Das Museum Tinguely in Basel zeigt eine Ausstellung mit Werken von Otto Piene. Mit seiner Kunst wollte Piene vor allem Freude vermitteln.
Riesige Schläuche, die in den Himmel wachsen oder raumfüllende, aufblasbare Gebilde im „Air Aquarium“ mit seinen roten Tentakeln und Anemonen: Der 2014 verstorbene Künstler Otto Piene gilt als Wegbereiter der Licht- und Feuerkunst und der sogenannten „Sky Art“.
Lichtraum mit Mönchengladbachwand, 1963-2013
Die Ausstellung im Museum Tinguely legt einen großen Fokus auf die Beziehung zwischen Pienes Skizzen und seinen anderen Werken: Medienarbeiten, Gemälden und Skulpturen. Skizzenbücher haben Otto Piene immer begleitet. Zeitlebens hielt er in ihnen fest und griff für seine späteren Himmelsobjekte wieder darauf zurück. Zwanzig Skizzenbücher sind in der Ausstellung zu sehen, ergänzt durch Faksimiledrucke, die einen umfassenderen Einblick gewähren.
Skizzenbuch Childhood and Wartime, 1938-1944, verschiedene Techniken
Otto Piene war Professor für Umwelt-Kunst in Cambridge. Eines seiner Anliegen war es, das Schöne der Natur mit seiner Kunst in urbane Räume zu bringen. Doch statt in die Natur zu gehen, wollte Piene die Städte attraktiv gestalten und mit seiner „Sky Art“ den öffentlichen Raum beleben. Kunst für alle zu kreieren, Events und Feste zu feiern und eine lebenswerte städtische Umgebung zu schaffen, waren die ambitionierten Ziele des Künstlers.
Charlotte Moorman, Otto Piene-Sky Kiss 1982
Die monographische Ausstellung stellt den Wunsch Otto Pienes, eine harmonischere, friedvollere und nachhaltige Welt zu gestalten in den Mittelpunkt. Sie adressiert die Vision des Künstlers, die Grenzen der traditionellen Medien der Kunst zu sprengen und sie auf atmosphärische Gefilde hin neu zu entwerfen.
Anstatt sein Œuvre chronologisch zu präsentieren, bietet die Ausstellung eine Neubetrachtung von Pienes Kunst inklusive seiner multi- und intermedialen Projekte entlang wiederkehrender Motive und Themen. So verbindet sie Perioden seiner schöpferischen Tätigkeit miteinander, die oft als distinkt angesehen worden sind, insbesondere Zero in Düsseldorf (1957–1966) und die technologiebasierte Sky Art, die in den 1960er-Jahren, nach seinem Umzug in die Vereinigten Staaten, entstand.
Lichtballett «Hommage a New York” 1966
Wege zum Paradies – so heisst die Ausstellung – stellt neben den wichtigen, bekannten Werken Pienes selten gesehene Arbeiten und unveröffentlichte Dokumente vor und ist die erste grossangelegte Museumsausstellung, die seine konstante Praxis des Skizzierens und Zeichnens im Zusammenhang mit seiner Malerei, Plastik, Installation, Performance und Medienkunst näher in Betracht zieht.
Lichteinfall, 1956, Öl auf Leinwand
Arbeiten und Projekte aus seinen wichtigsten Serien und Themenbereichen – Rasterbilder und Rauchzeichnungen, kinetische Skulpturen, Lichtinstallationen, Sky Art, Experimente mit Fernsehen und Intermedia (u. a.) – treten so in einen Dialog miteinander und mit seinen Zeichnungen. Die Begriffe «Zeichnen» und «Entwerfen» erweisen sich dabei als fruchtbar, um neue Interpretationen von Pienes Werk anzuregen und zu einer besseren Vorstellung von der grossen Bandbreite seiner Kunstpraxis zu gelangen.
Weisser Lichtgeist, 1966, Glas,Metall,Lampen,Zeitschaltuhr
Die Ausstellung zeigt die Bedeutung von Zeichnen und Entwerfen im engen als auch in einem weiteren Sinn in Pienes Œuvre über die Mediengrenzen hinweg auf − beispielsweise, wenn er mit Rauch und Licht oder gar mit aufblasbaren Plastiken Formen in den Himmel zeichnete. Piene skizzierte in den traditionell dafür vorgesehenen Medien wie etwa in seinen Skizzenbüchern, die er stets zur Hand hatte, experimentierte aber auch mit damals völlig neuen und innovativen Technologien wie Fernsehübertragungen, Dia-Projektionen bis hin zu Lasern.
Lava Dance, 1974, Lichtspur im Haus der Sonne
Die thematisch strukturierte Ausstellung leitet die Betrachter quer durch Pienes Schaffen der zweiten Hälfte des 20. bis hinein ins 21. Jahrhundert. Mit Displays, die Skulpturen, Gemälde, Zeichnungen und Archivmaterial (Fotografien und Videos, Dokumente) kombinieren, werden die zentralen Themenbereiche des Künstlers über die verschiedenen Medien und kreativen Phasen hinweg präsentiert.
Olympischer Regenbogen, 1972
Des Weiteren bietet Wege zum Paradies mehrere Ausstellungssäle, in denen Lichtprojektionen oder Installationen mit Inflatables das Publikum dazu einladen, seine Kunst räumlich und körperlich zu erfahren. Die Kapitel der Ausstellung entfalten sich in einer Abfolge von elf Räumen, die in puncto Dichte und Atmosphäre variieren und von spannungsgeladenen dunklen Black Boxes zu lichtdurchfluten, luftigen Sälen reichen.
Entlang dieser variierenden Räume betont die Ausstellung Pienes künstlerischen Anspruch, über Medien hinweg zu denken und seine kreative Tätigkeit als «Wege zum Paradies» zu verstehen. Ein besonderer Schwerpunkt der Schau liegt auf Werken der späten 1960er-, frühen 1970er-Jahre, als Piene von Zero zur Sky Art überging und zwischen den USA und Westdeutschland pendelte.
Die Ausstellung dauert bis 12. Mai 2024
Titelbild: Hexagonal Rooster, 1983, Fotos: Josef Ritler