StartseiteMagazinGesellschaftEin Ja zur BVG-Reform stärkt unser bewährtes Drei-Säulen-System

Ein Ja zur BVG-Reform stärkt unser bewährtes Drei-Säulen-System

Am 22. September stimmt das Schweizer Stimmvolk über die umstrittene BVG-Reform ab. Seniorweb publiziert je einen Pro- und Kontra-Beitrag. Nachstehend erläutert Barbara Zimmermann-Gerster (Titelbild) vom Schweizerischen Arbeitgeberverband die Gründe, die für eine Annahme der Reform sprechen.

Pensionierte sind von der BVG-Reform nicht betroffen. Die laufenden Renten aus dem BVG sind und bleiben garantiert. Die BVG-Reform ist für Seniorinnen und Senioren dennoch wichtig. Denn sie modernisiert unsere 2. Säule und stabilisiert das bewährte, erfolgreiche Drei-Säulen-System der schweizerischen Altersvorsorge.

Die Stimmberechtigten entscheiden anlässlich der nationalen Abstimmung vom 22. September über die Zukunft der 2. Säule (Reform der beruflichen Vorsorge («BVG-Reform»)). Diese Reform ist überfällig, denn die letzte Reform ist 20 Jahre her, und das aktuelle Gesetz ist nicht mehr zeitgemäss.

Wir sprechen dabei von einem sehr breit abgestützten Kompromiss. Ein Kompromiss, der die Anliegen der linken Parlamentsseite grosszügig aufgenommen hat, um die Reform mehrheitsfähig zu machen. Dass linke Kreise das Referendum gegen diese insgesamt überaus soziale Reform ergriffen haben, ist deshalb bemerkenswert. Und macht es offensichtlich, dass dieses politische Lager gar nicht an einer modernisierten 2. Säule interessiert ist.

Die lösungsorientierte Mehrheit aber steht hinter dieser Reform: Bundesrat und Parlament, eine breite Allianz von Parteien (GLP, EVP, Die Mitte, FDP und SVP) und Verbänden. Namentlich sagen beispielsweise Gewerbeverband, Arbeitgeberverband, economiesuisse, Baumeisterverband, Swissmem und Versicherungsverband klar JA. Ebenso der Frauendachverband Alliance F, die Bäuerinnen und Landfrauen sowie der katholische Frauenbund.

Diese Kreise kämpfen für diese Reform, weil sie darauf abzielt, die Finanzierung der 2. Säule zu stabilisieren, das Leistungsniveau insgesamt zu erhalten und die Absicherung von Personen mit tiefen Einkommen sowie von Teilzeitbeschäftigten zu verbessern.

Pensionierte sind dabei von der BVG-Reform nicht betroffen. Sie könnten also theoretisch die Hände in den Schoss legen und sich anderen Themen widmen. Ich möchte ihnen nachfolgend darlegen, wieso die Reform für Sie dennoch wichtig ist und wieso sie ihre Unterstützung verdient.

Die BVG-Reform hat folgende Ziele:

  • Steigerung der Arbeitsmarktchancen für ältere Arbeitnehmende: Ältere Arbeitnehmende sind zwar nicht häufiger arbeitslos als jüngere, aber sind sie einmal arbeitslos, dauert es länger, bis sie wieder eine Stelle finden. Manche finden gar keine Anschlusslösung. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass für ältere Arbeitnehmende und ihre Arbeitgeber ab 55 nochmals höhere gesetzliche BVG-Sparbeiträge bezahlt werden müssen. Das macht die Betroffenen für Arbeitgeber teuer und verschlechtert ihre Arbeitsmarktchancen. Die BVG-Reform schafft Abhilfe, indem sie die BVG-Beiträge für ältere Arbeitnehmende senkt. Zudem ist die letzte Beitragserhöhung bereits mit 45 Jahren vorgesehen.
  • Rentenlücken für Teilzeiterwerbstätige schliessen: Heute ist das BVG auf Erwerbstätige mit vollem Pensum ausgerichtet. Dies entsprach der früheren gesellschaftlichen Norm mit vornehmlich Einverdiener-Haushalten, doch heute ist die gelebte Realität meist eine andere. Viele Arbeitnehmende arbeiten heute Teilzeit, darunter sehr viele Mütter, die nach einer Mutterschaftspause wieder arbeitstätig sind. Die Reform wird diesem Fakt gerecht, indem die Einkommensschwelle, ab wann jemand in die 2. Säule einzahlt, gesenkt wird und der Koordinationsabzug angepasst wird. Damit wird das Leistungsniveau für tiefe und mittlere Einkommen (und damit insbesondere für Teilzeitbeschäftigte) verbessert. Und dadurch die Altersvorsorge dieser Personen.
  •  Mehr Gerechtigkeit zwischen den Generationen: Bei der Einführung des BVG rechnete man mit rund 15 (Männer) bzw. 19 (Frauen) Rentenbezugsjahren. Mittlerweile sind es rund 20 (Männer) bzw. 23 (Frauen) Jahre. Während also die Rentenbezugsdauer um über 30 Prozent (Männer) bzw. 20 Prozent (Frauen) zunahm, wurde der Umwandlungssatz seither nur gerade um 0,4 Prozentpunkte (von 7,2 Prozent auf 6,8 Prozent) reduziert. Diese 6,8 Prozent sind heute angesichts der – erfreulicherweise –gestiegenen und weiter steigenden Lebenserwartung noch immer deutlich zu hoch. Eine Reduktion des Umwandlungssatzes ist deshalb zur finanziellen Stabilisierung der beruflichen Vorsorge zwingend.
    Allerdings sind rund 85 Prozent der Erwerbstätigen nicht davon betroffen. Sie verfügen über eine ausreichend überobligatorische Versicherung und ihr Umwandlungssatz wurde bereits durch ihre Pensionskasse angepasst. Für einen massgeblichen Teil der verbleibenden 15 Prozent sieht die Reform zur Sicherung des heutigen Rentenniveaus eine grosszügige Kompensation vor – abhängig vom Altersguthaben und ihrem Alter. Dies ist ein weiteres soziales Element der Reform, das so grosszügig ist, dass es von vielen bürgerlichen Kreisen als zu grosszügig kritisiert wird. Doch auch das ist ein Resultat dieses fein austarierten Kompromisses.
  •  Renten der Rentnerinnen und Rentner bleiben unangetastet: Bei der BVG-Reform sind Rentnerinnen und Rentner nicht betroffen. Die laufenden Pensionskassenrenten sind und bleiben garantiert.

Aus den oben genannten Gründen möchte ich Ihnen aus Überzeugung nahelegen: Sagen sie JA zu diesem gut-schweizerischen Kompromiss zur Stabilisierung unseres erfolgreichen Drei-Säulen-Systems und für mehr soziale Gerechtigkeit in der zweiten Säule.


Barbara Zimmermann-Gerster ist Leiterin Sozialpolitik beim Schweizerischen Arbeitgeberverband

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