StartseiteMagazinWissenEin Gauguin-Porträt – echt oder gefälscht

Ein Gauguin-Porträt – echt oder gefälscht

Das Kunstmuseum Basel besitzt das mutmasslich letzte Selbstporträt von Paul Gauguin. Vor kurzem kam die Frage auf, ob das Porträt 1903 vom Künstler selbst gemalt wurde, der damals schon krank war und im Mai jenes Jahres starb. – Eine spannende Geschichte.

Paul Gauguin (*1848 in Paris) lebte nach unruhigen Jahrzehnten seit 1895 in Französisch-Polynesien, zunächst in Papeete; 1901 zog er nach Atuona, den Hauptort der Marquesas-Insel Hiva Oa. Dort starb er am 8. Mai 1903. – Dass sein Leben auch dort nicht in ruhigen Bahnen verlief, spielt für die Beurteilung seines letzten Selbstporträts keine Rolle.

Den Anstoss für die eingehenden Untersuchungen des Basler Kunstmuseums, ob der Künstler das Bild selbst gemalt habe, gab der Sammler und Gauguin-Enthusiast Fabrice Fourmanoir: Er wandte sich im März 2025 an das Museum mit dem Zweifel, ob das Portrait de l’artiste par lui-même (1903) echt sei. Er vermutete nämlich, dass Gauguin in jenem Jahr schon zu krank gewesen sei, um noch selbst zu malen, und schloss daraus, das Werk sei nach einer Fotografie von Gauguin von dessen Freund und Pfleger Ky-Dong gemalt worden. Dieser, mit richtigem Namen Nguyen Van Cam, half seinem Meister bei allen Angelegenheiten und wird als erster Besitzer des Bildes genannt.

Paul Gauguin, Portrait de l’artiste par lui-même, 1903, Kunstmuseum Basel, Foto: Max Ehrengruber

Zweifel an der Echtheit des Selbstporträts hatten schon 1924 bestanden, als es in eine Auktion aufgenommen werden sollte; 1928 wurde es in der Kunsthalle Basel als «mutmassliches Selbstbildnis» deklariert. 1945 kam das Gemälde in die Sammlung des Kunstmuseums. Im Jahresbericht 1948 widmete der damalige Direktor Georg Schmidt dem Bild eine lange und differenzierte Betrachtung insbesondere in Bezug auf die Echtheit des Werks.

Vom Meister selbst gemalt oder von seinem Freund und Helfer

Die Methoden, die Geschichte eines Kunstwerks zu rekonstruieren und seine Echtheit zu prüfen, haben sich im Laufe des 20. Jahrhunderts entscheidend verbessert und verfeinert. Es lohnt sich, diesen Prozess genauer anzuschauen.

bearbeitete UV-Aufnahme: Paul Gauguin, Portrait de l’artiste par lui-même, 1903, Kunstmuseum Basel, Foto: Max Ehrengruber 

Zunächst wurden die vorhandenen Daten mit publizierten Angaben von Werken aus Gauguins letzter Schaffensphase verglichen. Daraus ergab sich, dass die wesentlichen Malmaterialien des Porträts der Zeit um 1900 entsprechen. Das heisst, die Grundlage des Bildes, die Leinwand, und die Farb- und Bindemittel sind die gleichen, die der Maler auch auf anderen Werken benutzte. Jedoch zeigen die Untersuchungen auch, dass das Werk im Gesicht überarbeitet wurde; In den Bereichen von Stirn, Augen, Kinnbart, Nase und Hals wurde das Porträt übermalt. Ganz konkret lesen wir im Bericht des Kunstmuseums: «Die Übermalungen zeigen unter Anregung im UV-Licht eine geringere Fluoreszenz, möglicherweise bedingt durch eine andere Zusammensetzung der Ölfarben.»

Überarbeitungen am Bild entdeckt

Ausserdem wurden in den übermalten Partien auch Anteile von Titanweiss nachgewiesen. Da diese Farbe erst ab 1918 Verbreitung fand, können diese Retuschen erst danach erfolgt sein. Das Kunstmuseum besitzt eine Fotografie des Gemäldes aus dem Jahr 1926, wo diese übermalten Partien sichtbar sind, das heisst: Diese Retuschen können nur in den Jahren von ca. 1918 bis 1926 entstanden sein – vielleicht, weil ein Verkauf des Bildes vorgesehen war.

Foto aus der Werkakte 1926: Paul Gauguin, Portrait de l’artiste par lui-même, 1903, Kunstmuseum Basel, 

Um alle Möglichkeiten, die genaue Entstehung zu eruieren, bat das Kunstmuseum Basel das Gauguin Komitee des Wildenstein-Plattner-Institute in Paris um deren Expertise. Zu diesem Institut gehört eine international zusammengesetzte Expertengruppe, die den digitalen Catalogue Raisonné zu Paul Gauguin erarbeitet hat und herausgibt. Nach deren Begutachtung ist das Komitee überzeugt, dass es sich beim Portrait de l’artiste par lui-même ohne Zweifel um ein Werk Gauguins handelt. Es wird daher weiterhin im Werkverzeichnis dieses Instituts online aufgeführt (als Autoportrait aux lunettes).

Rückseite des Originals mit den Vermerken von Ausstellungen, wo es gezeigt wurde. Alle Bilder: © Kunstmuseum Basel

So viele Informationen wie möglich sammeln

Als bekannt wurde, dass das Kunstmuseum Basel die Echtheit des Gemäldes überprüfte, nahm eine Forscherin der Universität Leicester Kontakt zum Museum auf. Dr. Lorraine M. Paterson ist Biografin des oben erwähnten Exilanten Nguyen Van Cam aus Vietnam. Sie konnte die Recherchen des Kunstmuseums mit neuen Informationen über den mit Gauguin eng vertrauten ersten Besitzer des Werks ergänzen.

Fazit

Aus dem Bericht des Kunstmuseums: «Es ist höchst unwahrscheinlich, dass das Werk eine spätere Fälschung ist. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass es 1903 von Gauguin geschaffen wurde, möglicherweise mit der Unterstützung von Nguyen Van Cam. Hier besteht jedoch keine Eindeutigkeit. Es konnte eine partielle Überarbeitung des Portraits durch Dritte aus dem Zeitraum zwischen 1918 und 1926 nachgewiesen werden. Eine Fälschungsabsicht ist nicht zu erkennen.

Das Kunstmuseum freut sich, dass die Untersuchung die komplexe Geschichte des Werks und seinen Platz innerhalb von Gauguins Spätwerk geklärt hat. Das Gemälde ist aktuell im ersten Obergeschoss des Hauptbaus in Raum 30 ausgestellt.»

Diese Ausführungen stützen sich auf eine
Pressemitteilung des Kunstmuseums Basel.

Titelbild: pixabay.com

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