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Kühne Frauen am Berg

«Matterhorn Ladies» nennt das Alpine Museum der Schweiz eine kleine Ausstellung auf dem Gornergrat. Auch wenn Männer als Erstbesteiger in die Geschichte eingingen, kletterten ihnen mutige Frauen schnell hinterher.

Im Jahr des zweiten Frauenstreiks bietet sich eine Ausstellung über kühne Frauen in einer Männerdomäne geradezu an. Die ersten Frauen, die es wagten, Berggipfel zu besteigen, benutzten die gleichen Hilfsmittel wie die Männer, nur dass Frauen zunächst oft in langen Röcken kletterten.

Das mag uns heute als erhebliche Erschwernis erscheinen, wer aber gewohnt war, nur Röcke zu tragen, konnte sich vielleicht daran gewöhnen, wenn das Wetter mitspielte. Das musste die allererste Frau erfahren, die das Matterhorn erklimmen wollte, eine junge Italienerin, die 18-jährige Félicité Carrel aus Valtournenche. Sie musste auf über 4300 Metern aufgeben, weil der Wind so sehr in ihre Röcke fuhr, dass sie fast in den Abgrund gestürzt wäre.

Lucy Walker, 1868 (Foto: Alpine Club Photo Library, London / Atelier Philipp Clemenz, Christian Stern)

Ein Frauenkampf um den Gipfel

Vier Jahre später am 22. Juli 1871 gelang der 34-jährigen Engländerin Lucy Walker der Aufstieg, sie stand als erste Frau auf dem Matterhorn (4478 m). Noch im gleichen Jahr, am 5. September 1871, kletterte die US-Amerikanerin Meta Brevoort, beflügelt durch Lucy Walkers Erfolg, ebenfalls über den Hörnligrat hinauf und stieg dann über den Liongrat hinab.

Die beiden hatten sich durch ihren Ehrgeiz, als erste auf dem Matterhorn stehen zu wollen, gegenseitig angestachelt. Lucy Walker hatte von Meta Brevoorts Vorhaben gehört und wollte ihr zuvorkommen. Und es gelang ihr. Meta Brevoort «punktete» damit, dass sie nicht auf der gleichen Route zurückging, sondern den Matterhorngipfel gleichsam überschritt.

 

Lovestory am Matterhorn

Schon früh inspirierte das Matterhorn zu ausgefallenen Unternehmungen. Die Engländerin Maud Wundt-Walters und der Deutsche Theodor Wundt wollten im Sommer 1894 ihre Liebe auf ihrer Hochzeitsreise mit der Besteigung des Matterhorns feiern. Das hätte fast in einer Katastrophe geendet. Originalton der frisch getrauten Alpinistin: «Am Gipfel ging ein fürchterliches Unwetter los, das mit Blitz und Sturm, Schnee und Hagel unser Leben bedrohte und die äusserste Anstrengung verlangte, als wir den Weg in die bewohnte Welt wieder erzwingen wollten.»

Maud Wundt-Walters vor dem Matterhorn 1894 (Foto: Theodor Wundt)

Maud Wundt-Walters muss eine eigenwillige Persönlichkeit gewesen sein. In einem entspannten Moment dieser abenteuerlichen Reise sagte sie zu ihrem Gatten: «Weisst du, hier oben ist das Kochen ganz nett, aber das sage ich dir im Voraus, zu Hause siehst du mich nicht in der Küche.» Sogar ihre Tochter Nora nannten die beiden später liebevoll «Matterl» – in Anlehnung an «ihren» Berg.

 

Abflug vom Matterhorn

Géraldine Fasnacht aus Lausanne fliegt am 7. Juni 2014 als erster Mensch im Wingsuit vom Gipfel des Matterhorns. – Dazu musste sie natürlich zuerst auf den Berg klettern. – Sie sagt darüber in einem Interview: «Es war nicht der gefährlichste und auch nicht der schwierigste Flug meines Lebens, aber sicher der schönste.»

Géraldine Fasnacht (Foto: David Carlier, 2015)

 

«Matterhorn Ladies» ist das vierte Pop-up-Projekt des Alpinen Museums der Schweiz auf dem Gornergrat. Es ist in enger Zusammenarbeit mit den Zermatter Freilichtspielen, der Gornergrat Bahn und der Kultur- und Sozialstiftung der Burgergemeinde Zermatt entstanden.

Matterhorn Ladies. Eine Ausstellung über vierzehn mutige Bergsteigerinnen am Matterhorn. Gornergrat Shelter, Zermatt.
29. Juni bis 27. Oktober 2019, täglich geöffnet von 9 bis 18 Uhr. Eintritt frei

Die Reise nach Zermatt und auf den Gornergrat ist aus verschiedenen Gründen nicht jedermanns Sache. Deshalb hier noch eine Buchempfehlung:


Früh los. Im Gespräch mit Bergsteigerinnen über 70.

Vor ca. zehn Jahren unterhielt sich Patricia Purtschert mit Bergsteigerinnen über 70. Zwölf Frauen zwischen 70 und 100 Jahren erzählen von ihren Erlebnissen auf Hochtouren, Skitouren und beim Klettern. Da ist in den 1930er-Jahren die Bergsteigerin, die das Klettern geniesst und lieber den Blumen nachsteigt, statt die Anweisungen des Bergführers zu befolgen. Da lesen wir von der Extrembergsteigerin, die in den 1970er-Jahren die Eiger Nordwand durchstieg und beinahe als erste Frau auf dem Mount Everest stand.

Das Buch erzählt davon, wie Frauen in einer Zeit ihr Hobby als Bergsteigerin ausübten und sich vielen Männern gegenüber durchsetzen musste, weil dieses immer noch als Männerdomäne galt. Die Porträts geben Einblicke in zwölf eigenständige Frauenleben: Von der Kriegszeit ist die Rede, von der Erwerbsarbeit oder von der Einführung des Frauenstimmrechts.

Aus der Perspektive der Frauen wird auch vieles über Männer erzählt: Etwa von den Bergsteigern, die den jungen Kletterinnen am Matterhorn wütend das Seil aus der Sicherung lösten, vom Bergführer, der seine Tochter mit zur Arbeit nahm, und vom Kollegen, der einiges einstecken musste, weil er hinter einer Frau geklettert war. – Das Buch lehrt uns viel über Beharrlichkeit und Mut, aber auch über Lebensfreude und verspricht ausnehmend spannende Lesestunden!

Patricia Purtschert: Früh los. Im Gespräch mit Bergsteigerinnen über siebzig.
Verlag hier und jetzt (Baden AG) 2011 (2. überarb. Aufl.), 358 Seiten; 49 farbige und 38 schwarzweisse Abbildungen. ISBN:  978-3-03919-153-6

Titelbild:  Fotomontage: Géraldine Fasnacht (Foto: David Carlier, 2015) und Maud Wundt-Walters (Foto: Theodor Wundt, 1894)

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