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Bundespräsidentin eröffnet Literaturtage

Die Spannung steigt, morgen Freitag Punkt zehn beginnen die Literaturtage, und doch treten sich am Aareufer in Solothurn keine Dichterinnen, Literaturpäpste, Leser und Fotografen auf die Füsse. Also ab ins Internet. Dank Smartphone oder Laptop kann, wer Lust hat, beim Eröffnungsgespräch von Bundespräsidentin Sommaruga dabei sein – virtuell hat es Platz für alle.

Bekannt ist, dass Simonetta Sommaruga während des Lockdowns die Kulturveranstaltungen vermisst, gern mal wieder ins Kino ginge, oder zu einem Konzert; Klavierspielen und lesen zuhause deckt nicht alle Wünsche ab. Nun wünschte sie sich für die Literaturtage-Eröffnung ein Gespräch mit der Autorin Simone Lappert, deren neues Buch Der Sprung sie gelesen hat. Darin geht es um Schaulust und Empathie, Nervenkitzel und Angst: Manu, die stumme Hauptfigur steht auf der Dachkante bereit zum Absprung in den Selbstmord, während unten die Menge wartet und von der Autorin einzeln vorgenommen wird, eine Art Porträt unserer Gesellschaft.

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. © Beat Mumenthaler

Dank Internet-Literaturtagen brauchen die Besucher diesmal weniger akribisch zu planen, wann sie welche Lesung oder welches Gespräch wo besuchen wollen und ob da noch Zeit fürs kurze Mittagessen bleibt, als bei den einundvierzig Literaturtagen in Solothurn davor, oder – so ist zu hoffen – bei den 43. im nächsten Jahr.

Spannend wird es, wenn die Live-Tage am Freitag 22. und Samstag 23. Mai stattfinden, mit der Bundespräsidentin beginnen und mit der traditionellen, diesmal halt auch virtuellen Disco mit Raphale Urweider als DJ am Samstagabend schliessen. Zwar sind ein paar Veranstaltungen über Zoom, wo die Teilnehmerzahl beschränkt ist und für die man sich anmelden muss, längst ausgebucht, aber anderes ist offen für alle, die wollen, darunter auch ein Comic-Workshop oder die PEN-Gastveranstaltung mit Aslı Erdoğan, der in Istanbul geborenen Schriftstellerin, die heute in Berlin lebt.

Noch vor Corona-Zeiten rauchten hier im Büro die Köpfe im Hinblick auf die Literaturtage. Jetzt ist alles leer und bereit für Podiumsgespräche.

Beispielsweise die Podiumsdiskussionen: Das Podium – mit dem nötigen Abstand zwischen den Sprechenden – ist im geräumigen Büro der Literaturtage eingerichtet – samt Kamera und Mikrophonen. Beim einen geht es um die Literatur und die Moral: Soll wer Bücher schreibt auch eine moralische Instanz sein? Kann die Person des Autors bei der Beurteilung seiner Literatur ausgeklammert werden? Darüber unterhalten sich vielleicht auch heftig und kontrovers folgende Gäste der Literaturtage: Lukas Bärfuss, Nora Gomringer, Sandra Künzi und Daniel de Roulet, , moderiert von Lucas Marco Gisi.

Das andere, Die Sehnsucht nach dem Fremden, stellt den Wunsch, das Fremde zu erforschen sowohl mit wissenschaftlichen als auch literarischen Werkzeugen ins Zentrum. Mit der seit vielen Jahren in Irland lebenden Autorin Gabrielle Alioth, Mitglied der Programmkommission, diskutieren der Schriftsteller Christopher Kloeble (D), der auch in Indien lebt, die Übersetzerin von Walter Benjamin und vielen anderen Tess Lewis (USA) und Oliver Lubrich, Professor für neuere deutsche Literatur und Komparatistik an der Uni Bern.

Peter Bichsel. © Jürgen Bauer

Zwar ist Peter Bichsel – Gründungsmitglied der Solothurner Literaturtage – nicht jedes Jahr mit einer Lesung dabei, aber Literaturtage ohne ihm wenigstens an der Aare zu begegnen, sind eigentlich undenkbar. Diesmal geht ein Text von ihm durch den neu erfundenen Resonanzraum: Die drei Niederlagen des Denkers, eine Kolumne über eine Begegnung in der Beiz wurde im Vorfeld vom Publikum ausgewählt, seither wurde und wird sie auf vielerlei Arten bespielt, unter anderem vom Bolo Klub, einer Vereinigung von Illustratoren und Zeichnerinnen. Am Freitag um 17 Uhr wird sich Peter Bichsel im Gespräch live aus Solothurn äussern. Was bis dann an Ideen, Klängen, Texten, Bildern zu Bichsels Denker generiert worden ist, kann auf Instagram verfolgt werden.

Die Solothurner Literaturtage finden auf mehr oder weniger allen Kanälen statt, also auf einer fast wie ein Galabuffet vollgestellten Online-Plattform, auf Instagram, Facebook undsoweiter – was eben jüngere oder ältere Leserinnen und Leser mögen. Wer den Videoclip, den die Künstlerin Laura Hadorn im Büro aus den Büchern der Eingeladenen erstellte, sieht, wieviel Bücherregal die Werkschau der Solothurner Literaturtage 2020 braucht.

Seit bald zwei Wochen steht für jene, die sich gern quer durch die Literaturen auf Deutsch, Französisch oder Italienisch – Rätoromanisch ist diesmal allenfalls als Einsprengsel in den Büchern der Bündner Schreibenden vorhanden – zappen und sich da oder dort andocken, ein reichhaltiges Programm von Lesungen, Gesprächen, Videos und Musikalischem auf der Gästeliste (Achtung: das Alphabet ordnet nach Vornamen) oder im Logbuch.

Das vollständige Programm der Literaturtage live finden Sie hier.

Beitragsbild: © Beat Mumenthaler

Weitere Informationen finden Sie im Vorschau-Beitrag Literaturtage im Internet statt in Solothurn auf Seniorweb.

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1 Kommentar

  1. Das Gespräch heute morgen zwischen Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga und Simone Lappert war ein schöner Anfang. Was sich aus dem Schritt in den Abgrund für Folgen ergeben, wurde allerdings offengelassen.
    Simone Lappert wünschte sich Lesungen in einem Fussballstadion, weil die Zuhörerinnen und Zuhörer genug Abstand halten könnten und die Soundanlage für die Übertragung der Lesung vorhanden wäre – aber wie wäre die Atmosphäre.
    Die Musikerin Sommaruga fragte nach dem Plan, der Komposition eines Romans. – Simone Lappert widersprach dem: Wenn sie nicht ihren Figuren folgen würde, würde sie scheitern. Da trafen zwei gegensätzliche Ansichten zur Verfertigung eines Kunstwerks aufeinander.
    Es lohnt sich, die Literaturtage im Web zu verfolgen.

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