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Umdenken heisst Umsteigen

Im Bus sprang mir von einem Plakat der Slogan «Umdenken heisst Umsteigen» entgegen und dabei wurde ein Auto angepriesen. Die Worte prägten sich mir ein. Ich überlegte länger, ob sie stimmen. Ich begann sie zu drehen und zu wenden und fragte mich, ob Umsteigen wirklich Umdenken sei. Kurz nachher stieg ich vom Bus in den Zug um. Da gab es wenig zu denken. Das geschah fast automatisch. Es genügte der Gedanke, ans Ziel zu kommen. Ich stieg also routinemässig vom Bus in den Zug um und dachte, die Botschaft des Plakates heisse schlicht: «Kaufe ein neues Auto! Steige um auf ein Auto, das weniger Benzin verbraucht, auf eines mit Elektroantrieb oder gar auf einen Hybrid-Wagen» Echtes Umdenken aber heisst, das Leben ändern. Was das Plakat suggeriert, ist simpel: «Mache weiter so, kaufe ein neues Auto und die Welt ist in Ordnung!» Der reflektierende Mensch erkennt die Hinterlist dieses Spruchs und sagt sich, die Werbung bedient sich eines gängigen Wortes, das in der Krise Mode geworden ist. Was aber ist seine wahre Botschaft?

Die Werbung will nicht, dass kritisch über den Autokauf nachgedacht wird. Hier geht es nicht um das Erkennen einer besonders schwierigen Situation. Das Denken gerät auch nicht in den Widerspruch zum eigenen Leben und hat mit Vernunft nichts zu tun. Vernünftiges Handeln bezieht alle Aspekte ein, die es zu bedenken gilt, sogar auf die Frage, brauche ich überhaupt noch ein Auto, ginge es nicht auch ohne. Für Gedanken dieser Art ist die Urteilskraft der Vernunft zuständig. Der Autokauf nach dem Prinzip des Schlagworts folgt einer rein rationalen Überlegung. Das Umdenken in einer Zeit der Pandemie und angesichts des sich abzeichnenden Klimawandels befasst sich mit existenziellen Fragen. Die Werbung aber möchte verhindern, dass kritisch gedacht wird. Sie unterwirft die Worte ihrem Zweck. Umdenken im Fall dieses Plakats ist nicht von Gedanken umgetrieben, sich der Veränderung zu stellen, das Leben zu ändern,

Die Raffinesse der Werbung will also das kritische Denken ausschalten. Sie kommt im hohen Ton der Vernunft daher. Der Zeitgeist redet vom Verändern und Umdenken. Das trifft sich doch gut. Also ändern wir die Automarke. Wir befinden uns bei diesem Werbespruch im Feld der Propaganda und der Überredung. In diesem Bereich bewegt sich oft auch die politische Werbung. Die Titel der Initiativen sind meist so gewählt, dass sie von der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürgern begrüsst werden. Wer wollte nicht dem Slogan «Für ein besseres Leben im Alter» zustimmen? Oder warum sollte die freie Schweiz die Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte nicht selbständig begrenzen können? Setzt dann vor der Abstimmung die Debatte über eine Initiative ein und zeigen sich die Schwierigkeiten, die zum Beispiel beim Ja zur Begrenzungsinitiative dem Land erwachsen könnten, herrscht  nicht mehr nur absolute Zustimmung.

Aha, es geht ja nicht nur um die freie Entscheidung des Landes, sondern um Verträge, die früher die Zustimmung des Volkes gefunden hatten. Das Volk war einverstanden, dass die Zusammenarbeit im europäischen Raum bilateral geregelt worden ist. Die Frage wird plötzlich kompliziert. Soll unser Land sich wirklich ausserhalb des  Ordnungsrahmens der EU stellen? Will es die enormen Schwierigkeiten beim Export, aber auch die Behinderungen in Forschung, Kunst und beruflicher Anerkennung auf sich nehmen, wenn es umsteigt? Unruhe entsteht, das kritische Denken ist erwacht und deckt auf, was der Slogan zu verstecken wusste. Es erkennt, dass der Titel vom gleichen Charakter ist wie «Umdenken heisst Umsteigen». Geprüft und bedacht bedeutet es in diesem Fall: «Umdenken heisst Aussteigen». Damit steht der Souverän vor der existenziellen Frage: «Wollen wir wirklich aus der bewährten Zusammenarbeit mit dem europäischen Wirtschafts- und Kulturraum aussteigen?» Der Bundesrat empfiehlt ein begründetes Nein und hofft auf die Vernunft seiner Bürgerinnen und Bürger. Der Titel der Initiative ist entlarvt.

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1 Kommentar

  1. Der Mensch ist ein sehr komplexes Wesen und in einer unendlichen kaum definierten Vielfalt von Eigenschaften und Fähigkeiten vorhanden. Und in dieser Vielfalt, vom Debilen, dem geistig Minderbemittelten bis zum Genialen und hier in den polaren Möglichkeiten des sozial Fähigen, oder des Kriminellen, kaum wissenschaftlich definiert und erkennbar gemacht. Die Menschheit, so kann man es wohl sagen ist heute noch nicht in der Lage, die Vielfalt mit den negativen Auswirkungen falscher, weil zerstörender oder richtiger, weil sozial denkfähiger Menschen zu erkennen und frei zu wählen. Nur mit einer grundlegenden, vielfältigen Menschenkenntnis, woher sie auch stammen mag, ist eine Zukunft mit Frieden für alle Menschen der verschiedensten Rassen und Fähigkeiten, als nachhaltige Lösung mit Dauerpotential zu finden.

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