie erzählt im Buch von ihrer Arbeit. Hans-Heinrich Zweifel war ein Patron alter Schule; er starb vor drei Jahren.

Zweifel Pommes-Chips konnten sich auch bei Migros durchsetzen, die anfänglich eine eigene Produktion in Bischofszell unterhielt. Foto: rv

Die knusprigen Zweifel Pommes-Chips sind bis heute beliebt. Gewürzt mit Salz oder Paprika überraschen sie immer wieder mit neuen Inventionen. Bei jedem gesellschaftlichen Anlass, bei jedem Apero liegen sie verführerisch in Schalen auf und lassen sich bei angeregten Gesprächen leicht knabbern.

*Der Flurname «Chessel» geht auf den alten Limmatverlauf zurück, der hier einen fast geschlossenen Kessel bildete, bevor das Elektrizitätswerk in Wettingen das Wasser staute. Und «Härdli» bedeutet ein kleineres gerodetes Gebiet.

Titelbild: Werbebild Zweifel Pomy-Chips AG.
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Fotos: © Archiv Zweifel Pomy-Chips AG

Ruth Wiederkehr, «Zweifel Pomy-Chips AG in Spreitenbach. Die Geschichte der beliebtesten Snack-Marke der Schweiz», Aargauer Industriegeschichten Band 2, Hg. Museum Aargau, NZZ Libro, 2023. ISBN 978-3-907396-47-6

 

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