StartseiteMagazinKolumnenSprachslalom und andere Kapriolen

Sprachslalom und andere Kapriolen

«Daran hat sich nichts grundsätzlich etwas geändert», das ist ein Tanz zwischen den Begriffen. Hat sich oder hat sich nichts geändert? Es braucht zwei Anläufe, bis man den Kern der Aussage erfasst. Nur, anders als beim Slalomrennen, verzichten Lesende lieber auf den zweiten Lauf – und steigen aus der Meldung aus. Wie auch bei dieser richtig schönen doppelten Verneinung: «Es wäre nicht unkompliziert … .» Bitte Überflüssiges streichen, das Leseverständnis dankt es. Das Leben ist schon kompliziert genug.

Zweiter Lauf auch bei diesem Satz: «Was waren das nicht für schöne Zeiten, als man noch gemeinsam in die Ferien ging.» Es ist auch hier keine doppelte Verneinung, aber trotzdem falsch. Denn es waren ja schöne Zeiten und ein «nicht» hat da nichts zu suchen. Ausser, man liebt Helvetismen. «Was sind das nöd für schöne Ziite gsi!» So stimmts, wenigstens in einer bodenständigen Schweizer Zeitung.

Gilt auch für das nächste Beispiel: «Zwei Frauen laufen die Strasse entlang.» Wir haben es schon in der Primarschule gelernt: In der Schriftsprache gehen, wandern, schlendern, spazieren diese Frauen, ausser sie joggen. Oder sie sind auf der Flucht oder trainieren für den nächsten Marathon.

Wer aktuell bleiben will, der gendert. Zum Beispiel so: Da ist die Rede von den «Reinigern und Reinigerinnen» – nein, damit sind keine geschlechtsspezifischen Putzmittelflaschen gemeint – und andernorts von den hungrigen Vögeln und Vögelinnen. Kein Witz, stand so in zwei Zeitungen. Ich warte jetzt auf die Katzen und Kätzinnen, die Hühner und Hühnerinnen und die Kühe und … . «Isch es en Bueb oder es Meiteli», wurde man früher mit Blick in den Kinderwagen gefragt. Heute würde man sich nach dem Baby oder der Babyn erkundigen. Einfach ein Mensch, müsste man dann sagen, weil das mit der Geschlechtsidentität ja noch nicht so richtig geklärt ist. Ist ja vielleicht eine Menschin.

Oder ein Kind. Passt aber auch nicht immer. «Ein Kind, das seine Eltern pflegt, sollte entschädigt werden». Das wäre dann ein Fall von Kinderarbeit. Es sind die Töchter oder Söhne, die Nachkommen, die folgende Generation, die sich um die betagten Eltern kümmern. Wenn ich meine längst erwachsenen Söhne noch als meine Buben bezeichnen würde – wow, da bekäme ich einiges zu hören!

 

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