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Alltag im Legionslager Vindonissa

Das Vindonissa Museum in Brugg zeigt die Schätze, die seit über hundert Jahren in der Gegend ausgegraben werden, Zeugnisse des Legionslagers und seiner Zivilsiedlung. Immer wieder stossen die Archäologen auf spektakuläre Funde, die neue Erkenntnisse über den Alltag vor zweitausend Jahren liefern.

Der nach römischem Vorbild angelegte idyllische Garten beim Vindonissa Museum (wir haben darüber berichtet) lockt auch in das Innere des Hauses. Die ausgestellten Fundstücke mit eingängigen Informationstexten eröffnen einem den Zugang zur längst vergangenen Welt der Römer. Und man staunt, wie modern und perfekt sie damals organisiert waren.

Vindonissa Museum in Brugg, ein Jugendstilbau von 1912. Foto: © Museum Aargau.

Die ersten Ausgrabungen erfolgten 1897 im Amphitheater in Vindonissa, heute Windisch. Dank der reichen Funde begannen sich die Menschen für Archäologie zu interessieren und 1912 wurde das Vindonissa Museum gebaut vom in Berlin und Brugg tätigen Architekten Albert Froelich (1876-1953). Das Museum präsentiert Originalfunde der Ausgrabungen, darunter solche aus Holz und seltene Lederfunde sowie gut erhaltene Ausrüstungsgegenstände römischer Soldaten. International bekannt ist die grösste Sammlung an römischen Schreibtäfelchen, dem am häufigsten verwendeten Schreibmaterial der römischen Zeit.

Lederkennzeichen vermutlich von einem Schild der Legio XI CPF, eine Abkürzung für Legio XI Claudia Pia Fidelis, ein Ehrentitel, den Kaiser Claudius der 11. Legion für ihre Treue verliehen hatte.

Das Museum gibt zudem spannende Einblicke in das Leben der Legionsstadt. Vindonissa war während nicht ganz hundert Jahren von den Römern besetzt, von 14. bis ca. 98 nach Christus. Es war das einzige römische Legionslager im Gebiet der heutigen Schweiz. Die fünfundzwanzig streng hierarchisch organisierten Legionen dienten der Verteidigung der Rheingrenze. Etwa sechstausend Legionäre und viertausend Zivilisten lebten hier. Als es im Osten unruhig wurde, zogen die Legionäre nach Pannonien im heutigen Ungarn und gaben Vindonissa auf.

Modell des Legionslagers in Vindonissa, das zwischen 14 bis ca. 98 n. Chr. im Gebiet von Windisch stand.

Ein Legionär musste das römische Bürgerrecht haben und diente fünfundzwanzig Jahre in der Legion. Er musste ledig sein und durfte erst als Veteran eine Familie gründen. Nach einer kurzen Ausbildung wurde er einer militärischen Einheit zugeteilt und in den Kampf geschickt, oder er arbeitete für den Aufbau und den Unterhalt des Lagers. Es brauchte auch Techniker und Bauarbeiter für die Gebäude, Strassen, Wasserleitungen, Thermen sowie verschiedenste Handwerker wie etwa Schuster, Gerber, Schreiner oder Schmiede.

Der Kommandant kontrolliert einen Legionär. Der Lagerablauf war streng reglementiert, die Administration erfasste jeden, der Sold wurde dreimal jährlich ausbezahlt. Kleidung und Waffen gehörten dem Legionär, er musste dafür Sorge tragen.

Einheimische, damals keltische Helvetier, konnten als Hilfstruppen Dienst leisten und erhielten nach fünfundzwanzig Jahren im Heer das römische Bürgerrecht. Auch viele Bewohner ausserhalb des Lagers profitierten von den Römern. Sie sorgten für Nahrungsmittel, führten Wirtshäuser und Bordelle. Das heute noch erhaltene Amphitheater zeugt davon, wie wichtig Unterhaltung war.

Das römische Amphitheater von Vindonissa, heute Windisch. Foto: Marco Chiesa

Das Amphitheater in Vindonissa ist das älteste und grösste unter den sieben bekannten Amphitheatern auf Schweizer Boden. Es wurde zuerst aus Holz errichtet, doch nach einem Brand durch den heute erhaltenen Steinbau ersetzt. Es lag ausserhalb des Lagers und bot Sitzplätze für rund elftausend Zuschauer. In der Arena, dem ovalen Schauplatz im Zentrum, wurden Tierhetzen und Gladiatorenkämpfe durchgeführt. Die Gladiatoren sollen richtige Fangruppen gehabt haben. Hier wurden auch exotische Tiere vorgeführt, wie der Fund eines Kamel-Fussknochens zeigt. Für die Legionäre waren die Spiele eine wichtige Abwechslung in ihrer Freizeit, das Amphitheater gehörte zum elementaren Bestandteil des Legionslagers.

Das erste bekannte Porträt einer Frau auf einem Grabstein in Vindonissa. Hergestellt aus lokalem Kalkstein in römischer Manier.

Mit dem Abzug der Legionäre gab es in Vindonissa einen Bevölkerungsschwund, denn viele Einheimische zogen mit ihnen. Zurück blieben, bis heute, viele Einflüsse der Römer, wie die mediterrane Ernährung, neue Kulturpflanzen, Kräuter, Obst- oder Nussbäume.

Fotos: rv

Das Vindonissa Museum in Brugg/AG bietet neben den Ausstellungen und dem römischen Garten auch einen Römer-Erlebnispark an mit Touren für Familien und Schulen.

Seit 2009 ist der Legionärspfad Vindonissa eröffnet, ein Stationenweg an die Ausgrabungsstätten des römischen Legionslagers Vindonissa in der Gemeinde Windisch.

Vgl. auch den Beitrag in Seniorweb: Römische Gartenidylle in Vindonissa

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