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Macht Reichtum glücklich?

Deine Frage, lieber Fritz, ob Reichtum glücklich mache, kann ich leider nicht ohne weiteres beantworten, denn ich weiss nicht, was du unter Reichtum verstehst und was Gück ist, kann niemand genau beantworten. Glück ist eine subjektive Erfahrung. Und so gibt es millionenfach unterschiedliches Glück. Soll ich deine Frage beantworten, so darfst Du nicht vergessen, dass es unendlich viele Menschen gibt, die in Armut leben. Wie steht es um ihr Glück?

Ich kann Dir auch nicht sicher sagen, ob der reichste Mann der Welt, Elon Musk, glücklich ist. Er kommt mir sehr exzentrisch vor. Würde er mir irgendwo begegnen, würde ich ihn kaum beachten. Diogenes Laertios (180 – 240 n. Chr.) schreibt in «Leben und Lehre der Philosophen», wie sich Diogenes von Sinope, der Sohn eines Bankers, der in einem Fass lebte, sich gegen den Welteroberer verhielt. Als ihm ein Reiter hoch zu Ross begegnete, sagte dieser: «Ich bin Alexander, der Grosse», worauf er antwortete: «Ich bin Diogenes der Hund.» Auf die Frage, weshalb er Hund heisse, antwortete er, weil ich diejenigen mit Schwänzeln begrüsse, die mir etwas geben, jene, die mir nichts geben, anbelle und jene beisse, die Böses tun.» Hierauf sagte er zu ihm: «Geh’ mir bitte aus der Sonne.»

Sollte Deine Frage, Fritz, dem grossen Reichtum gelten, vermute ich, dass sehr reiche Leute nicht glücklich sind. Sie sind Sklaven ihres Reichtums, der sie vor sich hertreibt. Bei Musk geht es nicht nur um Raketen. Er spürt plötzlich den höheren Reiz, Politiker zu spielen und setzt auf Trump. Das ist ein sicheres Zeichen, dass er mit seinem Reichtum nicht zufrieden ist; und ist einer nicht zufrieden, kann er nicht glücklich sein. Da kann er auf der Bühne neben Trump noch so ausgelassen tollen und die Arme verwerfen. Dieser Auftritt ist nicht ein Zeichen des Glücks, vielmehr des Übermuts. Natürlich ist es auch ein Zeichen, dass ihm Reichtum nicht genügt. Er will Politik machen.

Das vermute ich auch von den Schweizer Milliardären, die mir den Flyer «Kompass/Europa» zugeschickt haben, um mir zu sagen, wie ich abzustimmen hätte. Sie muss die Angst quälen, dass das Volk die EU-Verträge annehmen könnte und ich mein Azimut nicht richtig eingestellt habe. Auch daraus spürst du, dass das Geld allein sie nicht glücklich macht, denn sie wollen mit ihm eine politische Rolle spielen, ohne den Mut zu haben, sich selber wählen zu lassen.

Du weisst, ich bin skeptisch gegenüber dem grossen Reichtum, denn er macht aus Menschen Aktivisten. Zum Zyniker, lieber Fritz, neige ich nicht. Dass das viele Geld Menschen glücklich macht, glauben nur unverbesserliche Optimisten. Darum müsstest du einen Pessimisten fragen, zum Beispiel Arthur Schopenhauer, den grossen Philosophen. Im Buch «Aphorismen zur Lebensweisheit» geht er 1851 in drei Kapiteln Deiner Frage nach: «Was einer ist, was einer hat und was einer vorstellt.» Er kommt zum Schluss, dass unser Glück von dem abhängt, was einer sei, von der Individualität; während man meistens glaubt, es leite sich davon ab, was einer habe oder vorstelle. Daraus kannst du folgern, dass einer, der seinen Schrebergarten liebt, glücklicher sein kann, als ein Alexander und seinesgleichen. Denn als der Eroberer schon in den Sielen lag, zerstückelten die Diadochen (oder Erben) das Reich, das einst bis nach Indien gereicht hatte. Du siehst, ich kann Dir eigentlich auch keine schlüssige Antwort auf Deine Frage geben, nur meine Meinung kundtun.

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2 Kommentare

  1. Aufschlussreicher Text, der die mit Reichtum oft verbundene Macht ausklammert. Reiche, die ich kenne, erlauben sich oft allerhand Frechheiten und Übergriffe gegenüber weniger bemittelten. Sie können sich auch eher leisten, das Recht zu ihren Gunsten zu biegen, oft allein wegen ihrem längeren Atem in einer juristischen Auseinandersetzung. Vermutlich streben viel nach Reichtum, weil sie denken das Glück bestehe in der Macht über andere Menschen, Tiere, ja die ganze Biosphäre.

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