StartseiteMagazinKulturMörderisches Spiel grandios inszeniert

Mörderisches Spiel grandios inszeniert

Einfach grossartig: Die Zürcher Schauspielhaus-Intendantin Barbara Frey inszeniert zum Saisonauftakt Shakespeares Tragödie «Hamlet».  

«Hamlet» ist wohl eine der meistgespielten Tragödien weltweit. Die Handlung bleibt bis heute spannend und viele Zitate sind Allgemeingut, so zum Beispiel: «Es ist was faul im Staate Dänemark», «Die Zeit ist aus den Fugen» oder «Sein oder Nichtsein – das ist die Frage». Die Intendantin des Zürcher Schauspielhauses, Barbara Frey, hat das Stück zum Saisonauftakt auf der Pfauenbühne inszeniert. Dazu gibt es nur eine Aussage: Einfach grossartig!

Hamlet (Jan Bülow) stört und zweifelt, hier an der Brust von Horatio (Edmund Telgenkämper).

In Dänemark ist nichts, wie es war. Die bisherige Ordnung gilt nicht mehr. Dem krisengeschüttelten dänischen Königreich droht der Untergang. Mittendrin der Königssohn Hamlet. Unerfahren im politischen Geschäft, verwirrt und voller Hass täuscht er den Wahnsinn vor, der ihn zugleich zu überwältigen droht. Gerade hat er den Vater beerdigt, da heiratet die Mutter Gertrud den Onkel Claudius, den Mörder seines Vaters. Wem kann er trauen? Dem Mörder seines Vaters? Der Mutter, die dessen Bett teilt? Seiner Liebe Ophelia, die sich dazu hergibt, ihn auszuspionieren? Seinen alten Freunden Rosenkranz und Güldenstern, die vom neuen König beauftragt sind, ihn abzulenken? Hamlet stört. Hamlet zweifelt. Er ist gespalten. Wenn sein Vater aus Machtkalkül ermordet wurde, muss er nicht Rache üben? Und setzt damit ein mörderisches Spiel in Gang.

Ein Spiel ohne fatalistische Schwere

Nachtschwarz ist die Bühne, beleuchtet von wenigen Neonlampen: ein klaustrophobisch verengter Raum der Ausweglosigkeit mit Galerie und einem kleinen Durchgang, ausgekleidet mit rotem Samtstoff (Bühnenbild: Bettina Mayer). In diesem dunklen, zeitlosen Raum schiessen die Enthüllungen, Tarnungen, Täuschungen ungebremst aufeinander. Das raffende Tempo nimmt dem Königsmörderdrama die fatalistische Schwere, ohne dass Shakespeares Wortgewalt darunter leidet. Diese steht im Vordergrund des spartanischen Settings, auf sprachliche Modernisierungsschübe und Viedeo-Projektionen wird verzichtet. Dafür setzt die Regie auf eine zeitgemässe psychologische Zeichnung der Figuren, auf ernsthafte Auseinandersetzung.

Tödliches Fechtduell zwischen Hamlet (Jan Bülow) und Laertes (Benito Bause).

Begleitet wird Shakespeares sprachliche Suggestionskraft mit musikalischen Einlagen (Sounds und Songs), die den düsteren Szenenreigen angenehm dynamisieren (Live-Musik: Inigo Giner Miranda). Zum Schluss wird ein aufregend echt gestaltetes Fechtduell zwischen Hamlet und Laertes, dem Sohn des Intriganten Polonius, geliefert, der für beide tödlich endet – einfach grandios. Einige Szenen sind komödiantisch gestaltet, so die Auftritte der beiden Freunde Rosenkranz und Güldenstern, die im Chor plappernd ein valables Bild von Verlogenheit und Dummheit abliefern.

Ein eindringliches Ensemblespiel

Langeweile kommt in der zweieinhalb Stunden dauernden Aufführung nie auf. Alle Akteure – mit Ausnahme von Ophelia allesamt in Schwarz gekleidet – liefern ein eindringliches Spiel. Das gilt vorab für Jan Bülow als Hamlet, der als Neuling im Schauspielhaus-Ensemble im Umschalten vom Grübel- in den Wahnsinnsmodus eine Bravourrolle serviert. Grossartig, wie er sich anfänglich als sensibler, fragender, zweifelnder Intellektueller gebärdet und sich dann in einen traumatisierten Fanatiker verwandelt und Henker und Richter in einer Person spielt. Inga Busch spielt die verzweifelt hin- und hergerissene Mutter Gertrud eher zurückhaltend kühl und Markus Scheumann gibt den König Claudius kalt berechnend, bis ihm immer mehr das Zepter entgleitet und er anstelle von Reue überlegt: «Kann man auf Verzeihung hoffen – und die Früchte seiner Tat behalten?». Einige Spieler sind in mehreren Rollen zu sehen. So Gottfried Breitfuss als hintertriebener Polonius und als listiger Totengräber – fulminant, wie er in beiden Rollen mit galliger Nonchalance agiert. Warum ein Mann, Claudius Körber, die Rolle der feenhaften, ganz in Weiss gekleideten Ophelia spielen muss, bleibt unbeantwortet. Jedenfalls meistert er die zierliche Mädchenrolle mit blondem Haarschopf nicht ohne verführerische Eleganz.

Claudius Körber in der Rolle der feenhaften Ophelia. (Fotos: Matthias Horn)

Sein oder Nichtsein war nie die Frage bei diesem Überdrama. Eher, wie wahnsinnig vital der zwischen Rachsucht und Raisonnieren zerriebene Dänenprinz Hamlet durch alle die Bühnenepochen geistert, um uns die eigene Ohnmacht auf dem schwankenden Boden der Existenz vor Augen zu führen. Weil der Mensch leicht vergisst und Shakespeares «Hamlet» einfach nicht totzukriegen ist. Die gelungene Zürcher Inszenierung beweist einmal mehr, dass Shakespeares poetische Kraft stets wieder aufersteht. Für die grossartige Inszenierung gabs am Premierenabend begeisterten, langanhaltenden Applaus.

Weitere Spieldaten: 17., 26., 30. September, 6., 8., 17., 27., 30. Oktober, 1. November

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