Sommerflieder und Kirschlorbeer dürfen seit letztem Jahr in der Schweiz nicht mehr gehandelt werden. Sie verlängern die Verbotsliste des Bundesamts für Umwelt. Die invasiven Neophyten gelten als Störenfriede und Verdränger der Biodiversität.
Vor Jahren war der riesige Sommerflieder im Garten im vollen Blust und eine Invasion von Distelfaltern tat sich am Nektar gütlich. Die Hoffnung, dass die Falter dort auch ihre Eier ablegten, zerschlug sich – im Folgejahr waren zwar andere Bestäuber, aber kein einziger Distelfalter zu sehen. Die Nachforschung ergab: Die Buddleja ist keine Futterpflanze für heimische Schmetterlinge. Damit war ihr Schicksal besiegelt. Dafür wird nun die Brennnessel als Futterpflanze vieler Falter in einer Gartenecke gehegt und gepflegt.
Buddleja-Dolde mit Distelfalter. Foto: pixabay
Die attraktiven Blüten der Buddleja riechen zwar stark und süss und locken damit viele Insekten von heimischen Blütenpflanzen weg. Gleichzeitig liefert der Schmetterlingsflieder den Insekten aber kaum Nahrung. Wer im eigenen Garten auf den Sommerflieder nicht verzichten mag, sollte die abgeblühten Dolden wegschneiden, bevor sich Samen bilden können, damit die negativen Auswirkungen auf die Umwelt gering bleiben.
Pink, lila oder weiss sind die Blüten des Eibisch-Strauchs. Foto: pixabay
Unser Vorschlag für den Ersatz: Der Hibiskus- oder Eibischstrauch. Er blüht im Hochsommer und Frühherbst in ähnlichen Farben wie der Sommerflieder, ist pflegeleicht, bienenfreundlich und erst noch winterhart.
Verboten ist auch der Kirschlorbeer. Besonders seit die Buchshecke vom eingeschleppten Buchsbaumzünsler angefressen wird, hat man sie durch den ebenso wintergrünen Kirschlorbeer ersetzt. Die Blüten und die schwarzen Beeren sind erst noch attraktiver als jene diskret grünen des Buchsbaums. Die für Menschen giftigen Beeren sind bei Vögeln beliebt und werden daher verbreitet: Es gibt heute ganze Waldstücke, die vom Kirschlorbeer so dicht besiedelt sind, dass nichts anderes mehr wächst.
Stechpalmenzweige sind beliebt als Dekoration für den Weihnachtstisch. Foto: EC
Unser Vorschlag für den Ersatz: Eine Hecke aus Eiben oder Stechpalmen: Immergrün, rote Beeren und leicht mit der Heckenschere in Form zu bringen. Freilich ist die Eibe giftig, und die heimische Stechpalme an jungen Trieben kratzig. Warum nicht den früher verbreiteten Liguster als zwar nicht ganz so dichten Sichtschutz anpflanzen? Auch dessen Blütendolden sind weiss, die Beeren schwarz und wie die roten der Stechpalme eine Lieblingsnahrung der Amseln im Spätherbst.
Verblühte kanadische Goldrute: Bald werden die weissen Schirmchen mit den Samen vom Wind verbreitet.
Der dritte Kandidat unter den neuerdings nicht mehr handelbaren invasiven Neophyten ist die nordamerikanische Goldrute, eine imposante Staude, die seit Jahrzehnten in den Gärten wächst, weil sie ausser dem Rückschnitt keine weitere Pflege benötigt. Kein Wunder, breitet sie sich auf freien Flächen aus.
Die Nachtkerze öffnet allabendlich neue Blüten und wird von nachtaktiven Insekten bestäubt.
Unser Vorschlag für den Ersatz: Die Nachtkerze, ohnehin ein Wunder der Natur, weil das Aufblühen der gelben Blüten jeden Abend neu beobachtet werden kann. Eine heimische Pflanze ist auch die Königskerze, von der es verschieden Arten gibt. Oder warum nicht Johanniskraut im Garten pflegen? Wie die Nachtkerze ist es ein Heilkraut und blüht ebenso gelb wie die Goldrute, wenn auch nicht so imposant.
Drüsiges Springkraut hat eine Weide überwuchert. Bild: Landwirtschaftsamt Appenzell Innerrhoden
Nicht mehr so häufig in Gärten, dafür umso massiver in der freien Natur wuchert das drüsige Springkraut. Jährlich versuchen Freiwillige die Pflanze auszureissen, aber das ist eine Sisyphusarbeit, denn winzige Wurzelstücke bringen neue Pflanzen hervor und verdrängen alles andere: Im Schatten dieses zwar pittoresken Gewächses gedeiht nichts anderes mehr. Erfolgreicher scheint ein Versuch, die Flächen zu mähen und dann lichtdicht zuzudecken. Dass die chinesische Hanfpalme, oder Tessiner Palme unkontrolliert Kastanienhaine und Wälder besiedelt und damit zerstört, ist mittlerweile bekannt. Mit der Klimaerwärmung steigt sie in höhere Regionen.
Wer entfernt diese Tessiner Palmen in diesem verwilderten Wald? Bild: Bafu
Aber was bedeutet denn invasiv und was ist ein Neophyt? Ein Neophyt ist letztlich eine gebietsfremde Pflanze, die in einem anderen Lebensraum heimisch ist und meist als Gartenpflanze bei uns eingeführt wurde, weil sie als attraktive Neuheit verkauft werden kann. Das ist letztlich nicht umweltschädlich. Das Problem ergibt sich erst, wenn der Neophyt auch invasiv ist, das heisst, wenn er sich sehr schnell auf Kosten der heimischen Pflanzen massiv ausbreitet, diese verdrängt und schädigt.
Bereits sind viele Beeren dieses Kirschlorbeers von Vögeln gefressen, die Samen weggetragen, wo sie keimen können.
Allfälligen «Feinden» im neuen Lebensraum sind diese Pflanzen noch unbekannt. Deswegen gibt es keine natürlichen Kontrollinstanzen wie im Herkunftsgebiet, die sie im Gleichgewicht halten. Da die Pflanzen schnell wachsen und sich unkontrolliert verbreiten, gefährden sie im neuen Lebensraum die biologische Vielfalt. Sie können einheimische Arten verdrängen oder hybridisieren, ökologische Faktoren verändern und die Funktion einheimischer Ökosysteme beeinträchtigen. Zudem können sie Krankheiten und Parasiten übertragen. Das entnehmen wir den Ratschlägen der Gartenfirma Hauenstein Rafz, die seit letztem Herbst vom Verkauf einer ganzen Reihe früher beliebter Pflanzen absehen muss, aber auch Alternativen bietet.
Die Liste der verbotenen invasiven Neophyten ist umfangreich, hier erwähnen wir vor allem jene, die seit letztem Jahr nicht mehr gehandelt und gepflanzt werden dürfen, aber noch in manchen Gärten stehen. Es ist damit zu rechnen, dass künftig weitere Sträucher, Bäume oder Stauden dazukommen, denn in einer globalisierten reisefreudigen Welt wird das und jenes entdeckt und importiert. Die Wirkung auf den Lebensraum in unseren Breitengraden ist eine Wundertüte: Entweder kann sich das Gewächs gar nicht ansiedeln, oder es bleibt unter Kontrolle oder es breitet sich aus und schädigt die Natur.
Beim Schmetterlingsflieder sollten die abgeblühten Dolden entsorgt werden. Bild: Bafu
Kantone und Gemeinden sind bestrebt, die Verbote und Vorschriften des Bundesamts für Umwelt umzusetzen. Es gibt Merkblätter und Aktionen für die Bekämpfung der unerwünschten Pflanzen in der Landschaft. Auch Gartenbesitzer können das ihre tun, selbst wenn sie Kirschlorbeer und Co. vorläufig behalten wollen: Gleich nach der Blüte schneiden, so dass sich keine Früchte bilden, die dann von Vögeln verbreitet werden. Das Schnittgut nicht kompostieren, sondern im Hauskehricht entsorgen.
Berberitzen eignen sich als bunte Hecken, deren essbare Früchte sind erst noch kleine Vitaminbomben.
Im Kanton Graubünden läuft diesen Herbst eine besondere Aktion: Nicht nur invasive Neophyten sollen durch einheimische Sträucher ersetzt werden, auch andere gebietsfremde Pflanzen wie die Forsythia, die den Insekten gar nichts bietet, soll zugunsten von Berberitzen oder der Kornelkirsche verschwinden. Wie das geht: Wer eine gebietsfremde Pflanze samt Wurzel zum Tauschen bringt, kann ein einheimisches Gewächs mitnehmen und einpflanzen. Organisiert wird das ganze vom Ranger Team Graubünden.
Wer in seinem Garten Brennnesseln wachsen lässt, fördert Schmetterlingsarten
Fast scheint es, dass in Deutschland eine Welle der Erleichterung bei Naturschutzorganisationen und Wissenschaft durch die Lande schwappt: Auf einschlägigen Webportalen wird von der Neupflanzung einer Kirschlorbeerhecke abgeraten, oder es wird auf Alternativen zum Schmetterlingsflieder hingewiesen. Oder auch dies: Pflanzen Sie unter Ihre Buddleja Brennesseln oder Knoblauchrauke als Wirtspflanzen für die Eiablage des Admirals oder des Tagpfauenauges.
Titelbild: Kirschlorbeerhecke. Foto: pixabay
Fotos: Wikicommons
Eine Handvoll Links:
Die vollständige Liste der invasiven Neophyten in der Schweiz
Auf Infoflora finden Sie Hinweise zum Umgang mit verbotenen Pflanzen
sowie Merkblätter und Porträts einzelner Pflanzen
Ein Beitrag zu Klimawandel und invasive Neophyten
Das Ranger Team Graubünden veranstaltet im Spätherbst eine Sträuchertauschaktion



Ein informativer Text!
Danke!