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Selbstbestimmt wohnen im Alter

Ein erfülltes Älterwerden in der WG: Das ist Thema der neuen Komödie «Grundriss der Hoffnung» von Katja Früh und Patrick Frey in Miller`s Studio.

Wer träumt nicht von einem selbstbestimmten Älterwerden ohne Einsamkeit? Im Lustspiel «Grundriss der Hoffnung», das am Mittwoch in Miller`s Studio in Zürich als Eigenproduktion Premiere feierte, sind es Sibyl, eine Heilpädagogin mit Hund, Flavio, ein grünliberaler Politiker, Jackson, ein ehemals erfolgreicher Klangkünstler, und Susi, eine Kulturmanagerin. Alle sind um die 60 und beseelt vom Wunsch, gemeinsam in einer WG den dritten Lebensabschnitt in Komfort und Freiheit zu verbringen. Damit das Experiment gelingt, werden ein Architekt und eine Architekturpsychologin zu Rate gezogen. Eine geräumige Fabriketage an der Limmat ist gefunden und soll für die Bedürfnisse der vier Menschen hergerichtet werden.

Der Teufel sitzt bekanntlich im Detail

Das ist die Ausgangslage der Komödie. Jede Hoffnung braucht einen Grundriss. Und so treffen sich die sechs Beteiligten zu unzähligen Sitzungen und brüten über einen projizierten Grundriss. Bedürfnisse und Wünsche werden vorgebracht und diskutiert. Man ahnt es: Das geht nicht ohne Turbulenzen. Der Teufel sitzt bekanntlich im Detail. Und so kommt es, wie es kommen muss: Da wird gefeilscht und gestritten: Welche Farbe erhält der Balkon, welche Türklinken werden angebracht, wie soll der Boden beschaffen sein, wie sollen Balkon und Gemeinschaftsraum genutzt werden, soll Susi einen Extra-Eingang für ihren verheirateten Lover erhalten? Fragen über Fragen, die immer mehr die wahren Charaktere der Beteiligten offenlegen.

Von links: Siegmund Tischendorf, Tonja Maria Zindel, Lisa Bärenbold, Charlotte Heinimann, Patrick Frey und Manuel Löwensberg.(Fotos: Miller`s Studio)

Anfänglich geht es recht gesittet zu und her, gelingt das Loslassen von alten Gewohnheiten und Vorstellungen dank der Psychologin einigermassen friedlich. Doch schnell artet das Spiel in Gehässigkeiten, Verletzungen und Handgreiflichkeiten aus. Aus Freunden werden Feinde, das schöner Wohnen im Alter erweist sich als elitäre Illusion. Vergreist und zittrig trifft sich die Runde ein letztes Mal. Und siehe da: Alle Probleme scheinen gelöst bis an die Schiebetüren, die sich nur für Rechtshänder eignen…

Zahlreiche Gags und Anspielungen

Katja Früh und Patrick Frey, der den umtriebigen und ehrgeizigen Flavio spielt, scheuen keine Konfrontation, nutzen alle Tricks, um eine deftige Komödie zu lancieren. Da wird reichlich in die Klamottenkiste gelangt, werden mehr oder minder passende Gags und Anspielungen teils unter der Gürtellinie platziert. Anfänglich sagt man sich, so könnte es real sein, nach der Pause wird aber mehr und mehr in Klamauk gemacht, verlieren die Figuren jeglichen Realitätsbezug. Auch ist das Stück nicht vor etlichen Wiederholungen gefeit. Doch insgesamt wird ein unterhaltsamer, amüsanter Abend geboten, der am Premierenabend viel Applaus erhielt.

Zu gefallen wissen die sechs Darsteller (Patrick Frey als Flavio, Charlotte Heinimann als Sibyl, Siegmund Tischendorf als Jackson, Tonja Maria Zindel als Susi, Lisa Bärenbold als Psychologin und Manuel Löwensberg als Architekt). Grandios, wie sie die einzelnen Charaktere herausarbeiten und dem Spiel eine individuelle Note von Hoffnung und Verzweiflung, von Draufgängertum und Anpassung verleihen. Grossartig, wie Lisa Bärenbold anfänglich die Good-Feeling-Psychologin spielt und sich dann in eine verzweifelte Zicke verwandelt.

Weitere Spieldaten: 16., 17., 18., 23., 24., 25., 27., 28. September, 2., 4., 5., 6. Oktober.

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