Hoch über Leuk in der Walliser Gemeinde Guttet-Feschel blüht der «event-kultur-garten». Nicht nur mit Blumen, auch mit kulturellen Aktivitäten. Seit seiner Frühpensionierung vor drei Jahren bringt Peter Hofer neues Leben in das abgelegene Berggebiet.
Vor drei Jahren besuchte ich Peter Hofer erstmals in seinem neuen Zuhause im Walliser Dorfteil Wiler in Guttet-Feschel, hoch über Leuk auf rund 1300 Höhenmetern. Er hatte sich vorzeitig pensionieren lassen und fand hier mit seinem Partner eine Eigentumswohnung mit wunderbarem Ausblick auf das Rhonetal und die umliegenden Berge. Direkt daneben bestand ein unbebautes Grundstück, das er zusätzlich erwerben und darauf seine Vision vom event-kultur-garten verwirklichen konnte. Da wir uns persönlich kennen, führen wir das Gespräch per Du.
Ausblick auf den Garten und die gegenüberliegenden Berge.
Seniorweb: Du bist Präsident von «event-kultur-garten» und Initiant des Kulturwegs. Ich staune, was Du in diesen drei Jahren realisiert hast. Das ehemals öde Grundstück hat sich in einen blühenden Garten verwandelt, sogar mit einem zusätzlichen kleinen Gästehaus. Zudem bereichert ein Kulturweg die ganze Umgebung.
Peter Hofer: Als Pensionierte haben wir eine grosse Aufgabe in der Gesellschaft. Das Wichtigste ist, sich mit der Welt auseinanderzusetzen, offen und neugierig zu bleiben, unsere Erfahrungen weiterzugeben und Alternativen zu entwickeln, sonst verbittern wir. Ich habe Menschen gerne und finde leicht Kontakt zu ihnen. Überall, wo ich bin, kommen mir sofort kreative Ideen. So erging es mir auch hier mit dem Grundstück. Ich kann nicht nur herumsitzen. Gärtnern allein genügt auch nicht. Mich fasziniert, etwas mit anderen Menschen zu teilen und als Gemeinschaft etwas Förderliches zu tun.
Das kleine Gästehaus für Besucherinnen und Besucher im event-kultur-garten.
Was treibt Dich an, in dieser einsamen Höhe einen Kulturweg zu realisieren?
Kultur hat mich lebenslang begleitet über Schauspielerei, Regiearbeit, Theater und Museumsarbeit. Als der Garten mit heimischen Pflanzen neben unserer Wohnung angelegt war, öffnete ich ihn für Besucherinnen und Besucher und organisierte Events etwa mit Lesungen und Theater. Dann weitete sich mein Blick, denn wir leben auf diesem Berg nicht allein.
Guttet-Feschel besteht aus verschiedenen Weilern mit rund 450 Bewohnern, auch Wiler und Grächmatten gehören dazu. Mein zentrales Anliegen ist es, die Dorfteile für den Austausch zu verbinden, damit bei der Bevölkerung ein gemeinsames Gefühl für den Ort entsteht. Die Idee für einen Kulturweg brachte ich erstmals vor zwei Jahren vor die Gemeinde. Sie wurde zur Kenntnis genommen. Doch auch mir selbst war damals noch nicht ganz klar, wie ich das bewerkstelligen könnte.
Da ich alle Generationen von Jung bis Alt zusammenbringen wollte, wandte ich mich zuerst an die Lehrerschaft der Dorfschule. Die Schulkinder besuchten darauf den event-kultur-garten, platzierten Vogelhäuser, Bienenhotels und bemalte Steine im Garten. Motivierend war für sie, dass dann auch Leute von auswärts kommen und ihre Werke anschauen würden.
Um ebenso ältere Menschen in das Projekt einzubeziehen, klopfte ich im Altersheim an, wo die Bewohnerinnen zusammen mit den Mitarbeiterinnen die Idee entwickelten, gemeinsam grosse Kugeln aus Rebenzweigen zu flechten.
Die geflochtenen Rebzweigkugeln der Altersheim-Bewohnerinnen sind am Teich auf einer Anhöhe aufgestellt. Diese Land-Art-Objekte können als Symbol für die Ordnung der Welt, die Kreisläufe der Jahreszeiten bis hin zum Wasserkreislauf stehen.
Woher kommst Du ursprünglich und welchen Beruf hast Du gelernt?
Peter Hofer im event-kultur-garten
Ich bin 1957 im Berner Seeland in der Nähe von Kerzers geboren und aufgewachsen. Eigentlich wollte ich Dekorateur werden. Da meine Geschwister im Gastgewerbe arbeiteten, fand man diesen Beruf zu unsicher, so lernte ich Koch.
Lange übte ich diesen Beruf nicht aus. Es zog mich in die Arbeit des Dekorateurs, wo ich mich weiterbildete, ebenso in Werbung und Marketing. Dann absolvierte ich die Schauspielschule, studierte Theaterpädagogik und Erwachsenenbildung.
Ich war immer neugierig und probierte aus, was mich interessierte, und was möglich war. In den 1970er und 1980er Jahren herrschte Aufbruchstimmung. Während meines ganzen Lebens war ich mit wenigen Ausnahmen nie hundertprozentig angestellt, das hätte mich zu sehr eingeengt. Immer suchte ich meine eigene Form. Heute bin ich ein reicher Mann, nicht auf dem Bankkonto, aber an Erfahrung.
Auf dem Kulturweg hast Du mir im Dorfteil Feschel die von Hundertwasser inspirierte Outdoor-Bildergalerie gezeigt. Wie kam es dazu?
Cynthia Payen-Perruchoud hat das Eingangsbild mit dem Porträt von Hundertwasser zur Outdoor-Bildergalerie in Feschel gestaltet.
Der österreichische Künstler Friedensreich Hundertwasser, mit bürgerlichem Namen Friedrich Stowasser (1928-2000), hat Farbe in die Architektur und in die Lebenswelt der Menschen gebracht. Auf Anfrage in Wien erlaubte man mir, eine von Hundertwasser inspirierte Ausstellung zu gestalten. Sechzehn Künstlerinnen aus Guttet-Feschel und der übrigen Schweiz haben sich am Projekt Faszination Guttet-Feschel beteiligt. Ihre Bilder schmücken in grosser Vielfalt bis Ende Oktober die Wände der Walliser Holzhäuser.
Die ganze Dorfbevölkerung hast Du offenbar für Dein Kulturprojekt begeistern können. Du sprichst auch von Land-Art-Ausstellung, führt sie weiter in die Landschaft?
Die Bilderrahmen aus Ästen stellte die Jugendgruppe aus Guttet-Feschel her, um die Aussicht und die Natur in einem neuen Blickwinkel zu entdecken.
Der Kulturweg führt von Feschel aus weiter zur Galerie der Sinne. Hier haben Jugendliche auf dem Waldweg Bilderrahmen aus Ästen hergestellt und so platziert, dass die Vorbeigehenden die Natur als Kunstmotiv erleben können. Die Rahmen lassen einen neuen Blick auf die Landschaft zu. Bewusst innehalten, entschleunigen und Über den Berg schauen, wie eines der Bilder in Feschel heisst, gehört zum Motto dieses Land-Art-Projekts.
Welches Projekt haben die Schulkinder erarbeitet?
Auf der Anhöhe am Lätzi Tolu, an einer alten keltischen Kultstätte, gibt es einen Teich als Wasserreservoir für die Feuerwehr. Hier findet die Begegnung der Generationen statt. Auf der einen Seite sind die erwähnten Rebzweigkugeln aus dem Altersheim Sunnuschii aufgestellt, wo sie eine ganz besondere Wirkung entfalten, die über das blosse Sehen hinausgeht.
Peter Hofer vor dem Land-Art-Projekt der Schulkinder: «Heidi’s Traumland – in der vierten Industriellen Revolution».
Auf der anderen Seite des Teichs stehen die bunt bemalten Holzpfosten der Schulkinder in Heidi’s Traumland aufgereiht. Sie entstanden, nachdem die Kinder sich in der Schule mit Johanna Spyris Heidi, diesem naturverbundenen Waisenkind, auseinandergesetzt und sich Gedanken über die Zukunft gemacht haben. Jeder Pfosten ist mit dem Namensschild und einem QR-Code versehen, über den die Kinder ihre Gedanken mitteilen.
Eliane Müller-Ruppen, «Das Treffen der Oppositionen», Outdoor-Galerie in Feschel
Wie geht es mit dem Kulturprojekt Guttet-Feschel weiter?
In der neuen Bierbrauerei in Gächmatten haben wir das Kulturkino eingerichtet. Jeden Monat gibt es eine Filmvorführung zu Umweltthemen mit anschliessender Diskussion, begleitet von einer Fachperson. Für das Projekt Kulturweg wurde eine Trägerschaft, bestehend aus der Gemeinde und Tourismus Guttet-Feschel sowie dem Verein event-kultur-garten, gebildet. Im nächsten Jahr wird das Bergdorf Guttet zu Gutopia, ein Dorf in der Zukunft, zudem entsteht in Wiler ein Lyrikweg.
Alle Fotos: rv
Bis 31. Oktober
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