Die Walliser Berggemeinde Guttet-Feschel hoch über Leuk eröffnete mit «Zwischen Nostalgie und Utopie» den zweiten «Kulturweg 2024». Der nachhaltig angelegte Weg vor grossartiger Naturkulisse entstand in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung und Kunstschaffenden.
Guttet-Feschel liegt auf einer Sonnenterrasse mit Aussicht über das gesamte Rhonetal. Im Jahr 2000 fusionierten die Bergdörfer mit Wiler und Grächmatten zu einer Gemeinde, auf einer Höhe von 1000 bis 1300 Meter über Meer. Der Kulturweg Guttet-Feschel, der seit 2023 besteht, schafft neue Verbindungen. Er wurde von Peter Hofer initiiert, der seit wenigen Jahren hier lebt, und bereits den Event-Kultur-Garten realisiert hat, Seniorweb hat darüber berichtet. Der Kulturweg 2024 umfasst vier Projekte an unterschiedlichen Standorten in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung sowie mit einzelnen Kunstschaffenden.
Gaby Andenmatten, «Blumenflüsterer» und von Kindern hergestellte Schmetterlinge
Im höchstgelegenen Feschel leuchten auf den Wänden der traditionellen Holzhäuser Schmetterlinge in allen Farben und Formen. An der Ausstellung Die Magie der Schmetterlinge beteiligte sich die ganze Dorfgemeinschaft, auch das Altersheim, die Schule, die Kita, sogar treue Feriengäste. «Schmetterlingsfrau» ist die Bernerin Barbara Schnyder, die seit 1982 hier lebt. Sie motovierte die Menschen, an diesem Projekt teilzunehmen, stand mit Rat und Tat zu Seite, verteilte Material. Und jetzt sammelt sie die Sommervögel ein, die bei starkem Wind davonfliegen, und befestigt sie wieder.
Barbara Schnyder betreut die Herstellung der Schmetterlinge in Feschel und teilt die Ideen mit Peter Hofer. Über den beiden ein Werk von Barbara Schnyder.
Auf die Frage, wie die Bevölkerung auf die Ideen des Zuzügers Peter Hofer reagiere, meinte Barbara Schnyder: Die Alteingesessenen waren anfänglich etwas überfordert, besonders mit dem letztjährigen Projektthema Hundertwasser. Aber schliesslich liessen sie sich dafür begeistern. Mit dem Thema Schmetterlinge ist es einfacher. Peter bringt neue Impulse, dabei wird die ganze Bevölkerung einbezogen. Bei dieser Gemeinschaftsarbeit müssen alle mithelfen. Das bringt «Pepp» ins Dorf. Das Publikum kommt über Zeitungsartikel oder Mundpropaganda hierher. Und da Feschel an einer Bikerroute liegt, besuchen uns auch Biker. Sie stellen das Velo am Dorfeingang ab und sehen sich die Ausstellung an.
«Village du Futur», Comic von Felix Grundhöfer. Teil der Ausstellung «Guttopia – Das Dorf der Zukunft» im Hotel Rhoneblick in Guttet.
Peter Hofer brennt für Utopien und nutzt selbst ein Computerprogramm für Künstliche Intelligenz. Dieses erlaubt ihm, mit ein paar Clicks Visionen einer zukünftigen Welt zu kreieren. In diesem Sinn entführt die Ausstellung Guttopia – Das Dorf der Zukunft das Publikum in eine fiktive Zukunft. Die Installationen und rund zehn Comic-Tafeln des Künstlers und Architekten Felix Grundhöfer sind im Hotel Rhoneblick in Guttet zu sehen.
Felix Grundhöfer, Die Installation «Leuchtpilze» demonstriert spielerisch, wie mit UV-Licht bestrahlte Pilze zukünftig Licht erzeugen könnten.
In Grundhöfers Guttopia führt eine Monorail-Bahn von Leuk nach Guttet, nun ein Ort aus futuristischen Pilzhäusern. Auf einer anderen Tafel wird der innere Bauplan dieser Pilzhäuser präzise dargestellt. In einer Installation werden bunte Pilze, die von Frauen der Umgebung gestrickt wurden, mit UV-Licht angestrahlt. Denn im Haus der Zukunft sollen Pilze, die zu Biolumineszenz fähig sind, als Beleuchtung eingesetzt werden.
Historische Aufnahmen zeigen, wie hart und karg das Leben der Menschen hier einmal war.
Die Zeitreise führt nicht nur in die Zukunft, sondern auch in die Vergangenheit. Historische Fotografien und Familienbilder zeigen, wie hart und karg das Leben für die Bergbevölkerung früher einmal war. Auffällig sind auch die Alben mit zahlreichen Porträts in der Art von Todesanzeigen, die an die Verstorbenen erinnern.
Panoramablick auf das Rhonetal vom Lyrikweg aus
Bei der Kirche in Wiler beginnt der Lyrikweg in den Rigge. Markiert wird er mit Stoffbändern und Steinkörben, die mit Holzplanken überdeckt auch als Sitzbänke dienen. Die «lyrische Wanderung» dauert etwa 45 Minuten, mit gutem Schuhwerk. Kurze Infotafeln orientieren unterwegs über die Umgebung. Die Gedichte lassen sich über den QR-Code auf das Smart-Phone laden und über Kopfhörer mithören. Gelesen werden sie von Luciana Brusa, musikalisch begleitet von Désirée Pousaz und Christian Zufferey.
Gehen im Dialog mit der Landschaft
Der Weg führt über eine faszinierende steppenartige Landschaft mit Panoramasicht über das Rhonetal. Es ist ein Erlebnis, in die stimmungsvoll gelesenen und bespielten Gedichte hineinzuhören und gleichzeitig am Wegrand, Blumen und Gräser, Büsche und knorrige abgestorbenen Äste wahrzunehmen.
Knorrige abgestorbene Äste am Wegrand
Die Erzählkünstlerin schenkt den Worten nicht nur Leben, die Texte fügen sich auch in das Landschaftsbild ein. Sie stimmen beim Gehen mit dem jeweiligen Landschaftsabschnitt überein, auch im Klang der Erzählstimme und in der Musik. So geht man etwa an weissen zarten Blüten vorbei und hört: «Weisse, reif-zarte Wucherblume, mit harter Hand, wer wollte dich fassen». Einen Moment lang lebt man ganz nah an der Natur. Taucht in die Landschaft ein und geniesst sie beim Ausruhen auf einer Bank.
Gräser und goldig-weisse Ähren
Der Lyrikweg hat mich tief beeindruckt. Glücklicherweise bleibt er noch ein paar Jahre bestehen. Aber so wie sich die Natur verändert, werden sich auch die Texte im Laufe der Ausstellung verändern. Ein mehrmaliger Besuch wird immer wieder zu einem neuen Erlebnis.
Plakatwand in Feschel mit dem Situationsplan des Kulturwegs 2024
Das Kulturangebot in Guttet-Feschel hat sich herumgesprochen. Das Kulturkino in der Brasserie Sonnenberge in Grächmatten präsentiert jeden letzten Freitag im Monat einen Dokumentarfilm zu aktuellen Themen, die anschliessend mit einem Gesprächsgast vertieft werden. Der Kulturweg Guttet-Feschel wird vom Förderverein Utopia, dem Tourismusverein sowie von der Gemeinde getragen. Zudem hat sich eine Kerngruppe gebildet, die auf der Basis von Peter Hofers Ideen über die Errichtung eines Utopiaparks im Bezirk Leuk nachdenkt. Diese Gruppe arbeitet auch daran, für die kommende Landesausstellung 2030+ den weltweit ersten Park der Utopien mit sieben Forschungslaboren konzeptionell zu entwickeln.
Titelbild: An der outdoor-Ausstellung «Die Magie der Schmetterlinge» in Feschel beteiligten sich grosse und kleine Künstler, sogar Feriengäste. Alle Fotos: rv
Bis 27. Oktober 2024
Hier finden Sie mehr zum Kulturweg Guttet-Feschel
Zu Besuch bei Peter Hofer im event-kultur-garten