SP-Nationalrätin Farah Rumy hat im März ein Interview abgebrochen, weil sie die Fragen des Journalisten für „alltagsrassistisch“ hielt. Der Journalist fragte Rumy, ob sie sich im Nationalrat aufgrund ihrer Herkunft so stark mit dem Handelsabkommen mit Indien befasse. Rumy ist gebürtige Thailänderin. Sie ist Mitglied der Aussenpolitischen Kommission.
Sehr geehrte Frau Nationalrätin. Sie irren sich. Für einen ernsthaften Journalisten gehören solche Fragen zum Job. Er will herauszufinden, weshalb sich jemand mit einem umstrittenen Geschäft befasst. Wenn ein Tessiner Nationalrat eine zweite Gotthard-Röhre bejubelt, darf und muss er ihn fragen, ob er sich für seinen Kanton Vorteile verspricht. Niemand wird ihn deswegen einen bös-bösen Rassisten nennen. Frau Rumy hat dunkle Hautfarbe. Bei solchen Sachgeschäften darf sie deswegen keine besonders schonende Behandlung mit den Antirassimus-Samthandschuhen verlangen.
Als ich kürzlich in unseren angejahrten VW Caddy einstieg, sah ich auf der anderen Strassenseite ein schickes Auto, 80 000 Franken oder so. Dann sah ich einen sehr jungen und sehr dunkelhäutigen Mann aussteigen. Da dachte ich was. Was ich dachte, schreibe ich hier nicht auf. Ich bekäme den Rassismus-Hammer zu spüren. Man darf bei uns immer noch ganz viel denken, eigentlich alles. Aber sagen und schreiben darf man nicht mehr alles. Wenn wir Gedanken lesen könnten, hätten wohl in unserer Umgebung sehr viele eine Rassismus-Gefährdungsmeldung.
Das N-Wort. Da hat sich wohl bei fast allen durchgesetzt, dass man dieses Wort für dunkelhäutige Menschen nicht verwenden soll. Schwarzafrikaner geht. Aber was ist mit schwarz fahren, mit Schwarzhandel, mit Schwarzmalen? Weil negativ besetzt, gehören für Fundis auch diese Wörter auf den Index.
Das Fräulein. Da habe ich doch kürzlich gehört, dass jemand im Restaurant nach dem Fräulein rief und die Servicefachkraft meinte. Tatsächlich gehört das Fräulein immer noch zu manchen Lokalen, vornehmlich zu jenen mit Aromat und Bierstengeln auf den Tischen.
Die Krankenschwester. Verwandt mit den Fräuleins in der Beiz sind die Damen im Spital mit dem Tablet auf dem Rollwagen. Die meisten rebellieren nicht gegen die längst veralteten Berufsbezeichnung. Andere bschweren sich hingegen beim Kollegen, beim kranken Bruder.
Der Indianer. Die richtigen Indianer, also jene mit dem Federschmuck auf dem Kopf, wehren sich zwar nicht gegen diese Bezeichnung. Warum dann die Kritik? Ach so, weil Kolumbus glaubte, dass er in Indien gelandet sei.
Das/der Möngi. Gilt als beleidigende Bezeichnung für Menschen mit Trisomie 21 (Down Syndrom). Jetzt hat sich der Ausdruck in der Jugendsprache eingenistet. Möngi, Möngu, wird verwendet um einen Kollegen zu bestrafen, zu mobben. Tja, die Kids sind da nicht sehr heikel.
Der Zwerg.Wie sollen wir denn das Märchen betiteln: „Schneewittchen und die sieben Kleinwüchsigen“? Die Märchenzwerge sollen sich weiter über ihre Zwergenmützen freuen. Aber abseits vom Märchenbuch ist es krass ungehörig erwachsene kleine Menschen als Zwerge zu beschimpfen.
Die …anten. Manche Wörter verschmutzen leicht. Strahlen sie nicht mehr so richtig, stellt man sie in die Ecke, wo sie ein unangenehmes Gschmäcklein entwickeln. Dadurch werden sie zu Igitt-Wörtern. Nun benötigt man für den gleichen Begriff ein neues Wort. Ein Beispiel für diese Entwicklung ist der Asylant. Asylsuchender tönt schon besser. Und weil Asyl halt doch nicht so glockenrein klingt, benennen wohlmeinende Behördendeutsche den Migranten als Schutzsuchenden.
Die Invaliden. Da verwenden wir landauf landab ein krass diskriminierendes Wort. Und keiner merkt was. Um die Invaliden geht es. Invalid heisst unwert, ungültig. Also bitte: Sind alle, die eine Invalidenrente erhalten unwerte Menschen? In einem Berner Schulhaus entdeckten Rassismus-Suchtruppen vor ein paar Jahren ein problematisches Wand-ABC. Den Buchstaben N hatten die zwei Künstler vor 70 Jahren mit einem schwarzen Menschen symbolisiert. Nun läuteten die Rassismus-Alarmglocken. Unterdessen hängt das Bild im Berner Historischen Museum, versehen mit reichlich einschlägigem Kommentar. Hier im Museum freuen sich die Invaliden, dass der Neger verschwunden ist.
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