In einer Dok-Sendung von Radio DRS wurde kürzlich das Thema «Atomkraft Ja oder Nein» besprochen. Eine Nationalrätin und ein Nationalrat vertraten die verschiedenen Standpunkte. Die Zuhörerschaft konnte sich via Telefonanruf und via E-Mail in die Sendung einschalten.
Da die einen recht undeutlich, andere recht schnell sprachen, war es für mich als alter Mensch nicht ganz einfach, der Sendung uneingeschränkt zu folgen. Es könnte also sein, dass ich etwas überhört oder nicht richtig verstanden habe.
Mein Fazit zur Sendung: Wir sind offenbar in unserem Lande in dieser Frage noch nicht viel weiter als damals. Mit «damals» meine ich die Zeit, als die Katastrophen von Tschernobyl und später Fukushima die öffentliche Diskussion beflügelten.
Ich erinnere mich, wie im Zusammenhang mit Tschernobyl ein zuständiger Behördenvertreter am Fernsehen sagte, das hätten sie nicht erwartet, dass sich Radioaktivität, die in Russland aus einem Reaktor freigesetzt werde, bis in die Schweiz verbreiten würde. Mein intaktes Vertrauen in behördliche Stellen fiel in sich zusammen. Im Milchladen beklagte sich die Verkäuferin, sie hätten keine Informationen, ob Produkte kontaminiert seien, ob sie alles weiterhin verkaufen dürften. Es herrschte eine allgemeine Ratlosigkeit.
Und die Mitglieder der Landesregierung weigerten sich meiner Erinnerung nach während mehrerer Tage, sich an die Öffentlichkeit zu wenden. Die eine Begründung war, sie wollten mit der Tatsache des öffentlichen Auftretens keine Panik bewirken. Taten sie aber mit ihrem Nichtauftreten!
Man munkelte auch – Geschwätz, Geschwätz –, die Regierung habe sich nicht einigen können, welcher Bundesrat sich in der Öffentlichkeit äussern solle. Einige Zeit später schaffte dann ein Interview mit einem Bundesrat in einer Sonntagszeitung Klarheit, soweit sie zu schaffen war.
Selbstverständlich entstand im Zusammenhang mit diesen Katastrophen eine intensive Diskussion über die Situation in unserem Land. Denn auch die Schweiz verfügte und verfügt auch heute noch über Atomkraftwerke. Über «sichere» Atomkraftwerke, hiess es damals und heisst es auch heute.
Was mir unter anderem aus der Radiosendung geblieben ist: Die Frage der Endlagerung radioaktiver Abfälle war in unserem Lande schon damals nicht gelöst und ist offenbar auch heute noch nicht gelöst. Es gibt vorläufig «Zwischenlager». Aber wo die radioaktiven Abfälle einmal endgültig gelagert werden sollen, ist noch immer unklar. Das ist verständlich, um dieses «Geschenk» reisst sich keine Region.
Persönlich frage ich mich auch immer, ob und wie wir die Information, dass die Endlager nicht angetastet werden dürfen über Jahrhunderte hinweg unseren Nachfahren kommunizieren, weitergeben können?
Da kommen mir immer die Sagen über verwunschene Täler in den Sinn. Die Bevölkerung in der Umgebung weiss, dass diese Täler auf keinen Fall betreten werden dürfen. Sonst droht Gefahr! Aber, wie uns die Sagen auch lehren, gibt es ja immer wieder vorwitzige «Helden», welche die Probe aufs Exempel machen wollen.
Die Radiosendung hat in mir einen ganzen Komplex von Fragen, die ich eigentlich ad acta gelegt hatte, wieder wachgerufen. Neue, vor allem beruhigende Antworten hat sie mir nicht liefern können. Eine unbefriedigende Situation!
Sehr geehrte Frau Stamm, Fakt ist, dass auch Japan nach dem Fukushima Vorfall nun wieder auf Atomkraft setzt, weil sonst schlichtweg die Energieversorgung des Landes nicht gewährleistet ist. Übrigens wie etliche andere Länder auch. Frankreich produziert nach wie vor über zwei Drittel seiner Energie aus Atomkraft. Und bei Westwindwetter wären wir, bei einem Gau in Frankreich, genauso betroffen wie bei einem eigenen AKW. Die Schweiz hat den Atomausstieg beschlossen und dieser wird in unserem direktdemokratischen Land kaum wieder rückgängig gemacht werden können. Auch wenn man, wie sie sagen «alt» ist, verschont das einen keineswegs die Realität zu sehen. Als Ersatz für 40% Atomkraft brauchen wir einen massiven Ausbau der alternativen Energieträger. Fakt ist leider auch, dass genau die grünlinken NGO’s, die sich vehement gegen Atomkraft gewehrt haben, nun mit systematischen Einsprachen den Ausbau von Windparks, den Ausbau von Wasserkraft (Grimsel, WWF) usw. verhindern! Das sollten wir, unabhängig vom Alter, zur Kenntnis nehmen und diese zynische Doppelmoral der grünlinken Lobby und Politik monieren und beim Namen nennen!
Herr Herren bringt es auf den Punkt. Man könnte bloss noch hinzufügen, dass wir das Problem einer sicheren Energieversorgung auch dann nicht lösen würden, wenn wir das ganze Land mit Solarpanels zupflastern könnten, da diese schlicht und ergreifend nur Energie liefern, wenn die Sonne scheint. Bis heute ist nämlich noch keine grossmasstäblich brauchbare und auch nur halbwegs wirtschaftliche Speichermöglichkeit für Solarstrom (vom Sommer in den Winter) in Sicht. Die anwendungsreife Megabatterie ist noch nicht erfunden und umweltfreundlich oder sogar wirtschaftlich wäre sie ohnehin nicht (graue Energie, seltene Stoffe). Pumpspeicherwerke könnten für die Speicherung vom Tag in die Nacht eine Lösung sein (so die Grünen denn neuen Stauseen zustimmen würden). Für die Speicherung vom Sommer in den Winter fällt diese Lösung schon deshalb ausser Betracht, weil wir praktisch nochmals so viele Staumauern bauen müssten, wie wir schon haben. Dafür fehlen schon aus rein topographischer Sicht die geeigneten Standorte (in genügendem Ausmass), von Umweltschutz, Bauzeit und Baukosten gar nicht zu sprechen!
Die bundesrätliche Energiestrategie fährt unser Land direkt an die Wand. Man kann nicht fossile Brennstoffe durch Elektrizität ersetzen, wenn man diese nach dem Ausschalten der AKWs noch weniger haben wird als heute. Deshalb kommt die Forderung nach dem Bau neuer AKWs wieder in Gang.
Die Argumentation stimmt weitgehend. Warum machen unsere Parteien immer und immer wieder «Vogelstrauss-Politik»?
Die erste Verantwortung liegt bei den Parteien, dann bei den Parlamenten und anschliessend beim Bundesrat, sowie der Wissenschaft. Nicht zu unterschätzen ist die Verantwortung der Medien, die nicht mehr nur fundierte Argumente liefern, sondern einfach Oportunismus und Tages-Politik nach der Windfahne machen, die bewusste Verbreitung von Fake news tolerieren, diese tragen wesentlich zur Desinformation der Bevölkerung und der verantwortungsvollen Meinungsbildung bei.
Liebe Alle Auch in der EU dämmert es langsam, indem man beginnt, die Kernkraft als «grüne» Energie zu sehen. Denn man begreift nach und nach, dass Energie aus sog. erneuerbaren Quellen (Wind, Sonne, Wasser) weder konstant, noch zuverlässig, noch in genügender Menge gewonnen werden kann. Dazu kommt der weltweite Widerstand gegen einen Ausbau der «Erneuerbaren» (Beispiel Schweiz: Bau eines Speichersees unterhalb Gornergletscher). Auch wenn man die (geringe) Dimension der Abfälle der Kernenergie etwas grösser veranschlagen muss als James Lovelock (lesenswert in: NZZ, 13.1.2022), wird diese Energie – aller Unkenrufen zum Trotz – die der Zukunft sein.