Im freien Fall

Unter der glitzernden Adventsdecke verbergen sich nicht nur die geschäftige Sehnsucht nach kindlicher Weihnachtsfreude und die entlarvende Raffgier des Black Friday, es ticken auch ein paar gesellschaftspolitische Zeitbomben, die einen mit zunehmender Sorge erfüllen müssen. Es sind Zerreissproben, welche wie Spaltpilze alle Schichten der Bevölkerung erfasst haben und eine alarmierende Orientierungslosigkeit offenbaren.

Dass sich die klimabewegte Jugend den letzten Freitagnachmittag als Green Friday auf die Fahnen schrieb, um gegen den Konsumwahn des Black Friday zu protestieren, zeigte, wie diametral sich die Schnäppchenjäger und die Klimaaktivisten mit unterschiedlichen Werthaltungen gegenüber stehen. Hier der Konsum-Wahnsinn auf Kosten der Umwelt und die Freude der Geschäftswelt über den umsatzstärksten Tag des Jahres und dort die ultimative Forderung, den Gürtel enger zu schnallen und das Steuer gegen die verheerende Klimaerwärmung herumzureissen.

Nationale Klimademo in Bern: 100’000 kamen / Foto © srf

Gleichzeitig wird im Internet mit dem Slogan „Offizieller Kirchenaustritt in 1 Minute per Online-Formular“ dafür geworben,  dass man bis Ende Jahr zum Aktionspreis von 29 Franken ein entsprechendes Formular bestellen und gleichzeitig eine Bestätigungsgarantie für das Steueramt erhalten kann. In der Tat nimmt die Säkularisierung in der Schweiz rasant Fahrt auf und die reformierten und katholischen Glaubensgemeinschaften beklagen aus unterschiedlichen Gründen, die Missbrauchsskandale eingeschlossen,  jährlich Tausende von Austritten.

Entsprechend schwinden die Kirchensteuern und gefährden damit auch das wichtige soziale Netzwerk der Landeskirchen. Dazu Pfarrer Niklaus Peter vom Zürcher Fraumünster: „Ich stelle eine Sinnkrise in der Gesellschaft fest, die sich allmählich stärker bemerkbar macht.“ Während die Schweizer Reformationsstädte das 500-Jahr-Jubiläum zelebrieren, verlassen die Mitglieder in Scharen die reformierten Kirchen. Linus Schöpfer fragt im Tagesanzeiger: „Stirbt das Christentum in der Schweiz aus? Geht die Entwicklung weiter wie bisher, gibts 2060 in der Stadt Basel keine Christen mehr.“

Ins gleiche Bild gehört eine eingeschüchterte Schulleitung in Wil, welche den Lehrenden Weihnachtslieder für eine Adventsfeier verbietet – anscheinend weil „der Druck anderer Kulturen und Glaubensgruppen so gross geworden sei.» Wer die Werte unserer christlichen Kultur wie Hasenfüsse in Frage stellt, braucht sich über den desolaten Zustand unseres religiösen Selbstverständnisses und die Konsequenzen nicht zu wundern. Wie heisst es doch: „Nur die allergrössten Kälber wählen ihre Metzger selber.“

Im freien Fall befinden sich auch immer mehr Jugendliche, die Opfer der Social Media geworden sind. Das Smartphone ist rund um die Uhr ihr ständiger Begleiter. Sie versinken in eine virtuelle Pseudowelt der Heilsversprechen, in der ihnen Schönheitsideale vorgegaukelt werden, und legen sich mit 15 unters Messer, um als Influencerin Karriere zu machen. «Schweizer Jugendliche sind durchschnittlich 25 Prozent länger online als noch vor zwei Jahren», weiss die Zürcher Hochschule ZHAW zu berichten.

Surfen statt schlafen: eine neue Suchtkrankheit / Foto © familienleben.ch

Die Abschottung bewirkt einen sozialen Rückzug und die Familie zerfällt in ihre Einzelteile. Die Symptome sind ähnlich wie beim Alkoholkonsum. Wikipedia füllt ganze Spalten über die Handyabhängigkeit, welche epidemische Ausmasse annimmt. Wen wundert es da, wenn die Leistungskurve in der Schule nur noch nach unten zeigt und die Süchtigen dann beim Psychiater landen. Angstzustände und Depressionen  sind nicht selten die Folgen. Die Eltern sind in den wenigsten Fällen Vorbild. So schiessen therapeutische Einrichtungen gegen Verhaltenssüchte ins Kraut, denn das Objekt der Begierde führt direkt in die Sackgasse. Die schöne neue Welt („Brave New World“) von Aldous Huxley lässt grüssen. Frohe Weihnachten!  

 

     

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