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Rollendebuts in Wagners «Walküre»

Im Opernhaus Zürich ist wieder Wagner-Zeit: Am Sonntag hatte die Fortsetzung des «Ring», die «Walküre» Premiere. Es gab erfreuliche Rollendebuts und die erhoffte Auflösung szenischer Fragezeichen vom «Rheingold». Vieles war begeisternd, Einiges nicht.

Was sich am Schluss des «Rheingold» schon angedeutet hatte, fand in der «Walküre» die logische Fortsetzung: die Drehbühne mit der Innenansicht eines grossbürgerlichen Hauses als szenische Schablone, in der sich die Begegnung von Siegmund und Sieglinde abspielte (Ausstattung Christian Schmidt). Nun stand eine mächtige Esche in einem der drei Gemächer, und Wotans Präsenz, die Wagner im Libretto nicht vorgeschrieben hat, zeigte unmissverständlich, wer das Zusammentreffen der Zwillingsgeschwister arrangiert hatte.

Homokis verdeutlichender Regieansatz

Regisseur Andreas Homoki versuchte konsequent, das Geschehen optisch zu verdeutlichen. Er liess Wotan der wie in Trance agierenden Sieglinde den Wasserbecher und das Met-Trinkhorn reichen, und während sie ihre Erzählung sang, liess er die hutzeligen Mannen mit Hunding als Erinnerungsbild für das Publikum erscheinen. Das alles wirkte für Wagner-Kennende zuweilen arg pädagogisch, war aber für Neulinge handlungsklärend.

Hunding im schweren Pelzmantel (Christof Fischesser, Bariton) gab sein gelungenes Rollendebut. (Alle Bilder Opernhaus Zürich/Monika Rittershaus)

Und auch hier gilt: Wie Fafner und Fasolt im «Rheingold», so wirkte nun auch Hunding, mit riesigem Pelzmantel ausgestattet, wie aus der Zeit gefallen. In dieser Rolle gab übrigens Bariton Christoph Fischesser sein geglücktes Rollendebut. Diesem steht Sieglinde in schlichtem Oberteil und langem Rock entgegen, phänomenal dargestellt und gesungen von Daniela Köhler. Sie ist nicht einfach die duldende Maid, sondern eigenständig handelnd, klar und bestimmt in der Diktion und mit wunderbar ausgesungenen Legatobögen.

Anders Eric Cutler, der mit dem Siegmund sein Rollendebut gab. Szenisch schon sehr stark dem Kraftmeier Siegfried angenähert, hatte er auch sängerisch in der Dramatik seine besten Momente. Lyrik und Legato liegen ihm allerdings weniger, was man vor allem in der «Wonnemond»-Liebesszene vermisste. Zudem war er auch nicht immer intonationssicher.

Eindrückliche Personenführung

Der zweite Aufzug brachte dann endgültig die Fortsetzung des «Rheingold» mit dem langen, goldenen Tisch und dem Bild der Burg Walhall. Nun waren diese allerdings nicht mehr zerschmettert, sondern wieder intakt. Hier packte Regisseur Homoki mit präziser Personenführung sein ganzes Können aus. Wie er Wotan vom siegessicheren Lacher zum zerknirschten Verlierer entwickelte, Frickas Beharren auf den Verträgen plausibel machte und Brünnhildes Meinungsfindung szenisch begleitete, war grosse Klasse.

Wotan (Tomasz Kanieczny) und Fricka (Patricia Bardon): Dramatik im Bürgerhaus-Ambiente.

Allerdings wusste er auch exzellente Sänger und Sängerinnen an seiner Seite. An erster Stelle ist da Tomasz Konieczny als Wotan zu nennen, der szenisch wie musikalisch mit einer sehr breiten Ausdruckspalette aufwartete. Auch Patricia Bardon scheute bei ihrem Rollendebut als Fricka nicht vor grellen Ausbrüchen zurück, bekundete dabei aber, wie schon im «Rheingold», Schwierigkeiten in der Diktion.

Mit besonderer Spannung wurde das Rollendebut von Camilla Nylund als Brünnhilde erwartet: In Bayreuth noch als Elsa brillierend, wagte sie sich in Zürich an die ungleich «beschwertere» Partie der Brünnhilde. Nylund hat keine grosse und stählerne Stimme, dafür ein weich klingender und höhensicherer Sopran, mit klarer Diktion und bemerkenswertem Durchstehvermögen. Ihr jubelnder «Hojotoho»-Einstand gelang vorzüglich, der grosse Dialog mit Wotan war exzellent, und Siegmunds «Todesverkündigung» differenziert und anrührend gesungen.

Camilla Nylund als Brünnhilde (links) überzeugte mit ihrem weichen Sopran.

Das zurückhaltend agierende Orchester gab den Sängerinnen und Sängern genug Freiraum zur Entfaltung ihrer Stimme. Gianandrea Noseda wagte zeitweise ein «Pianissimo possibile», das sanft unter die Haut ging. So etwa in der Szene mit Wotan, der – nachdem er Hunding mit seinem Speer erledigt hatte – nur ein verächtliches «Geh!» in den Saal hauchte.

Dass Noseda auch anders kann, hatte er schon zu Beginn beim mächtig auftrumpfenden «Gewittersturm» bewiesen. Daran knüpfte er im dritten Aufzug beim «Walkürenritt» an und zog das Dramatisieren bis zum Schluss durch. Schade nur, dass er dabei die leichtere Stimme von Nylund etwas gar überdeckte.

Die Philharmonia folgte ihrem Chef akkurat. Das Blech war allerdings zwischenzeitlich etwas gar behäbig, die Holzbläser im ersten Aufzug dafür schmeichelnd und lyrisch feinziseliert. Imposant gelang der Ritt der acht Walküren: hervorragend gesungen und dargestellt. Lustig tänzelnd jagten sie die schlappen «Helden» Wallhalls durch die Bürgerräume. Mit weissen Nachthemden und Pappsäbeln «bewehrt», wirkte Wotans Heer, zu dem nun auch Siegmund gehört, reichlich lächerlich.

Der grosse Abschied

Und dann der grosse Abschied, dieses populäre und zu Herzen gehende Finale der «Walküre», das durch den langen Dialog zwischen Wotan und Brünnhilde eingeleitet wird. Nylund gestaltete die Figur schon hier weniger als göttliche, denn als menschlich unglaublich anrührende Lieblingstochter, die glaubwürdig macht, dass für sie nur der Beste gut genug sein dürfe. Für den wild auftrumpfenden Konieczny als Wotan eine Steilvorlage für seinen anschliessenden schmerzvollen Zusammenbruch.

Der Walkürefelsen ist etwas klein geraten – kein Wunder in der engen Bürgerstube. Ob er Brünnhilde mit seinem «Feuerring» trotzdem schützen kann?

Schade und auch ärgerlich fiel der Walkürenfelsen aus. In der Enge der «Bürgerstube» erinnerte er eher an einen überdimensionierten «Haufen», der in sich (ver)glüht, als an den wilden Walkürenfelsen, der mit einem Feuerring Brünnhilde schützen sollte. Ein genauso entzaubernder Moment, wie Nosedas Interpretationscredo im Programmheft: nur ja nie «in den schönen Momenten versinken». Eigentlich schade.

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