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Es wird kälter in der Schweiz

Der Rente für Bauarbeiter ab 60 droht das Ende. 

Es war wegweisend, was die Baumeister und die Gewerkschaften der Bauarbeiter 2002 auf den Weg brachten: die Rente für Bauarbeiter ab 60. Nun droht ihr ein Ende, zumindest werden Bauarbeiter, die ab 2019 frühzeitig in Rente gehen wollen, mit rund 300 Franken weniger im Monat rechnen müssen. Noch ist nicht aller Tage Abend. Die Unia, die wichtigste Gewerkschaft der Bauarbeiter, lässt zurzeit abstimmen, ob mit Kampfmassnahmen, die Baumeister zu einer Lösung gezwungen werden sollen.

Was ist geschehen? Wenn Bauarbeiter wegen ihrer starken körperlichen Belastungen in Wind, Schnee und Regen bis jetzt mit 60 in den wohlverdienten Ruhestand gingen, erhielten sie ab 2003 eine Übergangsrente, finanziert von der Stiftung flexibler Altersrücktritt (FAK). An die FAK entrichten Bauarbeiter dafür während ihrer ganzen Berufszeit zusätzlich 1,5 % des Lohnes, die Baumeister 5.5 %. Die FAK ihrerseits schloss damals mit der Auffangeinrichtung der Beruflichen Vorsorge BVG eine für sie vorteilhafte Vereinbarung über die Finanzierung ab.

Bei der Auffangeinrichtung BVG, welche die Übergangsrenten ausrichtet, ist in der Zwischenzeit aber ein Defizit von 62 Millionen Franken aufgelaufen. Deshalb hat die Auffangeinrichtung BVG letzte Woche den Vertrag mit der FAK gekündigt. Für die Baumeister ist die ganze Vereinbarung „Rente ab 60“ so oder so sanierungsbedürftig; sie war ihnen immer schon zu teuer, obwohl sie auch stolz auf die innovative Lösung waren. Die Gewerkschaft Unia will mit zusätzlichen Lohnabzügen bei den Arbeitnehmern als auch mit Beiträgen der Arbeitgeber sowie der FAK die damals als „sehr innovativ“ bezeichnete Vereinbarung unbedingt sichern. Denn ab 2024 würde sich die Situation eh entspannen, weil die Baby-Bommer-Generation dann in Rente sei und wieder Normalität einkehre.

Ironie des Schicksals: Nicht zuletzt ist das Defizit auch deshalb entstanden, weil die Auffangeinrichtung auf dem ganzen Alterskapital der Bauarbeiter den gesetzlichen Umwandlungssatz von 6,8 Prozent gemäss Vertrag gewähren muss – auch auf den überobligatorischen Teil. Das ist der damaligen guten Finanzierungssituation zuzuschreiben. Und er ist zurzeit einzigartig, weil keine Pensionskasse, insbesondere beim überobligatorischen Teil, den Umwandlungssatz von 6,8 % noch anwendet. Im Gegenteil: Bei vielen Kassen liegt der überobligatorische Teil unter 5 %. Hätte das Schweizer Stimmvolk am 24. September 2017 dem Projekt Vorsorge 2020 zugestimmt, hätte der damals vorgeschlagene tiefere Umwandlungssatz die Vereinbarung „Rente ab 60“ markant entlastet.

Damit gerät eine innovative Lösung unter Druck, die für die Zukunft der beruflichen Vorsorge wegweisend war: die Flexibilisierung des Renteneintrittsalters. Nach dem Desaster vom letzten Jahr ist eine Lösung in der Altersvorsorge wieder in weite Ferne gerückt. Sowohl die AHV als auch die Pensionskassen geraten aber immer mehr unter Druck. Der Lösungsansatz ist aber gerade in der Flexibilisierung zu finden. Die Fixierung auf das Renteneintrittsalter auf 65 bei Männern und Frauen ist aufzubrechen. In den Vordergrund muss die Lebensarbeitszeit rücken: 40 bis 44 Jahre.

Wer 40 Jahre und mehr in die Vorsorgeeinrichtungen einbezahlt hat, kann in Pension gehen, ohne Abstriche. Wer länger arbeitet, soll markant mehr Rente erhalten. Ein Maurer, der mit 16 Jahren in die Lehre geht, dann 40 Jahre arbeitet, später vielleicht als Polier, kann mit 60 Jahre beruhigt den Lebensabend zu geniessen beginnen. Ein Akademiker, der seine Berufszeit ab 30 in klimatisierten Büros, auf Sitzungen, auf Reisen verbracht hat, ist dann eben erst mit 70 Jahren den Bauarbeitern gleichgestellt und kann in Rente gehen. Was ist daran schon falsch? Und in all die Erwägungen ist einzubeziehen, dass wir zurzeit in einer Transformations-Phase stecken, hin zur digitalen Arbeitswelt, welche nicht nur völlig neue Arbeitsplätze, sondern auch neue Arbeitszeiten, neue Arbeitsformen und -bedingungen schaffen wird.

Den Frauen sind zwingend verbesserte Familien- und Erziehungsgutschriften zu gewähren. Und der gleiche Lohn für Frauen und Männer bei gleicher Arbeit ist unausweichlich, um auch den Frauen künftig eine angemessene Altersvorsorge garantieren zu können.

Doch statt Innovationen, statt neuen Lösungsansätzen in der Altersvorsorge steht wieder nur eines zur Diskussion: der Abbau des Erreichten, der Sozialabbau. Es wird kälter in der Schweiz. Und wo ist der Aufbruch?

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