StartseiteMagazinKolumnenSommerstrauss mit Stilblüten

Sommerstrauss mit Stilblüten

Wenn der Zirkus an 23 Standorten halt macht, fragt man sich halt schon, was und wo er jeweils macht. Hoffentlich nicht, was Sie jetzt denken. Gut, die Pferde vielleicht schon.

Kleiner Exkurs: Es ist halt schon schwierig, wenn Substantiv und Partikel oder Verb sich nur in der Gross- und Kleinschreibung unterscheiden. Da stehen dann solche Sätze in der Zeitung: «Beziehungen machen auch vor unserem Alltag nicht halt.» Schönes, viel zitiertes Beispiel: Wissen ist Macht, Nichtwissen macht auch nichts.

Zurück zum Zirkus und einer fast schon vergnüglichen Stilblütenlese in einer unserer renommiertesten Zeitungen, wo das Publikum samt Kindern mit riesengrossen Lollis und leuchtenden Zuckeraugen von dampfigem Licht empfangen wird und sich deshalb die Augen reibt. Würde ich auch machen, wenn ich Zuckeraugen hätte, mit all diesem Dampf.

Und dann treten Tänzer auf, bauchfrei und mit kurzen Röckchen. Da wäre man ja vielleicht froh um etwas mehr Dampf. Und erst die Ponys: «Sie springen über Attrappen, deren Mähnen im Wind flattern.» Auch wenn nicht ganz klar ist, was wo flattert, schön muss es gewesen sein. So schön, dass die Berichterstatterin glatt vergessen hat, ihren Text im Korrektorat kontrollieren zu lassen.

Wieder mal eine Variante zum Thema: «Tönt ja ähnlich, merkt doch keiner». «Der derbe Duft von Heu mischt sich mit dem süssen Duft von Popcorn.» Ein Duftzweikampf, dessen Ausgang man sich vorstellen kann: Der derbe Duft haut seinem süssen Gegenüber eins in die Fresse. So richtig derb halt. Er wird dafür verhaftet und durch herb duftendes Heu ersetzt. So könnte die Meldung weiter gehen. Tut sie aber nicht.

Noch ein Beispiel: «Lange weilt die Ruhe nicht.» Tönt wirklich fast richtig. Wer will denn schon meckern, dass «weilt» und «währt» nicht dasselbe ist. Ein Sprichwort vielleicht? Was lange währt, wird endlich gut. Wird das Verb da durch «weilt» ersetzt, wird es ziemlich –langweilig.

Zum Schluss noch zwei aktuelle Stilblüten eines treuen Lesers: Zu einem Bild der Überschwemmungen im Wallis mit der Legende «Die Rhone ist überflutet» kommentiert er: Nein, nicht die Rhone ist überflutet, sie ist «nur» über die Ufer getreten und hat das Quartier überflutet.

Und zu einer Ampel in Rapperswil mit Schild «Fussgänger drücken» schreibt er: Wer soll da Fussgänger drücken? Ob das so viele sind, dass sie während der Grünphase gedrückt werden müssen wie in der U-Bahn in Tokio? Oder ist die Aufforderung etwas gar kurz geraten? «Fussgänger Taste drücken», wäre klarer. Ist doch manchmal auch ein Vergnügen, Zeitungen und Strassenschilder etwas kritisch zu lesen.

 

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