Die Kornschütte in Luzern zeigt bis 17. November aktuelle Werke des preisgekrönten Fotografen Hans Eggermann. Auf seine eigene Art fängt er Alltagssituationen ein.
Eggermann absolvierte seine Ausbildung zum Fachfotografen bei Peter Ammon, dem er die Ausstellung «Da und Dort» widmet. Seine Ausdrucksmittel sind die analoge wie die digitale Fotografie. Auch in der Filmwelt ist er sattelfest, drehte er doch verschiedene Filme beim Bau des Gotthardbahntunnels.
Für sein Wirken erhielt er 2006 den «Lifetime Award» vom Verband Schweizer Berufsfotografen. In den letzten Jahren vermachte er seinen Nachlass dem Luzerner Staatsarchiv, der eigentlichen Schatzkammer des Kantons Luzern. Dieses ist bemüht, seinen Einlagerungen ein 1000-jähriges Überleben zu ermöglichen: behördlichen Akten, aber auch nicht-staatlichen Dokumenten mit zeitgeschichtlichem Wert.
In einem gekühlten Raum im Erdgeschoss des Luzerner Staatsarchivs beugen sich Hans Eggermann und die Kunsthistorikerin Claudia Hermann über eine fotografische Arbeit, die in ihrer psychedelischen Flower-Power-Ästhetik die Herkunft aus den 1970er-Jahren nicht verleugnen kann. Hans Eggermann hatte diese für die Luzerner Avantgarde-Jazz-Formation OM geschaffen, kurz nach deren Gründung 1972 – mittels zahlreicher Filter in aufwändiger Handarbeit im Fotolabor. Denn damals gab es noch kein «Photoshop», es gab noch nicht mal handelsübliche Computer.
Das Lebenswerk von Hans Eggermann umfasst schätzungsweise 80’000 Teile, meist Fotonegative und Dias, aber auch 16-mm-Filmrollen, Videokassetten, Drehbücher, Broschüren – entstanden ab 1955. Hans Eggermann, 87 Jahre alt, wollte verhindern, dass die Nachkommen sich nach seinem Ableben mit der riesigen Hinterlassenschaft befassen müssen, überfordert von der Fülle und dem Entscheid, was mit all dem geschehen soll. Vorlass statt Nachlass, nennt sich dies. Es ist eine Art Triage: Was bleibt beim Staatsarchiv, was geht zurück an die Stiftung Fotodokumentation Luzern.
Der Fotograf hat seinen Vorlass der Fotodok geschenkt, einer Stiftung, die im Kanton Luzern das Kulturgut Fotografie bewahrt, weshalb sie über den weiteren Verbleib der Bilder bestimmt. Der Fotograf kommt nur noch im Bedarfsfall ins Staatsarchiv, wenn offene Fragen geklärt werden müssen. Üblicherweise sichtet Claudia Hermann das Werk mit Emanuel Ammon, Vertreter von Fotodok. Er ist selbst Fotograf, einst Lehrling von Hans Eggermann und Sohn des einstigen Lehrmeisters von Hans Eggermann.
Worin liegt die Herausforderung bei der Sichtung und Bewertung einer solchen umfassenden Sammlung? Zuerst musste sich Hermann einen Gesamtüberblick verschaffen, wozu sie zahlreiche Excel-Tabellen füllte. «Nun muss ich erkennen, was das Wichtigste in diesem Werk ist, um überhaupt den Bestand werten zu können», erläutert die Kunsthistorikerin. Der Blick in diesen Fotoschatz verschafft ihr gelegentlich auch Aha-Erlebnisse, denn viele Bilder lassen eine Epoche aufleben, die in die Kinderzeit von Hermann zurückreicht – etwa wenn sie auf Fotos stösst, die Eggermann von der Hochzeit ihrer Gotte gemacht hat und sie sich als jenes Kind erkennt, das der Braut einen Blumenstrauss überreicht… Doch um als erhaltenswert eingestuft zu werden, müssen Fotos über das Private hinaus einen exemplarischen, zeitgeschichtlichen Wert haben. Denn das Staatsarchiv ist in seiner Entgegennahme von privaten Materialien sehr selektiv, allein schon aus Kostengründen.
In erster Linie ist das Staatsarchiv der Aufbewahrungsort staatlicher Akten, früher auf Papier, heute digital. Doch es hütet auch nicht-staatliche Archive, solche, die im weitesten Sinne der Dokumentation des Kantons Luzern dienen. Und hierzu leistet das Werk von Hans Eggermann einen wertvollen Beitrag. Eggermann war der fotografische Dokumentalist zahlreicher Luzerner Entwicklungen und Ereignisse der letzten 70 Jahre. Industriedokumentationen oder Modewerbung gehören ebenso dazu wie Reportagen über die Entstehung des KKL, über Kunstsammlungen und die Luzerner Spielleute oder städtebauliche Betrachtungen – ein preisgekröntes Foto- und Filmwerk.
Doch gerade eine Sammlung wie die von Eggermann ist nur mit grossem Aufwand fit für die Ewigkeit zu machen. Denn die unterschiedlichen Medien stellen das Archiv vor einige Probleme: Während die 16-mm-Filmrollen einigermassen gut altern, lösen sich die jüngeren Videokassetten aus den 1970er- und 1980er-Jahren allmählich auf. Und eine bestimmte Generation von Fotonegativen, besonders die aus den 1960er-Jahren, riecht heute nach Essig und beginnt zu schrumpeln. Solche in Auflösung begriffene Werke müssen, sofern als erhaltenswert eingestuft, vor ihrem endgültigen Verschwinden umgehend digitalisiert werden.
2014 fand die Übergabe der Eggermann’schen «Hinterlassenschaft» an Fotodok und Staatsarchiv statt. «Bis in zwei Jahren sollte die Sammlung erfasst und archiviert sein», sagt Claudia Hermann. Dann werden sich Interessierte über das Internet einen Einblick in das reiche Werk von Hans Eggermann verschaffen können – die nächsten 1000 Jahre, so das Versprechen des Luzerner Staatsarchivs.
Fotos: Josef Ritler
Super Ausstellung – eine grosse Anregung für eigene kreative Fotos.