Ein Jubiläum und eine Idee, die befreit und bewegt.
Die Tertianum Parkresidenz Meilen gibt es seit 25 Jahren. Grund genug, ein Jubiläum zu feiern! Dass der Geschäftsführer, Markus Müller, die Idee von Karin Frei Rappenecker (art agency, unabhängige Kunstberatungsagentur) begeistert aufnimmt, führt sowohl zu einem für Altersresidenzen einmaligen als auch für die Bewohnerinnen und Bewohner anregenden und befreienden Erlebnis. Und, vorweg genommen, auch auf einen aussenstehenden Besucher wirkt das Geschehen in Meilen begeisternd, bewegend und anregend. Die künstlerischen Aktionen sind täglich jeweils zwischen 10 und 16 Uhr auch öffentlich zugänglich.
Die ganze Veranstaltung, Höhepunkt der verschiedenen Feierlichkeiten im Jubiläumsjahr, finden vom 9. September bis am 6. Oktober statt. Drei Künstlerinnen und ein Künstler tauschen gewissermassen ihr Atelier für eine Woche mit den Räumen des Tertianums Parkresidenz Meilen.
Abb. 1 und 2: Andrea Muheim im Gespräch über ein Portrait, in der unteren Abb. ausgestellt. (Fotos © Caroline Minjolle).
Vom 9. bis am 15. September portraitierte die Zürcher Künstlerin Andrea Muheim die Bewohnerinnen und Bewohner einzeln oder zu zweit in gewohnter Umgebung. Wie Karin Frei berichtet, habe man die sympathische und aktive Frau nur sehr ungern wieder verabschiedet.
Abb. 3: Lika Nüssli bereitet die bunte Draperie (siehe Abb. 4) mit Farbspray vor. (Foto © Lika Nüssli)
Die zweite Woche gehört Lika Nüssli. Als Comic-Künstlerin und Illustratorin hat sie sich einen Namen gemacht. Die St. Galler Künstlerin stellt ausserdem begehbare Installationen her; sie malt, performt, publiziert Bücher und zeigt mit ihrer Arbeit für Kinder, über Demenzkranke oder in Zusammenarbeit mit Flüchtlingen grosses gesellschaftspolitisches Engagement.
Mit ihrem Buch Vergiss Dich nicht, während den Begegnungen mit ihrer an Demenz erkrankten Mutter gezeichnet, dokumentiert sie das Erinnern und Vergessen, „aber auch (…) den Migrationskosmos in Altersheimen“.
Es gelingt ihr, gewissermassen als Maltherapie, in den Bewohnerinnen mittels Anleitung zum spontanen Zeichnen und Malen sehr viel an Verdecktem, Verdrängtem befreiend zu lösen und so bei dieser und jenem ein zeitweises Auftauchen aus der Demenz zu bewirken.
Abb. 4: Ausgestellte Bilder auf der bunten Draperie im Foyer (Foto: fv)
Abb. 5: Ergebnisse des «Vortastens mit dem Pinsel» ins Unbewusste. (Foto: fv; auch Beitragsbild).
Abb. 6: Emsig beim Malen. (Foto © Lika Nüssli).
Mittlerweile ist die dritte Woche dieser bemerkenswerten Veranstaltung zum 25. Jubiläum der Parkresidenz angebrochen. Barbara Meyer Cesta arbeitet schon eine geraume Zeit daran, unter dem Motto Ich Schreibe Das Buch Der Wahrheit die Lutherbibel auf ein rot-weisses Plastik-Absperrband niederzuschreiben. Zusammen mit dem residierenden Künstler der vierten Woche, Rudolf Steiner, bildet die in Biel lebende Künstlerin das Künstlerduo «Haus am Gern». Die beiden treten sowohl als Duo als auch einzeln auf.
Rudolf Steiner schliesslich schafft Räume mit Objekten oder Menschen. Sein Gigapan-Kameraroboter nimmt Hunderte von Bildern dieser sich immer wieder verändernden Installation auf und fügt sie, mit Schärfen und Unschärfen spielend, zu einer einzigen Fotografie zusammen.
Wie das ankommen und schliesslich auch herauskommen wird? Vielleicht lohnt sich eine Reise nach Meilen, um sich selber ein Bild zu machen (für die Öffentlichkeit täglich von 10 bis 16 Uhr zugänglich). Und damit – mit sich ein Bild machen – wäre man durchaus auf der Linie des Themas dieser fruchtbaren, anregenden und auch Freude bereitenden Idee von «Artists in Residence» in einer Einrichtung für Altersvorsorge und Altenpflege.
Zur Erinnerung: noch bis 6. Oktober, Dorfstrasse 16, 8706 Meilen.
Andrea Muheim
Lika Nüssli
Barbara Meyer Cesta
Rudolf Steiner