StartseiteMagazinGesellschaftEin Fest für das Haus der Geschichten

Ein Fest für das Haus der Geschichten

Das grosse Eröffnungsfest für das erweiterte Landesmuseum in Zürich dauert 26 Stunden – für 26 Kantone

Eine Nacht und einen Tag lang ins Museum – davon träumten Sie vielleicht auch schon. Jetzt passt es: Das Landesmuseum beim Zürcher Hauptbahnhof feiert den Neubau und die (fast) vollendete Renovation des gesamten Hauses mit einer Party für alle. Punkt 18 Uhr am kommenden Sonntag gehen die Türen auf. Davor wird offiziell eingeweiht mit Bundesrat Alain Berset und Vertretungen aller Regierungen der 26 Stände („samt Standesweibel!“), welche sich später wie es hierzulande der Brauch ist, unters Volk mischen.

Aussergewöhnliche Exponate: Francesco Lauranas Büste der Beatrix von Aragón, Neapel, um 1474/75 aus The Frick Collection, New York, im Dialog mit Tizians Ölgmälde von Antoine Perrenot de Granvelle, 1548. The Nelson-Atkins Museum of Art, Kansas City, Missouri.

Wer Glück hat, kann sich live an der Rede des Innenministers Berset freuen, die anderen finden sie nach dem Fest auf der Homepage des EDI). Am Freitag sprach Museumsdirektor Andreas Spillmann zu einer Hundertschaft Medienvertreterinnen, Journalisten und Fotografen kurz und stolz. Sein Dank galt den Planern und dem Bauherrn, nämlich dem Architekturbüro Christ & Gantenbein, Basel und dem Bundesamt Bauten und Logistik: Beide hätten den Kostenrahmen eingehalten und die Zeiten nicht überschritten.

Das Landesmuseum feiert 26 Stunden die Eröffnung des Erweiterungsbaus

Der neue Bau, der das Märchenschloss von Gustav Gull mit den offenen Seitenflügeln zu einer Hofrandbebauung ergänzt – für Museumsbesucher soll das Erlebnis nicht wie bisher in einer Sackgasse enden – bietet nebst viel Nutzfläche für Werkräume und Museumstechnik sowie einem Auditorium für Vorträge und Diskussionen 2200 Quadratmeter Ausstellungsfläche.

Wer zum Eröffnungsfest kommt, steigt aus der Bahnhofunterführung empor und schreitet pfeilgerade über den offenen Hof (links der Turm mit dem alten Eingang, rechts die neue Gastronomie des Spitz mit Gartentischen) durch die Eingangstüren des Zwischenbaus ins Foyer: Von dort geht es links in die Boutique mit viel Büchern und Katalogen zur Schweizer Geschichte und zu den Ausstellungen, aber auch Objekten und Gadgets aus allen Regionen der Schweiz.

Neues Wissen verbreitet sich dank der Erfindung des Buchdrucks rasch durch ganz Europa © Schweizerisches Nationalmuseum

Am Bistro vorbei findet sich der Eingangsraum zur Renaissance-Ausstellung, die mit der grossen Treppe erst recht spektakulär losgeht: Stufe um Stufe nähern wir uns dem dramatisch beleuchteten Kirchenmodell von Todi: Der Gang durch die beiden neuen Ausstellungen ist ein grossartiges sinnliches Erlebnis.

Sie kuratierten die Renaissance-Ausstellung: Bernd Roeck, Universität Zürich, und Denise Tonella (Schweizerisches Nationalmuseum)

Das 15. und 16. Jahrhundert sind eine revolutionäre Zeit: ein neues Weltbild entsteht, ein unbekannter Kontinent wird entdeckt, die Zentralperspektive kommt dank der Mathematik in die Malerei, reformatorische Ideen setzten der alten Kirchenherrschaft zu, der Buchdruck wird erfunden, womit Wissen und Kunst überall zu haben war. Nicht weniger wichtig für die Zukunft ist der Fortschritt in der Medizin und im Handwerk. Nebenbei erzählt uns die Renaissance-Ausstellung auch, woher der Begriff stammt: Erfunden hat ihn der Basler Jacob Burckhardt, dessen Werk Die Kultur der Renaissance in Italien von 1860 bis heute beachtet werden muss. Die Kuratoren Denise Tonella vom Landesmuseum und Bernd Roeck von der Uni Zürich haben eine einzigartige Schau über eine Zeit des Umbruchs, die Alte Eidgenossenschaft mittendrin, aufgebaut. Wir kommen später darauf zurück.

Nicht weniger spektakulär ist die neue Archäologie-Schau. Aus den Kantonen bekam das Landesmuseum prominente Leihgaben für die neue Dauerausstellung, unter anderen die keltischen Goldringe aus Uri oder eine Chorschranke aus dem Kloster Müstair. Es ist die „Entwicklung der Menschheitsgeschichte auf dem Gebiet der Schweiz“, sagt die Chefkuratorin des Landesmuseums, Heidi Amrein, die mit Kurator Luca Tori die 1400 Objekte für die Inszenierung in den drei Themenbereichen Terra – Homo – Natura auswählte. Die Objekte aus 100’000 Jahren sind dank zeitgemässer Museumstechnik durchaus zugänglich und erzählen jedes seine Geschichte. Beispielsweise jene des „Schweizer Ötzi“ vom Schnidejoch, oder anhand eines Weidekörbchen vom Zürichsee jene von den Pfahlbauern. Sie sind in Vitrinen präsentiert, beleuchtet von einem Pendellicht, das weit oben genau an der Fundstelle in einem über den Köpfen schwebenden Relief der Schweiz aus Aluminiumteilen aufgehängt ist.

Blick auf die goldene Altstetter Schale, im Hintergrund raumhohe Vitrinen in der Dauerausstellung Archäologie

Im Teil Homo umfassen sieben raumhohe Vitrinen mit zahlreichen Objekten je eine Epoche, angefangen bei Steinwerkzeugen bis hin zu Funden aus dem frühen Mittelalter: Geschichte des Menschen im Raum der heutigen Schweiz wird dank medialer Aufbereitung erlebbar: Vor den Vitrinen gibt es Scanner, mit denen jeder einzelne Fund in den Fokus gebracht wird, so dass seine Geschichte samt Fundort, Gebrauch, kultureller Einordnung gelesen werden kann: Interaktion animiert, genauer hinzusehen.

Mondhorn aus Ton, gebrannt. Um 900 v. Chr. Kanton Zürich ©  Kantonsarchäologie Zürich

Über die Domestizierung der Ochsen oder die Kultivierung der Gräser zum Getreide erfahren wir im Bereich Natura nochmals eine Möglichkeit der Inszenierung mit modernen Mitteln, die das Atelier Brückner zusammen mit den Kuratoren gebaut hat: Ein grosser Videoscreen, aktiviert durch die Besucher, zeigt eben die Geschichte der Haustiere, direkt auf die graue Betonwand der Ausstellungshalle projiziert, sieben mal vier Meter gross und erst noch schräg: Es ist eine der Wände der „Brücke“ die den Hof des Altbaus zum Platzspitz-Park durchlässig macht und wo sonntags einer der Festorte ist.

Interaktiv die Domestizierung des Rindviehs erfahren: wann waren Kühe gross (Römerzeit), wann klein (Mittelalter)

Das grosse Opening – 26 Stunden lang für 26 Kantone – bedeutet nicht nur offene Ausstellungsräume, ein geöffnetes Restaurant Spitz, ein Studienzentrum fürs spätere Studieren, sondern auch eine Unzahl von Begleitveranstaltungen für klein und gross. Es gibt Führungen, architektonische und thematische, unter anderen sitzen die beiden Architekten Emanuel Christ und Christoph Gantenbein mit Andreas Spillmann bei einem Podiumsgespräch, oder die Museumsdirektoren vom Kunsthaus Aargau und vom Bündner Kunstmuseum unterhalten sich mit dem Direktor des Schweizerischen Nationalmuseums über ihre Aufgabe. Oder wie wär’s mit einem Tanzkurs Renaissance, tanzen lernen wie die Bürger, aber auch die Bauern im 16. Jahrhundert, oder bodenständig Schwingen lernen? Sie können auch mit der Gotthardpost, die gelb-schwarz poliert bereit steht, zwar nicht über den Pass, aber durch den Park hinterm Museum fahren. Falls Sie den Besuch mit den Enkeln planen, das Kinderprogramm ist so reich, dass die Kleinen wohl zu müde für die Erst-Augustfeier sein werden.

Der Raum unterm «Brückenbogen» zum Platzspitz-Park wird für die grosse Party eingerichtet

Alle Details erfahren Sie hier. Ebenfalls wie Sie sich anmelden können, denn bei praktisch allen Angeboten ist die Teilnehmerzahl beschränkt. Grosse Ausnahme: die Party im Spiegelzelt und im Innenhof, wo rundfunk.fm zu Gast ist. Das Landesmuseum kümmert sich auch ums Partyvolk.

Fotos (wenn nicht anders erwähnt) © Eva Caflisch
Weitere Informationen zum Landesmuseum und den Ausstellungen und Begleitveranstaltungen gibt es hier.
Zur Eröffnung gibt es das Buch «26 Dinge», Verlag Scheidegger&Spiess, Zürich. Ein Objekt je Kanton wird als Auswahl aus den 850’000 Zeitzeugen in der Sammlung des Schweizerischen Nationalmuseumsvorgestellt. 19 Franken
Die Ausstellung Europa in der Renaissance.Metamorphosen 1400 – 1600 dauert bis 27. November
Dazu ist eine Publikation erschienen: «Europa in der Renaissance». Hatje Cantz Verlag, Berlin 2016. 55 Franken

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