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Angeline – beherzt engagiert

Angeline Fankhauser kam 1936 in La Rippe (VD) zur Welt, inmitten von Kühen. Ihr Vater war Stallknecht, ihre Mutter besorgte die Hausarbeit und Wäsche für Landarbeiter. Angeline erinnert sich an eine anfänglich «unbeschwerte Kindheit». Trotz Krieg, rund um die Schweiz. Bis der Vater verunfallte und sechs Jahre später starb. Sozialhilfe federte die Notlage etwas ab. Noch fehlte eine Invalidenversicherung. Und die AHV trat erst 1948 in Kraft. Sie brachte immerhin eine kleine Witwenrente. So erfuhr Angeline früh, was human und solidarisch sein könnte. Bereits 1943 erlebte sie, 7-jährig, wie Flüchtlinge abgewiesen wurden. Mit tödlichem Ausgang.

Ein Zustupf ermöglichte Angeline eine pädagogische Ausbildung. Und als ihr Mann, ein Polizist, eine Anstellung im Kanton Baselland erhielt, zügelte die bald vierköpfige Familie 1962 nach Binningen. Da engagierte sich Angeline beispielsweise für Tagesmütter und einen Robi-Spielplatz. Über freiwillige Arbeit avancierte sie 1972 zur Einwohnerrätin, 1976 zur Landrätin und 1983 zur Nationalrätin. Dies als erste Baselbieter Frau im Bundesparlament. Hier leistete Angeline bis 1999 «viel Knochenarbeit». So auch in der Geschäftsprüfungs- und Staatspolitischen Kommission. Zudem lancierte sie wichtige Vorstösse. Und reüssierte beispielsweise 1991 damit, die Ausbildungs- und Kinderzulagen harmonisiert anzuheben.

Beruflich leitete Angeline die Familienhilfe bei der Pro Juventute (1974-86) und das  Schweizerische Arbeiter-Hilfswerk (1986-97). Sie präsidierte auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe und engagierte sich nach ihrer Pensionierung (1997) mitverantwortlich bei den Grauen Panthern (NWCH), bei der Vereinigung aktiver Senioren- und Selbsthilfe-Organisationen der Schweiz (Vasos) und beim Schweizerischen Seniorenrat.

Marc Joset, ein langjähriger Vertrauter von Angeline, porträtiert sie in einem anschaulichen Buch (s.u.), das dieser Tage erscheint. Mit Stimmen von Mitstreitenden. «Was bleibt, ist ihre Ehrlichkeit – und das will in einem politischen Umfeld etwas heissen», erinnert Moritz Leuenberger seine ehemalige Sitznachbarin im Nationalrat. 1988 unterstützte die nonkonforme Sozialdemokratin sogar die Initiative für eine Schweiz ohne Armee (GSoA).

Ich danke Dir, liebe Angeline, für Deine liebenswürdige Beharrlichkeit. Im Sinne von vielen, die Dich so kennen und schätzen. Du hast Dich oft beherzt für Kinder, Alte und Flüchtlinge engagiert. Für Menschen, die Unterstützung benötigen. Du hast ihnen zugehört, von ihnen gelernt und Dich berühren lassen. So nahm ich Dich wahr: lebendig und bezogen. Mit konkreten Sachverhalten vertraut. Und an dem interessiert, was dahintersteckt. So fragtest Du nach, wolltest Zusammenhänge verstehen. Auch theoretische Ansätze, die sich aber in der Praxis bewähren müssen. Diesen Anspruch hältst Du weiterhin hoch.

Und Du sagst, was Du denkst. Sprichst klar und direkt. Selbst bewegt. Das hilft, andere zu erreichen. Empört oder freudvoll. Einfach authentisch. So kannst Du auch Zweifel zulassen und Dich mit Widersprüchen auseinandersetzen. Für mich warst und bist Du eine ideale Politikerin. Dies auch deshalb, weil Du selbst menschlich und, trotz allem, fröhlich bliebst.

Gerne erinnere ich ein kleines Highlight: am 29. November 2011. Da tauften wir miteinander das Tango-Tram. Musikalisch begleitet. Zusammen mit vielen weiteren Grauen Panther*innen. Basis nah. So, wie es zu Dir passt.

Ich danke Dir, liebe Angeline, für alles. Und wünsche Dir viel Erfreuliches. Auch bei dem, was Du heute vermehrt tun kannst. So, wie Du selber sagst: «Alter schafft viel Freiheit. Ich muss nichts mehr müssen und kann neue Fähigkeiten entdecken, zum Beispiel im Sommer die Gartenarbeit, im Winter das Puzzlen, wenn der Garten schläft. Stundenlang bei klassischer Musik, eine Wonne.»

Marc Joset, Beherzt voran! Angeline Fankhauser. Porträt einer Politikerin. Edition Text und Media (ETuM.ch), 87 S., SFr. 20.-. ISBN 978-3-9526337-9-3. Vertrieb auch über: kontakt@margreth-von-holt.ch

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